Die Erforschung der synoptischen Evangelien ist gegenwärtig von einschneidenden Umbrüchen bestimmt. Zum einen finden intensive Debatten zur Gattung dieser Texte und ihrer Einordnung in die antike Literaturproduktion statt, zum anderen bringen neue Entwürfe zu ihrem literarischen Verhältnis untereinander – der Synoptischen Frage – Bewegung in einen Forschungsbereich, der sich jahrzehntelang weitgehend in vorgezeichneten Bahnen bewegte. Solche Neuvermessungen besitzen z. T. weitreichende Konsequenzen für Anschlussfragen wie der Rekonstruktion der frühesten Jesusüberlieferung. Dies macht die Synoptikerforschung auch in interdisziplinärer Perspektive zu einem äußerst spannenden Forschungsfeld.
Eine in Vorbereitung befindliche Monographie wird zu diesem dynamischen Diskurs einen Beitrag leisten, indem sie die Dubletten im Lukasevangelium einer genauen Analyse unterzieht. Bei den Dubletten handelt es sich um (meist recht kurze) Texte, die im dritten Evangelium zweimal in gleicher oder ähnlicher Weise begegnen. Dieses Wiederholungsphänomen wurde in der Synoptikerforschung traditionell als Indikator von literarischen Abhängigkeiten gewertet und zur Erstellung von quellenkritischen Rekonstruktionen verwendet. Ohne die mögliche diachrone Relevanz der Dubletten zu negieren, stellt die geplante Publikation die synchrone Funktion dieser Wiederholungen innerhalb der Erzählstrategie des Lukasevangeliums in den Mittelpunkt und ermöglicht so einen neuen Blick auf ein altbekanntes Textphänomen.