"Betroffene zeigen Gesicht"
Es ist eine Perspektive, die kaum auszuhalten ist. Keine nüchternen Zahlen, keine sachlichen Berichte. Es sind die von Missbrauch Betroffenen selbst, die in der gestern Abend eröffneten Ausstellung "Betroffene zeigen Gesicht" auf eindrückliche Weise zu Wort kommen. In dieser Fotoausstellung, die von Dr. Ilonka Czerny entwickelt wurde, werden Einzelschicksale Betroffener durch Fotos aus der Kindheit und kurze, von ihnen selbst zur Verfügung gestellte Texte dokumentiert.
In ihrem Grußwort bedankte sich Prodekanin Prof. Dr. Judith Könemann zutiefst bei den Betroffenen für Ihre Äußerungen. Nur so könne das Geschehene überhaupt aufgedeckt werden. Könemann betonte, wie wichtig diese Perspektive auch für die Forschung sei. Die Beteiligung Betroffener an der Forschung nannte sie "unabdingbar". Die Bereitschaft, ihre Erfahrungen zur Verfügung zu stellen, könne nicht hoch genug geachtet werden.
Der Sozialpädagoge Karl Haucke, selbst Betroffener köperlicher, sexualisierter und spiritueller Gewalt in einem katholischen Ordensinternat, führte in die Ausstellung ein. Er betonte, es zähle jeder Einzelne, der sich mit diesem Thema auseinandersetze. Es sei nicht wichtig, wie viele oder wenige Menschen hier seien. Der Mut jedes einzelnen Menschen, der sich dazu entschieden haben, mit seiner Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, müsse bewundert werden, so Haucke.
Mit Antonius Kock und Martin Schmitz kamen zwei weitere Betroffene zu Wort. Sie sprachen nicht nur über ihre eigenen Erlebnisse, sondern erzählten auch die Geschichte der Verarbeitung dieser. Zentral sei in diesem Prozess der Austausch mit anderen gewesen. Kock ist Leiter der Betroffeneninitiative Selbsthilfe Münster, Schmitz Leiter der Betroffeneninitiative Selbsthilfe Rhede.
Die Ausstellung begleitet den heute beginnenden Studientag zu sexualisierter Gewalt in der Kirche. Sie ist öffentlich zugänglich und kann zu den Öffnungszeiten der Fakultät (montags – donnerstags: 8:00 – 19:45 Uhr, freitags 8:00 – 17:45 Uhr) vom 26. April bis zum 26. Mai 2023 besucht werden. Der Rundgang beginnt im 2. OG und findet seine Fortsetzung im 1. OG.
Die Veranstalter:innen weisen darauf hin, dass die Austellung aufgrund ihres emotionalen Themas sehr belastend sein kann. Es wird dazu aufgerufen, achtsam und nachsichtig mit sich selbst zu sein. Informationsmaterial zu Hilfs- und Beratungsangeboten liegt bereit. Auch auf der Homepage sind Hilfs- und Beratungsangebote verlinkt.