Wissenschaftliche Interpretationen von neutestamentlichen Texten ereignen sich immer in bestimmten historischen Kontexten. Der Einfluss dieser Kontexte – seien sie positiv wie die Entwicklung neuer methodischer Zugänge oder die Entdeckung neuer Quellenmaterialien, seien sie negativ wie wissenschaftspolitische Repressionen oder zeitspezifische Perspektivverengungen – muss im Rahmen exegetischer Forschung stets mitbedacht werden. Dazu gehört auch, den je eigenen wissenschaftshistorischen Standort zu reflektieren und die (Vor)Geschichte gegenwärtiger Diskurse zu klären. Innerhalb der neutestamentlichen Wissenschaft erhält diese Aufgabe gegenwärtig besondere Aufmerksamkeit, was sich u.a. am (Neu)Start der Reihe History of Biblical Exegesis (Mohr Siebeck) deutlich zeigt.
Die Professur für Theologie des Neuen Testaments und Biblische Didaktik beteiligt sich an dieser regen Forschungsdiskussion mit einem eigenen Arbeitsschwerpunkt zur Entwicklung der katholischen neutestamentlichen Exegese in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Die Frage, welche kollaborativen Innovationsprozesse sich rund um die Initiierung von Herders Theologischem Kommentar zum Neuen Testament (ca. 1940-1960) identifizieren und analysieren lassen, wird im Mai 2023 Gegenstand einer vom Lehrstuhl durchgeführten interdisziplinären Tagung sein.