Philon: Fragen und Auflösungen zur Genesis

Die unten stehende Übersetzung aus dem Armenischen und – soweit vorhanden – dem Griechischen ist noch vorläufig und erscheint hier ohne Fußnoten und kritischen Apparat. Schriftzitate sind direkt aus der Septuaginta übersetzt (kursiv markiert).


(c) Institutum Judaicum Delitzschianum Münster

56. Warum segnet (Gott) Noe und seine Söhne, indem er sagt: Nehmt zu und vermehrt euch und füllt die Erde und beherrscht sie. Schrecken und Furcht vor euch soll sich auf die Wildtiere und Vögel und Kriechtiere und den Fisch legen, die ich in eure Hände gegeben habe ? (Gen 9,1f)

Dieser Wunsch wurde dem Menschen nach dem Bild Gottes auch am Anfang der Schöpfung am sechsten Tag gewährt. Denn (die Schrift) sagt: Und Gott schuf den Menschen, nach dem Bild Gottes schuf er ihn, männlich und weiblich machte er sie. Und Gott segnete sie, indem er sagte: Nehmt zu und vermehrt euch und füllt die Erde und beherrscht sie, und herrscht über den Fisch und die Vögel und die Kriechtiere und die Erde. (Gen 1,28) Aber hat sie nicht in der Tat mit diesen Worten klar gezeigt, dass er Noe bedachte, der wurde, wie es war, der Anfang einer zweiten Entstehung des Menschen, von gleicher Ehre mit dem, der zuerst nach (seinem) Bild gemacht worden war? Und so gewährte er Herrschaft über die irdischen Lebewesen, in gleichem Maß dem früheren wie dem späteren. Und es sollte sorgfältig bemerkt werden, dass (die Schrift) ihn zeigt, der in der Flut zum rechtschaffenen König irdischer Lebewesen gemacht worden war, gleich an Ehre, nicht mit dem geformten und erdigen Menschen sondern mit dem, der (gemacht) wurde, in der Form und dem Abbild des in Wahrheit unkörperlich Seienden; und ihm (Noe) gab er ebenfalls Macht, indem er als König nicht den geformten Menschen sondern den aufzeigte, der nach dem Bild und der Form (dessen) war, der unkörperlich ist. Daher wurde die Entstehung dessen, der unkörperlich der Form nach war, am sechsten Tag aufgezeigt nach der vollkommenen Zahl sechs. Der geformte Mensch aber (wurde geschaffen) nach der Fertigstellung der Welt und nach den Tagen der Entstehung aller Lebewesen am siebten Tag, denn dann wurde er zuallerletzt zu einer irdischen Statue geformt. Und daher sagt nach den Tagen der Entstehung am siebte Tag der Welt (die Schrift):Denn Gott hatte nicht bewirkt, dass es auf die Erde regnete, und es gab keinen Menschen, der die Erde bearbeiten sollte. (Gen 2,5) (Und) weiter: Gott formte den Menschen aus dem Staub der Erde und blies in sein Gesicht den Atem des Lebens, und der Mensch wurde eine lebendige Seele.“ (Gen 2,7)

Und so wurde dem Wortsinn nach gezeigt, wie der Anfang der zweiten Entstehung des Menschengeschlecht desselben Königtums Wert war wie der Mensch nach dem Bild und der Form. Aber im übertragenen Sinn muss wie folgt gedeutet werden: Er wünscht, dass die Seelen der vernünftigen Menschen an Großartigkeit und Größe zunehmen in der Form der Tugenden und der Verstand mit dieser Form gefüllt wird, als ob er die Erde wäre, ohne einen Teil aus- und freizulassen für Torheiten; und sie sollen dominieren und herrschen über die irdischen Körper und seine Sinne und Terror und Furcht in Wildtieren auslösen, was die Übung des Willens gegen das Böse ist, denn das Böse ist ungezähmt und wild; und (sie sollen herrschen) über die Vögel, jene, die leicht in die Gedanken abgehoben sind, jene, die (voll) von hohler und leerer Überheblichkeit sind, die zuvor bewaffnet gewesen sind und großen Schaden verursachen, ohne von Furcht zurückgehalten zu werden; außerdem (sollen sie herrschen) über die Kriechtiere, die ein Symbol von giftigen Leidenschaften sind, denn in jeder Seele schleichen, stechen, pieksen und verwunden Sinnesfreuden, Begierden, Kummer und Furcht: Und unter dem Fisch verstehe ich jene, die eifrig ein feuchtes und glitschiges Leben willkommen heißen, aber nicht eines, das mäßig, gesund und beständig ist.

57. Warum sagt sie: Jedes Kriechtier, das lebt, soll euch Nahrung sein? (Gen 9,3)

Die Natur der Kriechtiere ist zweifach: zum einen sind sie giftig, und zum anderen sind sie zahm. Giftig sind jene Schlangen, welches statt der Füße den Bauch benutzen und die Brust, um zu kriechen; und zahm sind jene, die Beine über ihren Füßen haben.

Dies ist der Wortsinn, im übertragenen aber ähneln die Leidenschaften unreinen Kriechtieren, während die Freude den reinen (ähnelt). Denn neben den Sinnesfreuden gibt es die Leidenschaft der Freude. Und neben dem Wunsch nach sinnlichem Vergnügen gibt es Reflektion. Und neben Kummer gibt es Reue und Beschränkung. Und neben Begierde gibt es Vorsicht. So bedrohen diese Leidenschaften die Seelen mit Tod und Mord, während Freuden wahrhaftig leben, wie er selbst übertragen gezeigt hat, und die Ursachen des Lebens jener sind, die sie besitzen.

58. Was heißt: Wie die Kräuter des Weidelands habe ich euch alles gegeben? (Gen 9,3)

Einige sagen, dass durch das Wie die Kräuter des Weidelands habe ich euch alles gegeben der Verzehr von Fleisch aufgetragen wird. Aber, obwohl dies auch zulässig ist, glaube ich selbst, dass die Gesetze aufzeigen, dass vor allem das Benutzen der Kräuter notwendig ist, und dass es andere Zusätze einschließt in der Form von Kräutern, ohne Gesetze zu verabschieden. Aber jetzt sind sie (die Kräuter) üblich nicht (nur) bei einem erwählten Menschengeschlecht noch bei jenen, die nach Weisheit verlangen, von denen die Mäßigung der Gewohnheit geachtet wird, sondern bei allen Menschen, denen allen es auf einmal unmöglich ist, sich des Fleischverzehrs zu enthalten. Aber vielleicht handelt der Abschnitt nicht über Nahrung sondern über Macht; denn nicht alles, was ein Kraut ist, ist essbar noch ist die Nahrung aller lebendigen Wesen gesund und sicher. Denn er sah die giftigen und den Tod bringenden (Lebewesen), welche sich auch unter ihnen allen befinden. Und so kann es sein, dass das, was (die Schrift) meint, Folgendes ist, dass unvernünftige Lebewesen dem Menschen übergeben werden sollen und gehorsam sein sollen, genauso wie wir Kräuter säen und uns um sie durch Ackerbau kümmern.

59. Was heißt: Fleisch im Blut des Lebens dürfen Sie nicht essen? (Gen 9,4)

(Die Schrift) scheint dadurch aufzuzeigen, dass das Blut die Substanz der Seele ist, aber von der wahrnehmenden und lebendigen Seele, nicht von der, die katexochen (Seele) genannt wird, das ist die vernünftige und intelligente. Denn es gibt drei Seelenteile: einer ist nahrhaft, ein anderer ist wahrnehmend und der dritte ist vernünftig. Nun ist der göttliche Geist die Substanz des vernünftigen (Teils) laut dem Theologen, denn bei der Welterschaffung sagt er: Er hauchte den Atem des Lebens in sein Gesicht (Gen 1,5) (als) seinen Grund. Sein Blut aber ist die Substanz des Wahrnehmenden und Lebendigen, denn er sagt an anderer Stelle: Die Seele von allem Fleisch ist sein Blut. (Lev 17,14) Ausgesprochen richtig sagt er, dass das Blut die Seele des Fleisches ist. Und im Fleisch sind Wahrnehmung und Leidenschaft, nicht aber Verstand oder Reflektion. Außerdem zeigt im Blut des Lebens an, dass die Seele das eine ist, das Blut etwas anderes, so dass die Substanz der Seele wirklicher und unfehlbarer Geist ist. Der Geist jedenfalls nimmt nicht irgendwo von selbst allein ohne das Blut einen Platz ein, sondern wird getragen von und ist vermischt mit dem Blut. Denn die Arterien, die Gefäße des Atems, enthalten in sich selbst nicht nur unvermischten und reinen Atem, sondern auch Blut, obwohl vielleicht (nur) einen kleinen Anteil. Denn es gibt zwei Arten von Gefäßen, Arterien und Venen; die Venen enthalten mehr Blut als Atem, während die Arterien mehr Atem als Blut enthalten; das Gemisch in beiden Gefäßarten aber wird unterschieden nach dem mehr oder weniger (an Atem- und Blutgehalt).

Das ist der Wortsinn, übertragen aber bezeichnet (die Schrift) mit Blut des Lebens seine heiße und feurige Tugend (oder) Geradheit. Und der, der mit dieser Weisheit erfüllt ist, verachtet alle Nahrung und alles sinnliche Vergnügen, das des Bauches und der Teile unterhalb des Bauches. Denn einer, der zügellos und verspielt wie der Wind ist oder gehärtet von Faulheit und einem weichen Leben, tut nichts, außer auf seinen Bauch zu fallen wie ein Kriechtier auf den Boden, und gibt sich selbst auf, um zu lecken, was auf dem Boden ist und beendet sein Leben, ohne die himmlische Nahrung zu schmecken, die nach Weisheit verlangende Seelen erhalten.

60. Was heißt: Ich fordere das Blut eurer Seelen, von allen lebendigen Wesen und von der Hand des Mannes seines Bruders? (Gen 9,5)

Es gibt zwei Arten von Anschlägen, einen durch Wildtiere und einen anderen durch Menschen. Aber Wildtiere machen einen ziemlich kleinen Schaden, weil sie keine Vertrautheit mit jenen haben, die sie zu jagen suchen, und besonders weil sie nicht Macht haben, sondern jene jagen, die Macht haben.

Und (die Schrift) nennt Brüder jene Männer, die Betrügerein aushecken, indem sie drei Dinge aufzeigt:

Erstens, dass alle Männer Verwandte und Brüder sind, die aufgrund des Besitzes einer alten Verwandtschaft verwandt sind, da wir den Erbteil der vernünftigen Natur von einer Mutter erhalten haben.

Zweitens treten beinahe alle großen Streits und Komplotte zwischen jenen auf, die blutsverwandt, insbesonders Brüder sind, ob wegen der Erbschaft oder wegen der Familienehre. Denn Familienzwietracht ist sogar schlimmer als der zwischen Fremden, da sie (die ersteren) mit großem Wissen streiten. In Wahrheit sind jene echte Brüder, die in Kenntnis davon, welcher Angriff beim Kampf verwendet werden soll, ausgebildet sind.

Und drittens scheint es mir, dass (die Schrift) den Namen Brüder verwendet für die unnachgiebige und unerbittliche Bestrafung von Morden, damit sie ohne Erbarmen für das leiden sollen, was sie getan haben, denn sie haben nicht Fremde erschlagen sondern ihre eigenen wahren Brüder.

Und ganz ausgezeichnet sagt (die Schrift), dass Gott der Hüter und Aufseher jener ist, die von Männern erschlagen werden. Denn selbst wenn (einige) Menschen die Ausführung der Gerechtigkeit verachten und schmälern, dürfen diese Menschen nicht sorgenfrei sein und (daran) denken, zu entkommen und sicher zu sein, obwohl sie unrein und brutal sind, sondern sie sollen wissen, dass sie bereits in einer großen Gerichtssitzung erfasst worden sind, im göttlichen Gericht der Gerechtigkeit, das errichtet worden ist für die für die vergeltende Strafe an brutalen Menschen wegen jener, die ungerechte und unwürdige Angriffe erlitten haben.

Dies ist der Wortsinn. Übertagen aber sagt (die Schrift), dass der wohltätige, gute, menschenfreundliche und einzige Retter den Wert der Reinheit der Seele nicht übersieht, die von endloser und unerträglicher Verdorbenheit gerettet werden kann, sondern all die Feinde, die sie umgeben, vertreibt und verstreut, die Wildtiere und die Menschen (genannt) Brüder. Denn symbolisch sind jene Wildtiere, die brutal handeln und mit gottlosem Mord drohen. Menschen und Brüder aber (nennt die Schrift symbolisch) die verschiedenen Gedanken und Wörter, die gehört werden, wenn sie von Zunge und Mund ausgedrückt werden, denn sie sind verwandt; und daher bringen sie unüberwindliches Unglück und lassen weder Wort noch Tat aus, das zum Elend führt.

61. Was heißt: Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut wird vergossen werden?(Gen 9,6)

Es gibt keinen Fehler in diesem Text, sondern eher ein Zeichen der Betonung, denn (die Schrift) sagt, der selbst soll wie Blut vergossen werden, der Blut vergießt; denn das, was vergossen wird, strömt heraus und wird aufgenommen und hat nicht die Kraft der Festigkeit. Und so wird aufgezeigt, dass die Seelen jener, die gottlos handeln, den sterblichen Körper in seiner Verdorbenheit nachahmen, insofern als jeder von ihnen scheinbar Verdorbenheit erleiden will. Denn der Körper wird in jene (Teile) aufgelöst, aus denen heraus er gemischt und zusammengesetzt wurde, und wird wieder in seine Originalelemente zersetzt. Aber die grausame und arbeitende Seele wird herumgeworfen und überwältigt von ihrer maßlosen Lebensweise und den Übeln, mit denen sie groß geworden ist, (die) in gewissem Sinn ihren Partnern (sind) und zusammen mit ihr groß werden.

62. Warum sagt sie, als ob von einem anderen Gott (spräche): Als Bild Gottes, macht er den Menschen und nicht als sein eigenes Bild? (Gen 9,6)

Ganz ausgezeichnet und wahrheitsgemäß wurde dieses Orakel von Gott gegeben. Denn nichts Sterbliches kann nach dem Bild des höchster Einen und Vater der Welt gemacht werden, sondern (nur) nach dem des zweiten Gottes, der sein Logos ist. Denn es war wahr, dass der vernünftige (Teil) der menschlichen Seele geformt werden sollte als ein Eindruck des göttlichen Logos, da der Gott vor dem Logos jeder vernünftigen Natur überlegen ist. Aber der, der über dem Logos ist, existiert in der besten und in einer besonderen Form. – Was, das ins Sein kommt, kann rechtmäßig sein Abbild tragen? Außerdem will die Schrift auch zeigen, dass Gott die tugendhaften und anständigen Menschen ausgesprochen gerecht rächt, weil sie eine gewisse Verwandtschaft mit seinem Logos haben, von dem der menschliche Verstand ein Abbild und ein Bild ist.

63. Was heißt: Nie wieder soll eine Flut sein, die ganze Erde zu vernichten? (Gen 9,11)

Durch dieses zeigt (die Schrift) uns letztendlich eindeutig, dass es viele Fluten geben kann, aber nicht solch eine, die in der Lage sein wird, die ganze Erde zu überschwemmen.

Dies ist die der Wortsinn. Übertragen aber ist es die göttliche Gnade, die, obwohl sie nicht allen Teilen der Seele in allen Tugenden hilft, dennoch einige in einiger Hinsicht in Ordnung bringt. Denn so auch, obwohl man nicht in der Lage sein kann, kraftvoll in seinem ganzen Körper zu sein, sollte man dennoch das, was man tun kann, um Kraft zu erreichen, mit aller Sorgfalt (und) Eifer üben, auch sollte der nicht, der zu schwach ist, seine Lebensart gänzlich zu verbessern, über jenes verzweifeln, dessen er fähig ist und das er erreichen kann. Denn insoweit jemand nicht entsprechend der Kraft arbeitet, die jeder hat, ist er ein Nachlässiger und zugleich ein Undankbarer. Er ist ein Nachlässiger in seiner Faulheit und ein Undankbarer darin, dass er einen hervorragenden Anfang erhalten hat; er steht dem Sein gegenüber.

64. Warum spricht er davon, als Zeichen, dass es keine Flut mehr auf der Erde geben wird, einen Bogen in die Wolken zu stellen? (Gen 9,13-17)

Manche nehmen an, dass damit der Bogen gemeint ist, den manche den Regenbogen nennen, da sie ihn wegen seiner Form für ein zuverlässiges Symbol des Regenbogens halten. Ich finde dies jedoch nicht solide diskutiert. Erstens sollte dieser Bogen seine eigene besondere Natur und Substanz haben, da er der Bogen von Gott genannt wird, denn er sagt, meinen Bogen stelle ich. Und Gott zu gehören und (von ihm) aufgestellt zu werden (heißt), dass er nicht existent ist. Der Regenbogen hat nämlich keine besondere eigene Natur in sich selbst, sondern ist eine Erscheinung der Sonnenstrahlen in feuchten Wolken, und alle Erscheinungen sind nicht existent und nicht körperlich. Und Beweis (dafür ist, dass) der Regenbogen nachts nicht erscheint, obwohl es (dann) Wolken gibt.

Zweitens muss außerdem gesagt werden, dass sogar am Tag, wenn die Wolken überschattet werden, der Regenbogen niemals früher erscheint. Aber erforderlich ist, ohne Falsches auch über die anderen Dingen zu sagen, welche der Gesetzgeber (benennt): meinen Bogen stelle ich in die Wolken. Denn bedenke, sobald es Wolken gibt, gibt es kein Aufscheinen eines Regenbogens. Und (die Schrift) sagt, dass nach dem Zusammentreffen der Wolken der Bogen in den Wolken erscheint. Denn oft, sobald es ein Zusammentreffen der Wolken gibt und die Luft überschattet und dicht ist, gibt es nirgends eine Erscheinung eines Regenbogens. Aber vielleicht kennzeichnet der Theologe etwas anderes mit dem Bogen, (nämlich das) in der Verschwommenheit und Kraft der irdischen Dinge es weder eine Auflösung des Seins gibt, das sich völlig auflöst bis zur Unvereinbarkeit, noch ein Aufbrechen bis zur Erreichung eines Bruches. Jede Kraft aber wird von festen Maßen bestimmt. Denn die große Flut kam auf durch einen Bruch, wie (die Schrift) selbst bekennt: Die Quellen des Abgrunds brachen auf (Gen 7,11), aber nicht durch eine einzelne Gewaltakte.

Zweitens ist der Bogen keine Waffe, sondern Instrument einer Waffe, eines Pfeiles, der durchbohrt; und der Pfeil, der vom Bogen gelassen wird, nimmt einen weiten Weg, während er keine Wirkung auf das hat, was nah ist und nah verbleibt. Dies ist ein Zeichen, dass nie wieder die ganz Erde überflutet wird, denn kein Pfeil erreicht jeden Ort, sondern nur den Ort der Distanz. Daher ist der Bogen symbolisch die unsichtbare Kraft Gottes, die in der Luft ist. Und diese ist ausgedünnt, sobald sie bei gutem Wetter verteilt ist, und verdichtet sich, sobald es Wolken gibt. Sie erlaubt den Wolken nicht, sich gänzlich in Wasser zu wandeln, indem sie darauf achtet, dass keine Flut mehr die Erde [...] soll, denn sie bestimmt und befiehlt die Dichte der Luft, die wahrscheinlich zu jener Zeit besonders eigensinnig und anmaßend war, wegen einer Übersättigungsfülle, denn sobald es Wolken gibt, zeigt sie sich selbst voll, tropfend und übersättigt.

65. Warum spricht sie, als sie die Söhne des Rechtschaffenen, Shem, Ham und Japheths erwähnt, nur vom Stammbaum des Mittleren: Ham war der Vater von Kanaan, und fügt danach hinzu: Diese (waren) die drei Söhne von Noe? (Gen 9,18f)

Nachdem zuerst vier (Personen) erwähnt wurden, Noe und seine Söhne, wurde gesagt, dass drei [...] waren, da der Nachwuchs (Kanaan) dem Vater im Charakter ähnlich war, der ihn zeugte, rechnete sie beide als eine (Person), so dass es vier an Zahl aber drei an Kraft sind. Er (Mose) aber spricht jetzt nur von der mittleren Zeugung in der Schrift, denn später spricht der Rechtschaffene in diesem Fall. Denn, obwohl er wirklich sein Vater war, wies er den Vater nicht zurecht und gab dem Vorfahr keinen Anteil an dem, von dem er dachte, dass es für den Sohn richtig wäre, es mitzuteilen.

Zweitens kann es sein, dass (die Schrift) jenen vorhersagt, die in der Lage sind, von weitem sehen, was fern ist, mit den scharfsichtigen Augen des Verstands, dass er das Land der Kanaaniter nach vielen Generationen wegnimmt und es der erwählten und gottestreuen Rasse gibt. Und so wünscht (die Schrift) zu zeigen, dass Kanaan, der Herrscher und Bewohner dieses Landes, selbst gewisse Übel verübte, so wie auch jene seines Vaters, so dass von beiden Seiten seine Unehrenhaftigkeit und niedrig geborene Fremdheit gezeigt wird.

Dies ist der Wortsinn. Übertragen aber sagt (die Schrift) nicht, dass Kanaan der Sohn von Ham war, sondern nutzt einen besonderen Ausdruck, indem sie sagt: Ham war der Vater von Kanaan, denn so ein Charakter ist immer der Vater solcher Gedanken. Dies wird mit den Interpretationen ihrer Namen gezeigt, denn sobald sie von einer (Sprache) in eine anderen wiedergegeben werden, ist Ham “Hitze“ oder "heiß", während Kanaan "Kaufmann" oder "Vermittler" ist. Jetzt aber ist es offensichtlich keine Angelegenheit der Verwandtschaft oder dass einer der Vater oder Sohn eines anderen ist, sondern es ist nun offensichtlich die (Verwandtschaft) von Gedanken mit Gedanken, die (die Schrift) aufzeigt wegen (Kanaans) Ferne von Verwandtschaft mit Tugend.

66. Was heißt: Noe begann, ein Mann der Erde zu werden? (Gen 9,20)

(Die Schrift) vergleicht Noe mit diesem ersten geformten erdigen Mann, denn sie verwendet denselben Ausdruck bei ihm, als er aus dem Kasten herauskam, wie bei dem anderen, denn es gab einen Anfang des Ackerbaus, sowohl damals als auch jetzt, beide Male nach einer Flut. Denn bei der Schaffung der Welt war die Erde in einem gewissen Sinn überflutet. Denn (Gott) hätte nicht gesagt: "Die Wasser sammle sich an einem Ort und das trockene Land erscheine (Gen 1,9), wenn keine Überschwemmung in irgendeinem Abgrund der Erde gewesen wäre. Aber nicht umsonst sagt (die Schrift): Er begann, ein Mann zu werden , da er in der zweiten Entstehung der Menschheit der Anfang sowohl des Samens (besser: der Zeugung?) als auch des Ackerbaus und anderer (Formen) das Leben war.

Dies ist der Wortsinn. Übertragen gibt es einen Unterschied dazwischen, ein Mann zu sein und ein Bearbeiter der Erde, weshalb, als der Brudermord eingeführt wird, über ihn gesagt wird, dass er die Erde bearbeiten soll, nicht aber, dass er auf ihr anbauen soll. Denn symbolisch wird der Körper "Erde" genannt, (da) von Natur aus unser (Körper) aus Erde ist, und er arbeitet vom Grunde her und schlecht wie ein ungelernter Söldling. Der tugendhafte Mann aber baut an wie ein gebildeter und erfahrener Pflanzenbauer und der Mann ist ein Aufseher des Guten. Denn der Arbeitsverstand des Körpers geht seiner Körperlichkeit gemäß den körperlichen Freuden nach, der Mannesverstand aber müht sich danach, nützliche Früchte zu erhalten, (nämlich) solche durch Mäßigung und Maß; und er schneidet die überflüssigen Schwächen rund um unsere Charaktere ab wie die Zweige weitsprossender Bäume.

67. Warum pflanzte der Rechtschaffene zuerst einen Weinberg? (Gen 9,20)

Es war richtig, sich zu (darüber) zu wundern, wo er nach der Flut eine Pflanze hätte finden sollen, da all jene Dinge, die auf der Erde waren, immer weniger geworden und zugrunde gegangen waren. Was aber etwas früheres besagt worden ist, schien wahr zu sein, (nämlich) dass die Erde an der Frühjahrssaison trocken gelegt wurden war, denn das Frühjahr bringt ein Wachstum der Pflanzen hervor; daher war es natürlich, dass sowohl Weinreben als auch Weinrebenkeime gefunden wurden, die gedeihen konnten, und dass sie vom Rechtschaffenen gesammelt wurden. Aber es muss gezeigt werden, weshalb er zuerst einen Weinberg und nicht Weizen und Gerste pflanzte, denn einige Früchte sind notwendig und es ist unmöglich, ohne sie zu leben, während andere die Basis von überflüssigem Luxus sind. Jene (Früchte) nun, die notwendig sind zum Leben, weihte er und sonderte ab für Gott als nutzbringend, ohne irgendeinen Anteil an ihrer Produktion zu haben; aber überflüssige Dinge wurden dem Menschen zugeteilt, denn der Gebrauch des Weins ist überflüssig und nicht notwendig. Und so, auf dieselbe Art, wie Gott selbst mit eigener Hand bewirkte, dass Quellen trinkbaren Wassers ohne die Mithilfe der Menschen hervorquollen, so gab er auch Weizen und Gerste. Denn beide Arten der Nahrung, sowohl Essen als auch Trinken, erwies er durch sich allein. Aber jene (Nahrung), die für ein Leben des Luxus ist, hielt er nicht für sich selbst zurück noch missbilligte er, dass sie in den Besitz des Menschen fiel.

68. Was heißt: Er trank vom Wein und wurde betrunken? (Gen 9,21)

Erstens trank der Rechtschaffene nicht den Wein, sondern einen Teil des Weines und nicht alles. Denn der Maßlose und Ausschweifende hört nicht auf, zu Trinkgelagen zu gehen, bevor er in sich selbst alles abgelegt hat, den ganzen reinen (Wein). Aber der Mäßige und Enthaltsame misst die zum Gebrauch notwendigen Dinge ab. Und wurde betrunken wird im Sinne von “benutzte Wein“ verwendet, denn es gibt eine zweifache und doppelte Art, betrunken zu werden: zum einen, Wein im Überfluss zu trinken, was eine dem Bösartigen und Üblen eigentümliche Sünde ist, zum anderen am Wein teilzuhaben, was immer dem Weisen Mann geschieht. Dementsprechend wird der zweiten Bedeutung nach gesagt, der Tugendhafte und Weise sei betrunken, nicht durch das Trinken des Weines im Überfluss, sondern lediglich durch die Teilhabe am Wein.

69. Was heißt: Er wurde in seinem Haus entblößt? (Gen 9,21)

Es ist eine Sache des Lobes über den Weisen, sowohl dem Wortsinn als auch dem übertragenen nach, dass seine Nacktheit nicht irgendwo draußen (offenbar wird), sondern er in seinem Haus war, verborgen von der Wand seines Hauses. Denn die Nacktheit seines Körper wurde von seinem Haus verborgen, das aus Stein und Holz gebaut wurde. Die Umhüllung aber und die Wand der Seele ist Wissen.

Nun gibt es zwei Arten der Nacktheit:

Die eine ist zufällig und tritt durch unwillkürliche Verstöße auf, denn in einem gewissen Sinn ist der, der Rechtschaffenheit übt, angezogen, und, sobald er stolpert, geschieht es nicht durch seinen eigenen freien Willen, sondern so wie im Fall jener, die betrunken sind oder wackelig von einer Seite zur anderen schwanken oder einschlafen oder vom Wahnsinn ergriffen werden. Denn jene, die auf diese Weisen sündigen, tun es nicht mit böser Absicht. Es ist aber eine Verpflichtung wie eine Umhüllung gute Anweisung und gute Ausbildung anzuziehen.

Und es gibt eine andere Nacktheit, jene der Seele, (die) dem ganzen schweren Gewicht des Körpers sehr edel entkommen kann, wie aus einem Grab, als ob sie eine lange Zeit darin vergraben worden wäre, wie in einem Grab, und den Sinnesfreuden und unzählige Leiden anderer Leidenschaften und den Unruhen der Sorgen über die Übel und den Schwierigkeiten, die von all diesen verursacht worden sind. Denn der, der die Kraft hat, durch so viele Taten und Wunden zu kommen und sich ihrer aller zu entledigen, hat ein glückliches und gesegnetes Los ohne falsche Vorstellung und Verunstaltung erhalten. Denn das, so will ich sagen, ist die Schönheit und Verzierung jener, die sich als wert erwiesen haben, nicht körperlich zu leben.

70. Warum sagt sie nicht einfach: Ham sah die Nacktheit, anstatt von Ham, der Vater von Kanaan, sah die Nacktheit seines Vaters? (Gen 9,22)

Sie verurteilt beide, den Sohn durch den Vater und den Vater durch den Sohn, denn gemeinsam und übereinstimmend haben sie eine Tat der Torheit, der Boshaftigkeit und Respektlosigkeit und der anderer Übel begangen.

Dies ist der Wortsinn, übertragen aber (gilt), was schon zuvor über diese Dinge gesagt worden ist.

7l. Was heißt: Er erzählte es seinen beiden Brüdern draußen? (Gen 9,22)

> (Die Schrift) vergrößert zunehmend die Beschuldigung.

Zuallererst war es nicht der eine Bruder allein, dem er den unwillkürlichen Verstoß seines Vaters sagte, sondern beiden. Und, wenn es viele gegeben hätte, hätte er es ihnen allen gesagt, anstatt nur jenen, denen er konnte. Und dies tat er spöttisch, als er zu ihnen sprach, was nicht Hohn und Spott verdiente, sondern Bescheidenheit, Ehrfurcht und Verehrung.

Und zweitens sagt (die Schrift), dass er es nicht nach innerhalb sondern nach draußen bezog, was eindeutig zeigt, dass er es nicht nur seinen Brüder preisgab sondern auch jenen, die um sie draußen herum standen, Männer und Frauen gleichermaßen. Dies ist der Wortsinn.

Dem übertragenen Sinn nach aber war der gottlose und böswillige Charakter glücklich und freute sich und betrachtete böswillig die Missgeschicke anderer, indem er sie von sich aus richtete als ob er Recht (aussprechen könnte). Deswegen frohlockt er nun sogar über das unwillkürliche Benehmen des nach Weisheit Verlangenden und feiert und erklärt sein Missgeschick und wird zum Widersacher und Ankläger, obwohl es passend gewesen wäre, Toleranz und Verzeihung zu zeigen, anstatt von Schande und Beschuldigung. Und so weil, wie ich schon einmal gesagt habe (vgl. QG 1:88), diese drei – das Gute, das Schlechte und das Gleichgültige – einander Brüder sind (und) der Auswuchs eines Grundes, achten sie auf verschiedene Dinge; einige loben die Tugenden und einige die Übel, und andere Reichtümer und Ehren und andere Güter, die um den Körper herum und außerhalb des Körpers sind. Diese Beobachter und Fanatiker des Übel erfreuen sich am Fall des Weisen und verspotten, beschuldigen und verleumden ihn am Boden, auf dass er weder irgendwie von jenen Teilen profitiert, aus denen er besteht und auf die er eifrig bedacht ist, die gut für die Seele sind, noch von jenen, die (gut) für den Körper (sind) und außerhalb – weder von den inneren Tugenden noch von jenen Dingen, die körperliche und äußere Güter sind. Aber (sie argumentieren), dass der allein sein Ziel erreichen kann, der im Bösen geübt ist, das allein als Gewinn menschlichen Lebens gewünscht ist. Diese und ähnliche Dinge werden von jenen angegeben, die Beobachter gottloser Torheit sind und die die nach Tugend Verlangenden und jene Dinge verspotten, durch welche Tugend entsteht und geformt wird, so wie manche denken, dass das, was körperlich und äußerlich ist, den Status von Werkzeugen des Dienstes hat.

72. Was heißt: Shem und Japheth nahmen ein Kleidungsstück und legten es über ihrer beider Schultern und gingen rückwärts und bedeckten die Nacktheit ihres Vater und sie sahen sie nicht ? (Gen 9,23)

Der Wortsinn ist klar. Übertragen aber muss dies gesagt werden: Der Oberflächliche und Eilige ist (damit) zufrieden, nur zu sehen, was geradeaus und vor seinen Augen ist. Der Weise aber (sieht) dahinter, das heißt, die Zukunft.

Denn so wie die Dinge dahinter nach den Dingen davor kommen, so (kommt) die Zukunft nach der Gegenwart, und der Beständige und Weise erhält einen Anblick davon, wie der mythische Lynceus, der auf allen Seiten Augen hatte. Jeder Weise aber, nicht der Mensch sondern der Verstand, geht zurück, das heißt, dass er zurückschaut wie auf ein sehr helles Licht. Und, indem er alles klar von allen Seiten sieht und sich umschaut, findet er heraus, auszuweichen und gestärkt zu werden, so dass kein Teil der Seele nackt und unansehnlich vor den Schlägen und Angriffen bleiben soll, die sie einholen.

73. Was heißt: Noe wurde vom Wein nüchtern? (Gen 9,24)

Der Wortsinn ist sehr verständlich. Der übertragene aber muss angegeben werden. Wenn der Verstand stark ist, ist es in der Lage, eindeutig mit Nüchternheit beides zu sehen, die Dinge zuvor und jene danach, das heißt, die Gegenwart und die Zukunft. Aber Blindheit befällt den, der nicht in der Lage ist, deutlich entweder die Gegenwart oder die Zukunft zu sehen. Und dem, der die Gegenwart sieht und sich nicht durch das Vorhersehen der Zukunft schützt, wird Weintrank und Trunkenheit (zugeschrieben). Aber in dem, der dazu fähig ist, sich umzusehen und die verschiedenen Naturen der Dinge zu erfassen, gegenwärtig und zukünftig, sind Nüchternheit und Klarheit.

74. Warum, nachdem Ham für das mittlere Kind der drei Brüder gehalten wurde, nennt sie ihn den Jüngsten, indem sie sagt: Was hat sein jüngster Sohn ihm abgetan? (Gen 9,24)

(Die Schrift) allegorisiert eindeutig. Sie nimmt als Jüngsten nicht den, der es nach Alter und Zeit ist, sondern den, der jugendlicher ist, denn Boshaftigkeit ist außerstande, eine alte und erfahrene Lehre zu empfangen, und älter sind die Gedanken des Willens, die wirklich weißhaarig sind – dies jedenfalls nicht im Körper sondern im Sinn.

75. Warum sagt (Noe) beim Beten für Shem: Gesegnet sei Gott, der HERR, Gott von Shem, und Kanaan soll sein Diener sein? (Gen 9,26)

HERR und Gott sind Attribute der zwei Hauptkräfte, der Wohltätigen und der Königlichen, durch welches die Welt entstand. Nun machte der König die Welt entsprechend seiner Wohltätigkeit, während sie nach ihrer Fertigstellung durch seine Souveränität aufgestellt wurde.

Dementsprechend erachtete er den Weisen der gemeinsamen Ehre wert, die die ganze Welt insgesamt erhielt, denn die Teile der Welt wurde mit ihm von den Kräften des HERRN und Gottes zusammengefügt, und er gab seine wohltätige Gnade und großzügige Gabe mit besonders reichlicher Großartigkeit. Daher wird der Name der wohltätigen Kraft, Gott, zweifach verwendet: zum einen, wie gesagt wurde, als Attribut mit der königlichen Kraft, und ein zweiten Mal ohne sichtbare Verbindung, damit der Weise beider wert wird, der gemeinsamen und der besonderen Gabe (Gottes), indem er sowohl von der Welt als auch von Gott geliebt wird – von der Welt wegen der gemeinsamen Gnade, von Gott, wegen der besonderen (Gnade).

76. Warum sagt (Noe) beim Beten für Japheth: Gott soll Japheth groß machen und er soll in den Häusern von Shem verweilen, und Kanaan soll ihr Diener sein? (Gen 9,27)

Der Wortsinn wird beiseite gelassen, da er klar ist. Der übertragene muss geprüft werden; nach diesem erhalten die zweiten und dritten Güter eine Vergrößerung, (wie) Gesundheit und Schärfe der Wahrnehmung und Schönheit und Kraft und Reichtum, Herrlichkeit, Hochadel, Freunde und Aufgaben und viele andere solche Dinge. Deshalb sagt er, soll groß machen. Denn der volle Besitz so vieler Dinge, getrennt und für sich genommen, führt bei vielen zu Schaden, die nicht entsprechend der Rechtschaffenheit und Weisheit und den anderen Tugenden leben, deren voller Besitz körperliche und äußerliche Dinge kontrolliert. Aber die Unzugänglichkeit und Ferne (der Tugend) lässt ihn ohne Leitung und Nutzen. Und, sobald er von guten Aufsehern verlassen und in Ruhe gelassen wird, bringt er Schaden statt Gewinn, den er hätte bringen können. Darum betet er zu dem, der körperliche und äußere Dinge besitzt, dass er in den Häusern des Weisen verweilen soll, damit er hin auf das Beispiel allen Guten schauen kann, und indem er das sieht, seinen eigenen Weg gerade macht.

77. Warum zeigt sie, wo Ham sündigt, seinen Sohn Kanaan als den Diener von Shem und Japheth auf? (Gen 9,27)

Ersten, weil sowohl Vater als auch Sohn dieselbe Boshaftigkeit übten, indem sie beide ohne Unterscheidung vermengt wurden, wie wenn sie einen Körper und ein Seele nutzen würden.

Und zweitens, weil der Vater ebenfalls durch das Verfluchen seines Sohnes betrübt werden sollte, wissend, dass es nicht so sehr um ihn ging wie um seinen Vater, dass er bestraft wurde, denn die Strafe (fällt) auf den ursächlichen Täter und den Lehrer von bösen Gedanken, Worten und Taten.

Dies ist der Wortsinn. Übertragen aber sind es möglicherweise zwei – nicht so sehr Menschen wie Charaktere. Und dies wird gezeigt durch die Gabe der Namen, was auch eindeutig die Natur der Dinge aufzeigt. Denn „Ham“ wird als „Hitze“ gedeutet oder „heiß“, während „Kanaan“ „Händler“ oder „mittlerer Mann“ bedeutet.

78. Warum lebte Noe nach der Flut dreihundertfünfzig Jahre? (Gen 9,28)

Die Form der Welt wurde dargestellt als vom Anfang gegründet in zweimal sieben Jahren und der Weise lebte dieselbe Zahl fünfundzwanzigmal, denn vierzehnmal fünfundzwanzig sind siebzigmal fünf Jahre und fünfzigmal sieben. Nun hat der Grundsatz des siebten und fünfzigsten Jahres eine besondere Ordnung, was levitisch ist, denn dort wird sie eingesetzt.

79. Warum erscheint Ham unter den drei Söhnen Noes immer in der Mitte, während die Äußeren sich ändern? Als sie geboren werden, wird Shem zuerst erwähnt, wie folgt: Shem, Ham, Japheth, aber, als sie Kinder zeugen, wird Japheth zuerst gestellt, und die Familie beginnt, von Japheth an gezählt zu werden? (Gen 10,1)

Jene, die die wörtliche Natur der Schrift untersuchen, geben an zu glauben, die Reihenfolge der Söhnen betreffend, dass der, der zuerst erwähnt ist, Shem, der Jüngste ist, während die letzte, Japheth, der Älteste ist. Aber solche Personen mögen denken, wie sie einzeln gefallen, und festhalten, welchen Glauben auch immer sie zufällig geeignet finden. Von uns jedoch, die die verständige Natur anderer untersuchen, muss gesagt werden, dass von diesen drei, dem Guten, dem Üblen und dem Unbestimmten, die die zweiten Güter genannt werden, das Üble immer in der Mitte erscheint, damit es in der Mitte gefangen und von jeder Seite besiegt werden kann, so dass eines es ergreifen, es eng drängen und es zusammendrücken kann. Aber das Gute und das Unbestimmte oder die zweiten Güter tauschen ihre Reihenfolge. So lange wie das Üble nur scheinbar anwesend ist aber nicht tatsächlich, ist das Gute zuerst und hat den Rang eines Gouverneurs und Herrschers. Aber sobald sich eine Tat aus Willen und Absicht ergibt und Ungerechtigkeit nicht lediglich im Verstand verbleibt, sondern in ungerechten Taten realisiert ist, (dann) wechselt das Gute, das zuerst ist, seinen Platz mit einem andern in der Reihenfolge, so wie die guten Eigenschaften es machen, mit denen es geschmückt ist, und es nimmt Urlaub von Anweisung und Leitung, wie wenn es sie nicht verstehen kann, wie ein Arzt, wenn er eine Krankheit sieht, die unheilbar ist. Jedoch hilft das älteste Gute jener Tugend, die körperlich und äußerlich ist und die die äußersten Enden sorgfältig beobachtet, die das Wildtier in einem Netz einschränkt und zeigt, dass sie nicht mehr Kraft hat, um zu beißen und zu verletzen. Aber, sobald es versteht, dass dies nicht getan worden ist, wechselt es zu einem sichereren und stabileren Platz und verlässt seinen früheren Platz für einen mächtigeren und, nachdem es einen erhalten hat, denn es ist leicht tiefer nach unten zu schlagen, behält es ihn; die Grenze und das Beschützen dieser wird von einer mächtigeren Wache bewahrt, denn dort ist nichts mächtiger als Tugend.

80. Warum (entstammen) die Kittäer und Rodaniter und die Inseln der Nichtjuden von Japheth (ab)? (Gen 10,4f)

Weil (sein Name) als „Breite“ gedeutet werden muss, denn er ist breiter geworden an Wachstum und Fortschritt und wird nicht mehr enthalten von dem anderen Teil jener Regionen, die von der Natur zum Nutzen des Menschen gewährt worden sind, (nämlich) der Erde, sondern er geht hinüber zu noch einem anderen (Teil), dem Meer, und zu den Inseln, die darin liegen.

Dies ist der Wortsinn. Übertragen aber sind jener Dinge, die von Natur aus äußere Güter sind, (wie) Reichtum, Ehre und Autorität, überall ausgeströmt und ausgebreitet, sowohl hin zu jenen, in deren Hände sie jetzt sind, als auch zu jenen, in deren Hände sie noch nicht sind. Und mehr noch – oder nicht weniger – zäunen sie sie rundherum ein und halten sie dicht zusammen, wegen jenen, die von Begierde erfüllt sind und nach Geld und Herrlichkeit verlangen, und, da sie Autorität lieben, ist für sie wegen ihrer unersättlichen Begierde nichts genug.

81. Warum ist der älteste Sohn Hams Cush? (Gen 10,6)

Der Theologe hat einen höchst natürlichen Grundsatz beim Benennen von Cush, den ältesten Nachwuchs des Übels, ausgedrückt, (denn er ist) die spärliche Natur der Erde. Denn Erde, die fruchtbar ist, reichhaltig, gut bewässert, reich an Kräutern und Getreide und gut aufgeforstet, wird verteilt und aufgeteilt auf die Produkte der Früchte. Aber spärliche und staubige Erde ist trocken, dürr, unfruchtbar und steril und wird vom Wind weggetragen und aufgehoben und bewirkt, dass die gesunde Luft an Staub leidet. Solches sind die ersten Knospen des Übels, denn sie sind unfruchtbar und an guten Übungen unproduktiv und sind die Ursachen für Unfruchtbarkeit in allen Teilen der Seele.

82. Warum zeugte Cush Nimrod, der ein riesiger Jäger vor dem Herrn wurde, daher sagten sie wie Nimrod ein riesiger Jäger vor Gott? (Gen 10,8f)

Es ist angemessen, dass einer, der eine spärliche Natur hat, die eine geistige Bindung nicht zusammenbringt und festhält – und er war nicht der Vater der Standhaftigkeit, weder der Seele noch der Natur noch des Charakters, sondern wie ein Riese schätzte und ehrte er das Irdische mehr als das Himmlisch – die Wahrheit der Geschichte über die Riesen und Titanen vorzeigen sollte. Denn in Wahrheit kämpft der, der eifrig auf das Irdische und Verderbliche bedacht ist, immer und führt Krieg gegen Himmlisches und lobenswerte und wunderbare Naturen und errichtet Wände und Türme auf Erden gegen den Himmel. Aber jenes, was hier ist, ist gegen jenes, was dort ist. Deshalb ist es nicht von ungefähr gesagt ein Riese vor Gott, was eindeutig ein Gegensatz gegen die Gottheit ist. Denn der gottlose Mensch ist kein anderer als der Feind und Gegner der gegen Gott steht. Daher ist es sprichwörtlich, dass jeder, der ein großer Sünder ist, mit ihm verglichen werden sollte als den Herrscher und Führer, wie wenn sie sagen „wie Nimrod“. So ist er der Name ein klarer Hinweis auf das (bezeichnete) Ding, denn es soll mit "äthiopisch" übersetzt werden, und seine Fertigkeit ist die des Jägers. Beides soll verdammt und getadelt werden, der Äthiopier, weil reines Übel keinen Anteil am Licht hat sondern der Nacht und Dunkelheit folgt, während Jagen so weit wie möglich von der vernünftigen Natur entfernt ist. Der aber, der unter Wildtieren ist, versucht, sich den brutalen Gewohnheiten der Tieren durch böse Leidenschaften anzugleichen.