Bittschreiben von Karl Maria und Friederike Herzfeld

Dr. Friederike Herzfeld,
Budapest V.
Grof Klebelsberg utca 15/II.2.

29. Juni 1941.

An Seine Excellenz,
den Herrn Cardinal Alois Maglione,
Secretario de’l Stato,
Citta de Vaticano.

Eminenz wollen guetigst verzeihen, dass ich Endesunterfertigter Ihre grosse Guete mit einer untertaenigsten Bitte in Anspruch nehme.

Meine Grosseltern vaeterlicherseits, Karl August Herzfeld und Camilla Anna geb. Herzog, waren in ihren Jugendjahren Juden, haben beide vor ihrer Verehelichung die Heilige Taufe empfangen und in der katholischen Kirche zu St. Peter in Wien I. die Ehe geschlossen, was beiliegendes Dokument beweist.

Dadurch war mein im Jahre 1940 verstorbener Vater nach dem Nuernberger Gesetz Volljude, trotzdem er im Jahre 1894 in katholischer Ehe geboren wurde.

Ich, am 29. Juni 1925, in katholischer Ehe begoren [sic! geboren] und erzogen bin nach dem Nuernberger Gesetz Mischling.

Mein Vater musste Deutschland verlassen und meine arische Mutter, die ihre katholische Ehe nicht aus Gruenden der Rassengesetze scheiden lassen wollte, musste ihm folgen.

Nach dem Tode meines Vaters bekam meine Mutter, Frau Frieda Herzfeld geb. Poehlmann, fuer uns beide vom hiesigen brasilianischen Konsulat im November 1940 ein Permanent-Visum zur Einwanderung nach Brasilien, da wir durch Notariatsakt nachweisen konnten, dass der Bruder meines Vaters, Prof. K. F. Herzfeld Catholic University of Amerika, Washington D.C., uns die zum Lebensunterhalt noetigen Dollar dort zur Verfuegung stellt.

Trotzdem die Companhia Nacional de Nacional de Navegacao [sic!], in Lisboa, Portugal, die Schiffskarten fuer uns schon im November 1940 in Dollar bezahlt bekommen hat, hat sie uns die noetigen Schiffskarten-Bestaetigungen nicht hierher gesandt, sodass wir das portugiesische Transit-Visum nicht bekommen konnten. Erst jetzt im Juni sind diese Schiffskarten fuer einen Dampfer der Anfang August Lisboa verlaesst, hier angekommen, als unser brasilianisches Visum nach einmaliger Verlaengerung, am 27. Mai abgelaufen war.

[18r] Unsere grosse Schwierigkeit ist jetzt, dass das hiesige brasilianische Konsulat zufolge neuer Instruktionen der Brasilianischen Regierung uns hier eine nochmalige Verlaengerung unseres Visums nicht mehr erteilen darf.

Nach dem Vorausgesagten unterbreite ich Euerer Excellenz meine untertaenigste Bitte, fuer uns bei der brasilianischen Regierung die Erneuerung unseres gehabten Visums gnaedigst erwirken zu wollen.

Mit tiefergebenem Dank fuer Ihre erhabene Bemuehung in dieser fuer uns so lebenswichtigen Angelegenheit, verbleibe ich

Eurer Eminenz
untertaenigster Diener

Karl Herzfeld

Euere Excellenz!

Gestatten Euere Excellenz, dass ich mich der ergebenen Bitte meines Kindes anschliesse und hoffe, dass unser Gesuch einer guetigen Erledigung zugefuehrt wird.

Es ist mein innigster Wunsch, mein Kind in einer Umgebung aufwachsen zu lassen, in welcher er beim Schulbesuch und auch spaeterhin nicht durch Rassengesetze in seiner Entwicklung gehindert wird.

Ich danke Euerer Eminenz herzlichst und bin

Euerer Eminenz
ergebenste

F. Herzfeld

2 Kopien liegen als Referenz bei.

Archivio Storico della Segreteria di Stato, Pio XII, Ia parte, Ebrei 60, fol. 17r-18r