Bittschreiben von Hilde Schmahl
Hilde Schmahl,
11. November 1940.
Trieste – Via Bonafata 63
Heiliger Vater!
Da Sr Heiligkeit große Güte und Hilfsbereitschaft für alle von Leid getroffenen Menschen bekannt ist, wage ich es, S Heiligkeit um Hilfe für mich und meine kleine Familie zu bitten.
Wir sind von unserer Vaterstadt Wien vor ca. 14 Monaten hiehergekommen, um hier mit unserem 4jährigen Kind unsere Quote für das amerik. Einreisevisum abzuwarten, da mein Mann (ehem. Kriegsgedienter u. invalider Offizier) als Jude seine langjährigen Vertretungen für reichsdeutsche u. czechische Textilfabriken niederlegen mußte u. seine Existenz verlor.
Wir besitzen bereits 6 Affidavits (allerdings nicht von Blutsverwandten, sondern auf Grund von Bittbriefen um Auswanderungsmöglichkeit von gutherzigen fremden Menschen erhaltene,) jedoch trotz unserer größten Bemühungen negiert das Amer. Generalkonsulat in Neapel das Visum selbst für meinen Gatten allein, da es die Garantien für zu schwach erachtet.
Inzwischen wurde mein Mann interniert und unsere finanzielle Lage ist durch die lange Emigration triste. Unser innigster Wunsch ist es, endlich eine Einreisemöglichkeit zu finden, um wieder arbeiten und um neues Leben aufbauen zu können.
Meine Bitte an den Heiligen Vater geht dahin, falls auch für uns als Juden eine Möglichkeit besteht, in Amerika, Brasilien oder irgendwo wieder eine neue Heimat und bescheidene Existenzmöglichkeit zu finden, sich gütigst unser anzunehmen.
Ergebenst
Hilde Schmahl
Archivio Apostolico Vaticano, Segreteria di Stato, Commissione Soccorsi 296, fasc. 120, fol. 46r