Rückblick auf den Franz-Delitzsch-Tag 2024
„Nachkommenschaft Abrahams“. Ein angemessenes Paradigma zur Beschreibung des christlich-jüdischen Verhältnisses? - Dieser Frage ging Prof. Dr. Wolfgang Kraus am 2. Dezember 2024 in der Franz-Delitzsch-Vorlesung nach. Wolfgang Kraus ist Professor für Neues Testament an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken und seit Jahrzehnten im christlich-jüdischen Dialog engagiert. In seinem Vortrag präsentierte er entscheidende Einsichten seiner intensiven exegetischen Beschäftigung mit Passagen aus dem Galater- und dem Römerbrief, in denen Paulus das Verhältnis zwischen Israel und nichtjüdischen Christusgläubigen anhand der Figur Abrahams und seiner Nachkommenschaft reflektiert. Der Vortrag machte deutlich, wie der genaue Blick auf sprachliche Details in diesen für die christliche Theologie so zentralen Texten zu einer neuen Sicht des christlich-jüdischen Verhältnisses führen kann. Zugleich betonte Wolfgang Kraus, dass die Aussagen des Paulus nicht einfach in die Gegenwart fortgeschrieben werden können, sondern hermeneutisch reflektiert werden müssen, da das christlich-jüdische Verhältnis heute in einer anderen Situation und vor anderen Fragen steht als zur Zeit des Paulus.
Bereits vor seinem Vortrag leitete Wolfgang Kraus am Nachmittag einen Workshop zum Thema „Konzeptionen von Kirche und Israel im Neuen Testament“. Sowohl im Plenum als auch in Kleingruppen erarbeiteten die Teilnehmer*innen interaktiv, wie Israel und die Gemeinde der Christusgläubigen in verschiedenen neutestamentlichen Schriften zueinander in Beziehung gesetzt werden und überlegten gemeinsam, was dies für das christlich-jüdische Verhältnis heute bedeuten kann. An dem Austausch nahmen nicht nur Studierende der Evangelisch-Theologischen Fakultät, sondern auch der Katholisch-Theologischen Fakultät sowie weitere Interessierte teil, die an Universitäten, in Kirchengemeinden, Schulen und anderen Orten des gesellschaftlichen Lebens tätig sind. Auch darin spiegelt sich die Vielfalt der Kontexte, in denen es wichtig ist, immer wieder neu über das Verhältnis von Christen und Juden nachzudenken und sich darüber auszutauschen.