Der Fall Hirscher
Der Pastoral- und Moraltheologe Johann Baptist Hirscher (1788–1865) gehörte zu den bekanntesten und umstrittensten Theologen seiner Zeit. Seine »Kirchlichkeit« wurde immer wieder in Frage gestellt – auch in den Römischen Behörden, die sich in acht Verfahren mit dem in Tübingen und Freiburg lehrenden Theologen beschäftigten und zwei seiner Schriften indizierten. Die Untersuchung stellt die Römischen Verfahren in chronologischer Reihenfolge dar, wobei sie jeweils zunächst auf die untersuchten Schriften und ihre Entstehung eingeht. Die leitende Fragestellung ist dabei: Wie ist Hirscher in der Zeit des Übergangs von der Aufklärung zur Romantik zu verorten? Während seine Abhandlungen zur Liturgie eine Nähe zur Spätaufklärung vermuten lassen, sind seine katechetischen und moraltheologischen Werke deutlich von dem Bestreben gekennzeichnet, den Rationalismus der Aufklärung zu überwinden. Der Hirscher-Forschung ist es bislang nicht gelungen, diese Diskrepanz zu erklären. Neben den römischen Gutachten und der sie begleitenden Korrespondenz werden die zeitgenössischen Rezensionen der in Rom untersuchten Werke ausgewertet. Auf diese Weise zeigt sich, dass Hirscher zu seiner Zeit nicht als »Aufklärer« gesehen wurde, seine Liturgie-Theologie als genuine Umsetzung seiner Reich-Gottes-Theologie erklärt werden kann und dass die entschiedenen Gegner Hirschers weniger der ultramontanen Theologie, sondern vielmehr dem politischen Laien-Katholizismus Badens zuzuordnen sind.
Norbert KÖSTER, Der Fall Hirscher. Ein »Spätaufklärer« im Konflikt mit Rom?, Paderborn u.a. 2007, 467 Seiten, gebunden, ISBN: 978-3-506-75732-6.