Das IJD lädt herzlich zu der diesjährigen Franz-Delitzsch-Vorlesung am 2. Dezember 2024 um 18 Uhr c. t. ein.
Prof. Dr. Wolfgang Kraus, Universität des Saarlandes, wird sprechen zum Thema: „Nachkommenschaft Abrahams“. Ein angemessenes Paradigma zur Beschreibung des christlich-jüdischen Verhältnisses?
Der öffentliche Vortrag findet im Hörsaalgebäude der Universität Münster, Schlossplatz 46, (Hörsaal H2) statt.
Zusätzlich zu der Vorlesung wird Professor Kraus einen Workshop zum Thema "Konzeptionen von Kirche und Israel im Neuen Testament" geben, der am selben Tag von 16:00 s.t. - 17:30 Uhr im Raum ETH 203 stattfindet.
Dieser Workshop wird gemeinsam von der Franz-Delitzsch-Gesellschaft, vom Institutum Judaicum Delitzschianum (IJD) und von der Kirche von Westfalen veranstaltet.
Studierende können unter der Veranstaltung Nr. 018203 in HIS/LSF ihre Anmeldung vornehmen. Bei Besuch des Workshops, der Franz-Delitzsch-Vorlesung und Einreichung eines 2–3-seitigen Berichts erhalten Studierende, die sich in ihrem Studienprogramm zusätzliche Leistungspunkte anrechnen lassen können, 1 ECTS-Leistungspunkt.
Alle anderen Teilnehmer melden sich zum Workshop bitte per E-Mail "ijd@uni-muenster.de" bei Frau Deimann an.
Wir freuen uns über Ihre Anmeldung.
Jewish Apocalypticism in the Ancient World.
Vom 23 - 25 September findet die Konferenz im Exellenzcluster statt. Sie wird von Prof. Dr. Lutz Doering und Dr. des. Florian Neitmann in Kooperation mit Prof. Dr. Jonathan Ben-Dov aus Tel Aviv organisiert.
in den Vorträgen der international rennomierten Expertinnen und Experten werden die jüdischen Apokalypsen im Hinblick auf ihre zahlreichen Verbindungen mit griechisch-römischen, ägyptischen und nahöstlichen Kontexten erhellt. Somit wird die jüdische Apokalyptik in ihren transkulturellen Verpflechtungen erhellt und neu begriffen.
Gespräch zu den Pharisäern im Franz-Hitze-Haus am 28.10.24
Am 28.10 ab 18:30 Uhr debattieren Prof. Dr. Lutz Doering (Münster), Prof. Dr. Johannes Schnocks (Münster), Prof. Dr. Jens Schröter und Prof. Dr. Joseph Sievers (Rom) das folgede Thema:
"Die Pharisäer. Erneuerer des Judentums, Gespächspartner Jesu und antijüdisches Klischee."
Nach einem auch heute verbreiteten christlichen Vorurteil waren die Pharisäer starrsinnige Heuchler, die zwar den Anschein erweckten, nach Gottes Gesetz zu leben, aber nur auf ihr Ansehen bedacht waren. Viele antijüdische Klischees werden bis heute an entsprechenden Auslegungen der Pharisäerepisoden in den Evangelien festgemacht. Dagegen zeichnen uns neue Forschungsarbeiten eher das Bild von vorausschauenden Erneuerern der jüdischen Tradition, die viele Anliegen mit den frühen Christen gemeinsam hatten. An dem Abend werden Fachleute aus Rom, Berlin und Münster zusammenkommen, jüngst publizierte Arbeiten vorstellen und sich dem Gespräch stellen. Am Ende soll die Überlegung stehen, wie wir die mit den Pharisäern bis heute verbundenen antijüdischen Zerrbilder überwinden können.
Für das Programm und Anmeldemöglichkeiten klicken Sie hier.
Drei Mal „summa cum laude“ von Doktoranden am IJD
In den letzten Monaten durften drei Doktoranden von Professor Lutz Doering ihre Doktorarbeit an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster verteidigen. John Dik verteidigte seine Arbeit zum Thema „Transformationen von Volk-Gottes-Vorstellungen in der Johannesapokalypse und in 2 Baruch“, mit der er einen ausführlichen Vergleich zu Israelkonstitutionen in den apokalyptischen Schriften nach der Zerstörung des Tempels vorlegte. Jan Raithels Thema war „‘Auge um Auge.‘ Eine Rezeptionsgeschichte der biblischen Talionsformel(n) im antiken Judentum.“ In seiner Arbeit erörtert er, wie die Talion in den verschiedenen Kontexten des antiken Judentums und auch des NTs interpretiert und kontextualisiert worden ist. Zuletzt verteidigte Florian Neitmann seine vorgelegte Arbeit mit dem Titel „Das Gesetz im 4. Esrabuch“, in der er die verschiedenen Nuancen des Gesetzes als von Mose gegebener Tora in universalistischer, weisheitlicher und eschatologischer Perspektive auslotete.
Die sehr erfolgreichen Doktorarbeiten liefern wichtige Beiträge für die judaistische und neutestamentliche Forschung und zeigen, dass die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Münster voranschreitet. Die Ausbildung weiterer junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist und bleibt ein zentrales Anliegen von Professor Lutz Doering und der Universität Münster.
Abschiedsbericht von Dr. Matan Orian: Mein Jahr am Institutum Judaicum Delitzschianum …
Der Zweck meines Stipendienjahres (2023-2024) als Gastwissenschaftler an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster, das freundlicherweise von der Heinrich-Hertz-Stiftung gefördert und von Professor Lutz Doering betreut wurde, bestand darin, ein Manuskript für einen neuen Band über die Unreinheit von Nicht-Juden während der Zeit des Zweiten Tempels zu schreiben. Dieses jüdische Reinheitskonzept, das den Unbeschnittenen körperliche Unreinheit zuschrieb, war ein großes Hindernis für die Ausbreitung der frühen Kirche unter den Nicht-Juden. Dies erklärt die Bedeutung des Themas für zwei Autoren des Neuen Testaments, die sich mit dem Übergang des Christentums von einer jüdischen Sekte zu einer Weltreligion befassen: Paulus und Lukas.
Neben dieser Forschung habe ich zusammen mit Professor Lutz Doering im Sommersemester ein Hauptseminar mit dem Titel „Paul and Luke-Acts on Circumcision and Gentile-Impurity“ gehalten. Dieses Seminar hat mir geholfen, meine Argumente zu ordnen und zu formulieren, und ich bin dankbar für diese Chance und für die fruchtbare Diskussion mit Prof. Doering und meinen Studierenden. Ich habe auch im Forschungskolloquium „Neues Testament und Antikes Judentum“, hier an der Universität Münster, sowie im „Englisch-Deutschen Kolloquium für Neues Testament“ an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen zu diesem Thema referiert. Darüber hinaus habe ich im „Alttestamentlichen Oberseminar“ hier an der Universität Münster über „Die Rezeptionsgeschichte von Deuteronomium 23,1-8 (MT 2-9)“ referiert, und gleich zu Beginn meines Aufenthaltes auch im „Forschungskolloquium Neues Testament und Antikes Judentum“ zum Thema „Wurde die Konversion zum Judentum in der Zeit des Zweiten Tempels verweigert?“ Ich danke den Professoren Lutz Doering, Christina Hoegen-Rohls, Outi Lehtipuu, Eve-Marie Becker, Christophe Nihan, Reinhard Achenbach und Michael Tilly für diese großartigen Gelegenheiten, meine Forschung zu präsentieren und wertvolles Feedback zu erhalten.
Während meines Aufenthalts habe ich zwei Artikel veröffentlicht, und ein weiterer ist zur Veröffentlichung angenommen worden:
Matan Orian, “Numbers 4:20 and Non-Priestly Viewing of the Holy Vessels in the Second Temple Period,” Journal for the Study of Judaism 55.1 (2024), 76–99.
Matan Orian, “Leviticus 22:25 and Sacrifices by Gentiles,” Jewish Studies Quarterly 31.2 (2024), 113-135.
Matan Orian, “Was the Possibility of Conversion to Judaism Denied in the Second Temple Period?” Jewish Quarterly Review (2025) (forthcoming).
Außerdem habe ich im Namen des Institutum Judaicum Delitzschianum an zwei anregenden Konferenzen teilgenommen: „Die Autorität der Tora“ in Bad Münster am Stein-Ebernburg und "The Apocalypse of John in the Context of Ancient Judaism", hier in Münster. Ich habe mich gefreut, bei diesen Gelegenheiten Wissenschaftler/innen von anderen Universitäten im deutschsprachigen Raum zu treffen und neue Verbindungen zu Kollegen/innen in meinen Interessengebieten zu knüpfen.
Natürlich war der Aufenthalt in der schönen Stadt Münster eine wunderbare Erfahrung für mich und meine Familie und wir werden Sie und die vielen Freunde, die wir hier gewonnen haben, vermissen. Ich freue mich schon darauf, die Stadt in Zukunft wieder zu besuchen!
Auf Wiedersehen!
Dr. Matan Orian
Exkursion zum jüdischen Friedhof von Aub (nahe Würzburg)
In diesem Sommersemester (2024) gab Professor Lutz Doering wieder eine Übung zu jüdischen Friedhöfen, in der die Studierenden Merkmale und Besonderheiten, vor allem Bestattungspraktiken, eines jüdischen Friedhofs kennenlernen und dahin geführt werden, hebräische Inschriften auf Grabsteinen selbst zu lesen und zu kontextualisieren. Nach Tagesexkursionen auf den jüdischen Friedhof von Münster und zum Heiligen Sand nach Worms (dem ältesten jüdischen Friedhof in Mitteleuropa) stand am Ende der Übung eine zweitägige Exkursion (11.06 – 13.06.2024) zum jüdischen Friedhof von Aub (nahe Würzburg).
Der jüdische Friedhof in Aub ist noch nicht umfassend erschlossen. Trotz erster Aufnahmen und Inventarisierung von Grabsteinen sind die Inschriften noch nicht umfassend entziffert, transkribiert und übersetzt worden. Hier setzte die Exkursion an. Das Team musste bei Ankunft zunächst vorsichtig Efeu und Brennnesseln beseitigen, woraufhin zahlreiche zugewucherte Inschriften in der Umfassungsmauer des Friedhofs wieder zu Tage traten. Der jüdische Friedhof von Aub lag zunächst im Stadtgraben neben der östlichen Stadtmauer. Als er voll belegt war, wurde ca. 1835 schräg gegenüber ein neuer Friedhof angelegt. Als der alte Friedhof in den 1920er Jahren aufgeschüttet und eigeebnet wurde, wurden im Jahr 1923 in die Umfassungsmauer des jetzigen Friedhofs ca. 41 Grabsteine des alten Friedhofs eingelassen.
Wenn man den Friedhof betritt, steht man vor dem Ehrenmal, das der jüdischen Bürger von Aub gedenkt, die im 1. Weltkrieg ihr Leben gelassen haben (siehe Foto). Sodann stehen auf der linken Seite vor den in die Umfassungsmauer eingelassenen älteren Steinen drei Reihen mit ca. 100 Grabsteinen. Die Grabplätze sind in der Regel sukzessive nach Todesdatum belegt worden, beginnend mit der ersten Reihe rechts. Die Inschriften einiger der Steine, besonders der ältesten in der Umfassungsmauer, lassen sich nur schwer entziffern, da sie durch die Witterung und den Pflanzenwuchs beschädigt sind – einige davon so stark, dass nur kaum lesbare Reste der Beschriftung erkennbar sind. Andere Inschriften konnten jedoch erfasst und transkribiert werden, um so die Namen der Jüdinnen und Juden von Aub sowie ihre im Hebräischen genau angegebenen Todesdaten nicht der Vergessenheit anheimfallen zu lassen. Gelungen ist bislang die Entzifferung einiger Grabsteine aus dem 18. und frühen 19. Jh. sowie die Lesung zahlreicher Grabsteine ab dem letzten Drittel des 19. Jhs. Der letzte erhaltene Grabstein datiert von 1937. In den 1930er Jahren verließen viele Juden Aub, andere fielen der Verfolgung in der NS-Zeit zum Opfer. 1940 wurde die jüdische Gemeinde aufgelöst.
Längst nicht alle Steine konnten während der zurückliegenden Exkursion erfasst werden, und die Erschließungsarbeit erfordert weitere Expertise und finanzielle Mittel, um möglichst viele Inschriften lesbar zu machen. Am Ende dieser Arbeit soll eine digitale Publikation der Grabsteine und ihrer zugehörigen Inschriften stehen, die zum vertieften Verständnis des Landjudentums in Unterfranken beiträgt.
Prof. Dr. Wolfgang Kraus hält die nächste Delitzsch-Vorlesung
Am 02.12.24 um 18 Uhr c.t. wird Prof. Dr. Wolfang Kraus die Delitzsch-Vorlesung zu folgendem Thema halten:
"Nachkommmenschaft Abrahams". Ein angemessenes Paradigma zur Beschreibung des christlich-jüdischen Verhältnisses?
Es soll dabei um die Frage gehen, ob das im Neuen Testament (v.a. bei Paulus und im Hebräerbrief) gebrauchte Syntagma geeignet ist, das Verhältnis von christlicher Kirche und jüdischem Volk zu beschreiben. Das jüdische Volk ist das bleibend erwählte Volk Gottes. Bis diese Wahrheit sich in der Kirche durchsetzen konnte, hat es lange gedauert. Wenn Paulus die Christen als Nachkommenschaft Abrahams und damit als Erben der Verheißung bezeichnet (Gal 3,26-29), bedeutet das eine Herabsetzung des jüdischen Volkes? Wie können wir heute angemessen das Verhältnis von Kirche und Israel beschreiben?
Die Vorlesung soll, wie im letzten Jahr auch, von einem Workshop begleitet werden, der zum Thema hat "Konzeptionen von zu Kirche und Israel im Neuen Testament". Wir freuen uns auf den Franz-Delitzsch-Tag mit Vorlesung und Workshop, der dieses zentrale Thema des christlichen-jüdischen Gesprächs in den Vordergrund bringt.
Bericht zur Tagung „The Apocalypse of John in the Context of Ancient Judaism”
Vom 3.-5. Juni 2024 fand die von Prof. Dr. Lutz Doering und seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. des. John Dik organisierte Tagung zur Johannesapokalypse und ihrem Kontext im antiken Judentum statt. Die finanziellen Mittel wurden nach einem erfolgreich gestellten Antrag bei der Fritz Thyssen Stiftung zur Wissenschaftsförderung von dieser bereitgestellt, wofür wir uns auch an dieser Stelle noch einmal recht herzlich bedanken.
Das Ziel der Tagung bestand darin, die Johannesapokalypse (Apk) in ihren vielfältigen Kontexten des antiken Judentums wahrzunehmen, sowohl auf sozial-historischer Ebene wie auch auf literarischer Ebene. Den Eröffnungsvortrag hielt Prof. Dr. Hermann Lichtenberger (Emeritus, Tübingen) zur Frage der Autorrolle in Apk und im antiken Judentum. Prof. Dr. Loren Stuckenbruck (München) sprach zu den vielfältigen Beziehungen zwischen Apk und dem Wächterbuch aus 1 Henoch. Ein weiterer, internationaler Apk-Experte, Prof. Dr. Martin Karrer (Emeritus, Wuppertal), stellte die gerade druckfrisch erschiene Editio Critica Maior zur Johannesapokalypse vor, deren Fertigstellung auf zehn intensive und arbeitssame Jahre zurückgeht und im Publikum der Konferenz große Anerkennung gefunden hat. Bevor es dann zum gemeinsamen Abendessen am Aasee ging, zeigte Prof. Dr. Beate Kowalski (Dortmund) auf eindrucksvolle Weise, dass man Johannes aufgrund seiner fast in jedem Vers spürbaren Rezeption des Buches Ezechiel geradezu als „zweiten Ezechiel“ bezeichnen kann.
Der zweite Tag begann mit einem Vortrag von Prof. Dr. Jan Willem van Henten (Emeritus, Amsterdam), in dem er die Adressatengemeinschaften von Apk im Kontext der jüdischen Gemeinschaften von Kleinasien verortete. Prof. Dr. Tobias Nicklas (Regensburg) schloss sich an und zeigte auf, dass die Frage nach dem Volk Gottes und der Identität desselben als Israel die Partizipation von Apk an einem größeren Israel-Diskurs in der Zeit des Zweiten Tempels nahelegt. Silvia Proelss, M.A. (Pretoria) griff diese Fragestellung in ihrem Vortrag auf, indem sie den exegetischen Versuch unternahm, Israel nicht als Metapher für „die Kirche“ zu lesen, sondern bei dem Begriff in seinen Voraussetzungen des ethnischen Diskurses zu bleiben, und ihn erst dann auf die Völker und ihr Verhältnis zu Israel zu beziehen. Es schlossen sich verschiedene motivgeschichtliche Untersuchungen an, die alle zeigten, wie viele Themen und Topoi Johannes mit anderen jüdischen Apokalypsen gemeinsam hat. Prof. Dr. Gert Steyn (Ewersbach, Pretoria) erhellte das Drachen-Motiv aus Apk 12; Prof. Dr. Annette Steudel (Göttingen) zeigte die Beziehungen von Apk zu den Schriften aus Qumran auf; Dr. Luc Bulundwe (Genf, Regensburg) verglich die Romkritik des Apokalyptikers und diejenige der Sybillinischen Orakel; Dr. Daniel Schumann (Tübingen) trug zur Exodus-Motivik in Apk und 1 Hen vor und Prof. Dr. Lutz Doering schließlich zeigte die zahlreichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Johannesapokalypse und den ungefähr zeitgleich entstandenen Werken 4 Esra und 2 Baruch in Bezug auf das himmlische Jerusalem auf. Der Tag wurde mit einem Besuch zum Bibelmuseum und einem Abendessen beschlossen.
Der letzte Tag begann mit einem Vortrag zur Auferstehung in Apk und anderen jüdischen Apokalypsen von PD Dr. Nikolai Kiel (Frankfurt/Main). Sodann folgten zwei Vorträge, die Vergleiche von Apk mit den in kirchenslawisch überlieferten Apokalypsen anstellten. Prof. Dr. Florentina Badalanova Geller (London) referierte zu Parallelen zwischen Apk und 2 Henoch. Dr. des. John Dik (Münster) sprach zum Thema des Sehens der göttlichen Herrlichkeit in Apk und der Abrahamapokalypse, das in beiden Werken mittels kunstvoll beschriebenen Thronvisionen und Mittlerfiguren stattfindet. Prof. Dr. Michael Sommer (Frankfurt/Main) verglich Apk mit der Zephanjaapokalypse in Bezug auf die Angelologie. Prof. Dr. Thomas Witulski (Bielefeld) referierte zu Separation und Integration in Apk und 4. Makkabäer und Prof. Dr. Rivka Ulmer (Emeritus, Lewisburg, USA) schließlich stellte das rabbinische Werk Pesiqta Rabbati vor, in dem zahlreiche apokalyptische Motive vorkommen, die an die jüdischen und christlichen Apokalypsen aus der Zeit des Zweiten Tempels erinnern.
Die Beiträge von renommierten Expertinnen und Experten auf dem Gebiet des antiken Judentums und frühen Christentums haben gezeigt, dass es eine historisch gut begründete und exegetisch sehr ertragreiche hermeneutische Kategorie für das Verständnis der Johannesapokalypse darstellt, dieselbe im Kontext des antiken Judentums zu verstehen. Das letzte Buch des neutestamentlichen (westlichen) Kanons drückt seine Theologie mit Bildern aus, die zutiefst in den Schriften der Traditionen Israels und in Diskursen des antiken Judentums verwurzelt sind. Auch die Gattungsfrage kann nur von hier aus und nicht allein aus kanonischen Zusammenhängen erschlossen und verstanden werden.
Wir freuen uns sehr, dass diese so erfolgreiche Tagung in Münster stattfinden konnte und arbeiten nun an der Veröffentlichung des Sammelbandes, der bei V&R in der Reihe Ioudaioi erscheinen soll und innovative und weiterführende Impulse zur Forschung der Johannesapokalypse im Kontext des antiken Judentums anregen wird.
Ankündigung der internationalen Tagung "The Apocalypse of John in the Context of Ancient Judaism" vom 3. - 5. Juni 2024 in Münster
Die Johannesapokalypse hat in den letzten drei Jahrzehnten zunehmendes Interesse in der Forschung gefunden, nachdem sie lange Zeit ein vernachlässigtes Gebiet der neutestamentlichen Wissenschaft gewesen war. Flankiert wird das von der Ausstrahlung, die der schillernde Charakter des letzten Buches der Bibel für breitere Kreise gewonnen hat; längst sind die Bilder und Motive der Apk auch zentraler Teil der populären Kultur geworden, so dass etwa von Fantasy-Literatur über Filme bis hin zu Computerspielen die apokalyptischen Reiter bekannt sind.
Weniger bekannt sind Ursprung und Kontexte dieser Bilder und Motive im mesopotamischen, iranischen, griechisch-römischen und jüdischen Kulturkreis. Das Ziel der Tagung besteht darin, vor allem den jüdischen Kontext für die Apk in den Blick zu nehmen und die zahlreichen Verbindungslinien zu diesem aufzuzeigen, was in der bisherigen Forschung, auch derjenigen der letzten Jahrzehnte, erst in Ansätzen erfolgt ist.
Um diesen Ansätzen weiter nachzugehen, diese zu vertiefen, und auch neue Perspektiven auf die Johannesapokalypse in ihrem jüdischen Kontext zu gewinnen, bringen wir renommierte Expertinnen und Experten sowohl zur Johannesapokalypse als auch zu anderen Bereichen des Antiken Judentums, wie z.B. Qumran und Rabbinisches Judentum, zusammen.
Rückblick auf die Franz-Delitzsch-Vorlesung am 27. November 2023: Chanukka – die moderne Wiedergeburt eines antiken jüdischen Festes
Die Franz-Delitzsch-Vorlesung war in diesem Jahr etwas ganz Besonderes: Zum einen wurde die Vorlesung das erste Mal mit einem Workshop verbunden, zum anderen war die Vorlesung des Jerusalemer Professors und Rabbiners Dr. Yehoyada Amir auch von den erschreckenden Ereignissen in Israel geprägt.
Der Workshop war mit rund 50 Teilnehmenden, davon viele Studierende, sehr gut besucht. Nachdem Professor Amir zunächst eine kurze Einführung in das Thema „Chanukka“ gegeben hatte, wurden wir Teilnehmenden in sechs Gruppen aufgeteilt, in denen wir in einer guten Atmosphäre Texte der jüdischen Tradition, vor allem aus dem babylonischen Talmud, zur Bedeutung von Chanukka studiert haben. Im babylonischen Talmud stehen nicht die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Seleukiden und den Makkabäern im Vordergrund; vielmehr wird eine Ätiologie für das Fest gegeben, welche in dem Wunder des Öles besteht: Nachdem der Tempel verwüstet und entheiligt worden war, fanden die Juden nur noch einen Krug mit heiligem Öl; dieses Öl reichte jedoch nur noch für einen Tag. Dennoch wurde der Leuchter damit entzündet und brannte – auf wundersame Weise – acht Tage lang. Daher, so die Weisen, rührt das acht-tägige Lichterfest im Dezember, zur Zeit der Wintersonnenwende, in der auch Nicht-Juden diverse Lichterfeste feierten: Die Sehnsucht nach Licht ist wohl allen Menschen und Religionen gemeinsam, gerade in der dunklen Zeit.
Nach dem Workshop ging es dann zur Vorlesung, die mit ca. 90 Besuchern ebenso den Hörsaal gut ausfüllte.
„Die Juden bereiten sich in diesen Tagen auf Chanukka, das Lichterfest, vor, die Christen auf Weihnachten, das Symbol des Lichts, des Glaubens und der Geburt von Erlösung und Hoffnung. In der winterlichen Dunkelheit zünden wir Kerzen an und bemühen uns, Licht in die Welt zu bringen. Wir setzen uns dafür ein, Glück und Freiheit, Mut und Verantwortung zu verbreiten. Dennoch komme ich zu Ihnen in Momenten schrecklicher Bedrängnis, schlimmster Dunkelheit, des Krieges und des Todes, die durch einen furchtbaren Angriff auf die Existenz meines Landes verursacht wurden.“
Mit diesen Worten begann Professor Amir seine Vorlesung, in der er uns in die tiefere Bedeutung von Chanukka mitnahm, die bis auf die Schöpfungsgeschichte zurückreiche und in der es trotz Tohu-va-Bohu zu Licht und Ordnung komme. Von den antiken Texten kam er dann auf die Verantwortung eines jeden Menschen, die darin besteht, Licht zu verbreiten, damit die Schöpfung nicht in das Tohu-va-Bohu, dem dunklen Chaos, zurückfalle.
Der Franz-Delitzsch-Tag konnte mit einem Beisammensein und gutem Essen beschlossen werden. Am folgenden Tag brachte sich Professor Amir noch in ein Hauptseminar des Instituts und der Fakultät ein. Wir sind Professor Amir dankbar für sein besonderes Engagement und freuen uns auf die Veröffentlichung der Vorlesung.
Professor Doering Senior Fellow an der DFG-Kollegforschungsgruppe „Beyond Canon“ in Regensburg
Von Mai bis Juli 2023 war Professor Lutz Doering Senior Fellow an der von der DFG geförderten Kollegforschungsgruppe (Centre for Advanced Studies) „Beyond Canon“ (FOR 2770) an der Universität Regensburg. Lutz Doering nutzte den Aufenthalt in dieser dynamischen Gemeinschaft von Forschenden für den Abschluss seiner Arbeit an der Übersetzung und Kurzkommentierung des vierten Buchs Esra (4 Esra), einer jüdischen Apokalypse, die später von Christen überliefert wurde und in neun alten Übersetzungen in sieben Sprachen vorliegt. Im lateinischen Zweig der Überlieferung, wo es zudem von zwei christlichen Schriften (5/6 Esra) flankiert wurde, steht 4 Esra scharf an der Grenze des Kanons: in wichtigen französischen und spanischen Bibelhandschriften und später in der Gutenberg-Bibel aufgenommen, wurde das Buch von Luther abgelehnt, nach Beschluss des Konzils von Trient in den Appendix der Vulgata Sixto-Clementina relegiert, in der englischen King James Version aber als „2 Esdras“ im Apokryphen-Teil berücksichtigt. In seinem jüdischen Produktions- und Rezeptionskontext bot 4 Esra eine komplexe Antwort auf die Herausforderungen durch die Zerstörung des Zweiten Tempels durch die Römer unter Hinweis auf die Tora und ihre Erneuerung, die Souveränität und Treue Gottes, das Kommen des Messias und seinen Sieg über das Imperium Romanum, das Jüngste Gericht sowie die unvergängliche neue Weltzeit und die Zukunft der Seelen der Gerechten. Am 21. Juni 2023 hielt Professor Doering im Rahmen des hybrid veranstalteten „Fellows’ Brunch“ einen Vortrag mit dem Thema „A New Moses or a Prophet like Moses? Observations on 4 Ezra 14 in the Context of Related Literature“.
Dr. Matan Orian als Heinrich-Hertz-Stipendiat zu Gast am IJD bei Professor Doering
Von August 2023 an ist Herr Dr. Matan Orian als Stipendiat der Heinrich-Hertz-Stiftung für zwölf Monate zu Gast am IJD bei Professor Doering. Dr. Orian hat an der Tel Aviv University mit einer Arbeit zum Thema „Die Heiden und das Haus des einen Gottes in jüdischen Quellen von der Zeit des Ersten Tempels bis zum hasmonäischen Staat“ promoviert. In seinem Forschungsprojekt Die Unreinheit der Nichtjuden in der Zeit des Zweiten Tempels, für das das Stipendium zuerkannt worden ist, beabsichtigt Matan Orian, dieses komplexe Problem über die Dissertation hinaus umfassend zu bearbeiten und die Fragestellung einerseits durch Berücksichtigung frühchristlicher Quellen zu vertiefen, andererseits durch Einbeziehung von Texten bis etwa zum Ende des 1. Jhs. n.Chr. zeitlich auszuweiten. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Orian während seines Aufenthalts!
Vorankündigung: Franz-Delitzsch-Vorlesung am 27. November 2023 – Chanukka - die moderne Wiedergeburt eines antiken jüdischen Festes.
Ort und Zeit: Schlossplatz 46, H2 (Hörsaal), 27.11.23, 18:00 Uhr c.t.
Dieses Jahr wird Rabbi Prof. Yehoyada Amir (PhD) vom Hebrew Union College-JIR, Jerusalem, die Franz-Delitzsch-Vorlesung halten. Yehoyada Amir ist Professor Emeritus für Jewish Thought am Hebrew Union College in Jerusalem und eine prägende Gestalt im israelischen Reformjudentum. Seine Forschungsschwerpunkte sind jüdische Philosophie und Theologie der Moderne, wobei er zahlreiche Beiträge zu Franz Rosenzweig, Nachman Krochmal und Eliezer Schweid verfasst hat.
Die Franz-Delitzsch-Vorlesung hält er dieses Jahr zum Thema "Chanukka":
Für die vormoderne jüdische Tradition war das Chanukka-Fest ein ziemlich unbedeutendes Moment im hebräischen Kalender. Halachisch sind die Merkmale des Festes zweideutig: kein Ruhetag, aber ein sehr feierliches tägliches Lesen der Hallel-Psalmen; kein Mussaf-Gebet oder andere liturgische Formen in der Synagoge, aber ein markanter Ritus zuhause; Tora-Lesungen, die kaum etwas mit der Geschichte von Chanukka zu tun haben, aber eine Propheten-Lesung (Haftara), die eine radikale Alternative zu den religiösen Werten des geschichtlichen Ereignisses Chanukka bietet. Außerdem war die Geschichte, die das Fest begründete, unklar und zweideutig: Was genau soll das Wunder sein? Wofür sind wir bei diesem Fest dankbar?
Das moderne Judentum mit seinen vielfachen Erscheinungen und Richtungen hat dieses kleine, unwichtige Fest neu erfunden. Die Haskala, die Wissenschaft des Judentums und später der Zionismus maßen der Epoche des Zweiten Tempels im Allgemeinen und der Makkabäerzeit im Besonderen eine Bedeutung zu, wie sie sie nie zuvor hatten. Ihr Ziel war es, eine moderne Auffassung der Geschichte als Alternative zur traditionellen Auffassung zu erreichen. Sie stellten das militärische und politische Werk der Makkabäer als zentrales Ereignis der klassischen jüdischen Geschichte dar. Das kleine Fest Chanukka wurde zu einem zentralen und hochwertigen Moment des neuen jüdischen Kalenders.
Anderseits wurde Chanukka, das Fest des Lichts, das etwa in die Zeit von Weihnachten fällt, immer mehr zu einer jüdischen "Antwort" auf das christliche Fest. Diese Entwicklung fing zuhause, innerhalb der Familie und in der Synagoge an. In jüngerer Zeit wurde Chanukka auch zu einem kräftigen Symbol des neuen, sich entwickelnden Orts des Judentums im öffentlichen Raum: in Israel und auf der ganzen Welt, vom Anzünden des Chanukka-Leuchters im Weißen Haus bis zur Chanukkia auf dem Maria-Euthymia-Platz in Münster.
Institutsausflug zum Aasee
Wenn auch nicht in voller Besetzung, so durfte das Team des IJDs mit einem Ausflug zum Tretbootfahren auf dem Aasee die Vorlesungszeit des Sommersemesters beschließen. Dabei kamen bei sommerlichen Temperaturen, einer schönen Briese und gutem Essen schon die ersten Urlaubsgefühle auf.
Prof. Dr. Sandra Gambetti als WWU-Fellow am IJD
Während der Monate April bis Juni 2023 forschte Frau Prof. Dr. Sandra Gambetti als WWU-Fellow am IJD und der Evangelisch-Theologischen Fakultät. Akademischer Gastgeber war Prof. Dr. Lutz Doering; Frau Gambetti vernetzte sich während ihres Aufenthalts auch am Centrum für Geschichte und Kultur des östlichen Mittelmeerraums (GKM).
Sandra Gambetti ist Professor of History am College of Staten Island der City University New York (CUNY). Ihre Forschungen in Münster stehen im Zusammenhang mit dem Kommentar über Philon von Alexandrien, Legatio ad Gaium, den Frau Professorin Gambetti für die Philo of Alexandria Commentary Series (Brill) schreibt. Am 26. April hielt sie einen Vortrag in der Evangelisch-Theologischen Fakultät mit dem Titel „The Introduction of Philo's Legatio (ch. 1-8): what does it really say?“.
Prof. Dr. Sylvie Honigman zu Gast an der Evangelisch-Theologischen Fakultät und am IJD
Während des akadmischen Jahrs 2022/23 hält sich Frau Prof. Dr. Sylvie Honigman von der Tel Aviv University zu Gast an der Evangelisch-Theologischen Fakultät und am IJD auf. Sie kooperiert hier insbesondere im Kontext des Centrums für Geschichte und Kultur des östlichen Mittelmeerraums (GKM). Sylvie Honigman ist Associate Professor am Department of History der Tel Aviv University.
Ihr gegenwärtiges Forschungsprojekt zielt darauf ab, das soziale und kulturelle Umfeld, in dem neue Arten literarischer Werke in Judäa in hellenistischer Zeit entstanden, neu zu definieren; dabei geht es vor allem um apokalyptische und neue weisheitliche Texte. Mit Hilfe neuerer Studien zu Imperium und lokalen Eliten, die eine Alternative zum Paradigma von "Hellenisierung und Widerstand" bieten, will Frau Professorin Honigman zeigen, dass die literarische Produktion in Judäa sowohl dem regen intellektuellen Austausch mit anderen Tempelkulturen als auch dem alexandrinischen Zentrum der griechischen Kultur und Literatur zu verdanken war.
Während ihres Aufenthalts war sie u.a. maßgeblich an einem Roundtable-Gespräch am 14. April 2023 zu „Mediterranean Cultural Koine: The Movement of People, Goods, and Ideas“ beteiligt (mit Christoph Michels, Eve-Marie Becker und Kathryn Stevens [Oxford]; Organisator: Hans Beck; Respondent: Lutz Doering) und hat am 5. Juli 2023 einen Vortrag für alle exegetisch Interessierten an der Universität Münster gehalten: „The Early Judaean Apocalypses (Fourth/Third Century BCE to First Century CE): Their Cultural and Historical Origins and Functions“.
John Dik und Florian Neitmann im Podcast "Neues aus der Alten Welt"
Was ist eigentlich "Apokalypse" und was sind "apokalyptische Texte"? Beide, John Dik und Florian Neitmann schreiben eine Doktorarbeit zu apokalyptischen Texten im Antiken Judentum und Frühen Christentum und berichten in dem Podcast über ihre Forschung.
Lotta und Franzi sprechen mit ihnen auch über ihre Auslandsaufenthalte, ihre unterschiedlichen Promotionswege und erfahren, was hinter diesen apokalyptischen Texten steckt und warum sie viel mehr mit uns heute zu tun haben, als wir denken.
Rückblick auf die Franz-Delitzsch-Vorlesung am 28. November 2022 von Professor Max Küchler (Emeritus)
Die letzte Franz-Delitzsch-Vorlesung fand am 28. November 2022 im Hörsaalgebäude der WWU, Schlossplatz 46 (Hörsaal H4) statt. Auch diesmal haben wir die hybriden Möglichkeiten genutzt, um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen.
Es war uns eine große Freude, in diesem Jahr als Vortragenden Herrn Professor Dr. Max Küchler aus Fribourg begrüßen zu können. Max Küchler hat uns in die spannende Welt der jüdischen Münzen zur Zeit des 1. Und 2. Jüdischen Krieges mithineingenommen und uns ihre Inschriften und Bildsymbole nähergebracht. Dieses tat er jedoch über den Umweg der Interpretation von Nicolas-Claude Fabri de Peiresc, einem Gelehrten des 17. Jahrhunderts, der diese Münzen fälschlicherweise für Münzen aus der davidischen und salomonischen Zeit hielt. Auf diesem Weg wurden dem Publikum nicht nur die jüdischen Münzen, sondern auch deren verschlungenen Wege durch die Jahrhunderte zusammen mit ihren kuriosen Interpretationen vorgestellt. Wir erwarten gespannt die Veröffentlichung der Vorlesung.
Podcast-Folge von "Neues aus der Alten Welt"
Herr Prof. Doering ist als Gesprächspartner zu Gast.
Wie kann man sich zugleich als Theologe und Kulturwissenschaftler verstehen?
Diese Frage erörtern Franzi und Jessica im Gespräch mit Dr. Lutz Doering, Professor für Neues Testament und antikes Judentum und Direktor des Institutum Judaicum Delitzschianum. Zudem berichtet Herr Doering von seinen Studienerfahrungen in Israel. Weiterhin stellt er sein derzeitiges Projekt vor: eine Übersetzung des 4. Esrabuches mit dazugehörigem Kommentar. Wer das Buch Esra bislang noch nicht kennt - einfach einmal in diese Episode reinhören!
Informationen zum Podcast-Projekt sowie zu der aktuellen Episode finden Sie hier.
Vorankündigung: Franz-Delitzsch-Vorlesung am 28. November 2022 – Professor Max Küchler, Fribourg
Die nächste Franz-Delitzsch-Vorlesung am Montag, 28. November 2022 (18 Uhr s.t., H4 im Hörsaalgebäude), hält der renommierte Bibelwissenschaftler Max Küchler, emeritierter Professor an der katholischen Theologischen Fakultät der Université de Fribourg in der Schweiz. Max Küchler hat wichtige Forschungsarbeit zu frühjüdischen Weisheitstraditionen geleistet und ist dann vor allem – in Verbindung mit dem ebenfalls in Fribourg wirkenden Alttestamentler Othmar Keel – durch den mehrbändigen Studien-Reiseführer „Orte und Landschaften der Bibel“ bekannt geworden, von dem Max Küchler den Band Jerusalem (2007, 2. überarb. Aufl. 2014) als alleiniger Autor verantwortete. Über Jerusalem sprach Küchler im Januar 2014 in Münster in einer vom Exzellenzcluster Religion und Politik verantworteten Ringvorlesung zu „Heiligen Orten“. Im Jahr 2022 erschien von Herrn Professor Küchler die Monographie „Geschichte der jüdischen Numismatik, Band 1: 2.–16. Jh. Historisches Vergessen – Jüdische Bewahrung – Europäische Entdeckung" in der von Professor Doering herausgegebenen Reihe „Ioudaioi – Schriften des Institutum Judaicum Delitzschianum“.
Max Küchler wird seine Franz-Delitzsch-Vorlesung zu folgendem Thema halten:
Nicolas-Claude Fabri de Peiresc (1580–1637) – Der Umgang eines »Monsters der Gelehrsamkeit« des 17. Jahrhunderts mit althebräischen Münzen.
Im 16. Jh. wurden die hebräisch beschrifteten Münzen in der westlichen Wissenschaft der Antike wieder entdeckt, in Imitaten nachgemacht, durch Schekel-Medaillen ergänzt und mit biblischen Phantasie-Münzen erweitert, wie im Band I der »Geschichte der jüdischen Numismatik« (2022) dargestellt. Der Vortrag beschäftigt sich nun mit dem in Frankreich des 17. Jahrhunderts, also vor ca. 400 Jahren, weit herum berühmten Universalgelehrten Nicolas-Claude Fabri de Peiresc, der sich innerhalb seiner alles umfassenden Interessen auch mit der Numismatik beschäftigte und dabei sich mit Silberschekel und Bronzemünzen mit althebräischen Aufschriften abgab, solche kaufte und, wie er in einem Brief vom 8. Nov. 1631 an Jean Morin (1591–1659) sagt, über 30 Exemplare in den Sammlungen seines »Kuriositätenkabinetts« besaß.
In einem Bündel handgeschriebener lateinischer Texte mit dem Titel De Nummis. De Gemmis. Inscriptiones antiquae usw. sind im Fonds Dupuy 667 der Bibliothèque Nationale de France zwei Blättern von ihm erhalten, die gemäß dem Titel die »Antiken Münzen aus Silber und Bronze der Hebräer« (Hebraeorum Numismata Argentea et Aerea Antiqua) darstellen. Insgesamt stellt er 21 Münzen vor, drei ganze, einen halben und sechs Viertelschekel aus Silber und elf Bronzemünzen verschiedener Stückelung. (N. B.: Diese sind das präzise Thema dieses Vortrages.)
Da Fabri de Peiresc noch keine Korpora jüdischer Münzen besass und somit wenig Vergleichsmöglichkeiten hatte, las und interpretierte er die Münzen, die er in verschiedenen Sammlungen Italiens und Frankreichs angetroffen hat und nachzeichnen ließ, auf seine eigene Weise: Die althebräischen Aufschriften, deren Buchstaben er samaritanisch nennt, kopiert er, transkribiert sie dann ins Neuhebräische und versieht sie mit einer lateinischen Übersetzung, während er die Bildmotive, die stets richtig abgebildet sind, von seinem botanischen, musikwissenschaftlichen, religionsgeschichtlichen und – wenn auch selten – biblischen Wissen her beschreibt. Dabei verkennt er stets den jüdischen Kontext sowohl der Aufschriften wie der Bildmotive und weiss nichts über den historischen Ursprung der Münzen im 1. und 2. jüdischen Krieg gegen die Römer (66–70 und 132–135/6 n.)
So sind seine Ausführungen zwar ein wichtiges Zeugnis für das Vorhandensein jüdischer Münzen und deren Deutung in der religiösen und weltlichen Gelehrtenwelt des christlichen Westens … auch wenn seine Lesungen und Deutungen zum großen Teil falsch waren und (noch) nicht dem entsprachen, was wir heute an Wissen zur jüdischen Numismatik besitzen.
Wir freuen uns auf rege Teilnahme in Präsenz. Es besteht aber auch die Möglichkeit digitaler Zuschaltung.
Nachdem unsere jährlichen Betriebsausflüge corona-bedingt zwei Mal hintereinander ausfallen mussten, haben wir uns alle sehr gefreut, dass wir am 26.08 einen gemeinsamen Nachmittag verbringen konnten. Dies war auch eine gute Möglichkeit, die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Institut kennenzulernen.
Wir starteten am IJD und gingen am Aasee entlang zum Mühlenhof. Der Mühlenhof liegt am Stadtrand von Münster im Erholungsgebiet am Aasee. Dort wurden wir von Frau Freese in das Leben auf einem Münsteraner Hof vor einigen Jahrhunderten mitgenommen. Wir bestaunten die teils 400 Jahre alten Gebäude, wie den Gräftenhof, die alte Schreinerei und das Schuhmacherhaus, die Schmiede und vieles andere. Dabei genossen wir die unterhaltsamen Geschichten über das Leben auf dem Hof: Wer hatte welche Aufgaben? Wer durfte wen heiraten? Warum tritt man ins Fettnäpfchen und wer hat etwas auf dem Kasten? Und vieles mehr.
Zum Ausklang haben wir italienische Köstlichkeiten und Getränke am Aasee genossen.
Erfahrungsbericht über den Forschungsaufenthalt in Israel
John Dik (M.A.) und Florian Neitmann (Dipl.-Theol)
Im Sommersemester 2022 hatten wir, John Dik und Florian Neitmann, das Glück, im Rahmen der Erasmus plus-Kooperation der WWU mit israelischen Universitäten einen Forschungsaufenthalt an der Hebräischen Universität in Jerusalem verbringen zu können. Nachdem wir bereits 2016–17 gemeinsam an dem Programm „Studium in Israel“ teilgenommen hatten, bestiegen wir nun ein zweites Mal den Mount Scopus, um unseren Horizont im Studium des antiken Judentums zu weiten und unsere Forschung in jüdischer und frühchristlicher Apokalyptik zu vertiefen.
Dazu hat uns dann auch der Austausch mit vielen führenden Expert*innen für antikes Judentum verholfen, die ja an der Hebräischen Universität in großer Zahl versammelt sind und die sich stets offen und einladend zeigten, Ideen und Sichtweisen auf verschiedene Texte und Themen mit uns zu teilen. Natürlich war auch das Leben in der kulturell und religiös vielfältigen Umgebung wieder eine anregende Erfahrung. Schließlich erzählt in Jerusalem jeder Stein eine Geschichte, wenn nicht gleich mehrere – von den Menschen ganz zu schweigen.
Wir freuen uns, dass Erasmus plus nun auch Austausche mit Israel ermöglicht und sind gespannt auf weitere gemeinsame Projekte und Zusammenarbeit mit der Hebräischen Universität in Jerusalem.
Luisa Riepenhausen (SHK) geht für ein Jahr nach Israel - ein Bericht
Nach 6 Monaten im IJD blicke ich auf eine erfahrungsreiche Zeit zurück. Ich habe das Institut nicht nur als Arbeitsstelle, sondern auch als Ort zum Lernen und Studieren zu schätzen gelernt. Die Einblicke in die verschiedenen Forschungsbereiche des IJD haben mich außerdem darin bestärkt, mit „Studium in Israel e.V.“ ein Jahr an der Hebräischen Universität in Jerusalem zu studieren, um mich dort besonders dem Judentum und der rabbinischen Literatur zu widmen. Aktuell bin ich seit einem Monat im Land, lerne im Intensiv-Ulpan Ivrit und konnte schon erste Ausgrabungsstätten und Synagogen besuchen und in die Kultur des Landes eintauchen. Ich blicke gespannt auf die Zeit, die noch vor mir liegt und werde mich immer gerne an die Arbeit im IJD zurückerinnern.
Verabschiedung von Yannick Golchert und Franziska Steiger – Vorstellung der neuen SHKs
Nach langjähriger engagierter Tätigkeit am IJD mussten wir uns von Yannick Golchert als studentischer Hilfskraft verabschieden. Er befindet sich nun in Vorbereitung auf sein kirchliches Examen. Wir wünschen ihm alles Gute und Viel Erfolg.
Auch eine weitere studentische Hilfskraft hat das IJD verlassen. Franziska Steiger ist im Februar 2022 Mutter einer Tochter geworden. Dazu gratulieren wir als Team ganz herzlich!
Dafür bereichern nun neue studentische Hilfskräfte die Arbeit am Institut. Hanna Antensteiner studiert Evangelische Theologie und Jüdische Studien und ist nun mit drei Wochenstunden am Institut beschäftig.
Kolja Damm, ebenfalls Student der Evangelischen Theologie, unterstützt das IJD mit fünf Stunden in der Woche.
Wir freuen uns über die neue Unterstützung und auf eine produktive Zusammenarbeit.
Professor Matthias Henze zu Gast am Institutum Judaicum Delitzschianum
Vom 5. bis 7. Juli 2022 war Professor Matthias Henze, Isla Carroll & Percy E. Turner Professor of Biblical Studies sowie Director of the Program in Jewish Studies an der Rice University, Houston, Texas, zu Gast am IJD. Professor Henze ist ausgewiesener Spezialist auf dem Gebiet der jüdischen Apokalyptik und einer der weltbesten Kenner des 2. (syrischen) Baruchbuchs. Abgesehen von Gesprächen mit Professor Doering über Zusammenarbeit in diesem auch für die Forschung am IJD wichtigen Forschungsgebiet, hielt Professor Henze am 6. Juli 2022 einen Vortrag im Forschungskolloquium Neues Testament und Antikes Judentum zum Thema „Baruchs Klage über Jerusalem (2 Baruch 10–12) im Kontext zeitgenössischer Klageworte“.
Professor John R. (Jack) Levison als Humboldt-Stipendiat zu Gast bei Professor Doering
In den Monaten Juni und Juli 2022 hielt sich Professor Jack Levison, W. J. A. Power Chair an der Perkins School of Theology der Southern Methodist University, Dallas, Texas, im Rahmen einer Wiederaufnahme seines Humboldt-Forschungsstipendiums als Gast von Professor Doering am IJD auf. Jack Levison hat herausragende Beiträge zur Erforschung der Pseudepigraphen geleistet, insbesondere des Lebens Adams und Evas, und hat wichtige Bücher zu Vorstellungen vom Heiligen Geist in der antiken jüdischen und frühen christlichen Literatur verfasst. Beide Themen standen auch im Mittelpunkt seines Aufenthalts in Münster: Zum einen arbeitete Professor Levison während dieser Zeit an einer Monographie zum Griechischen Leben Adams und Evas, zum andern hielt er am 15. Juni 2022 einen Vortrag im Forschungskolloquium Neues Testament und Antikes Judentum zum Thema “The Holy Spirit Before Christianity”.
Verabschiedung von Michaela Karpol - Neuorganisation des Ivrit-Unterrichts
Neben der Forschung im Antiken Judentum und dem Neuen Testament ist das Lehrangebot von Modernhebräisch ein zentrales Anliegen des IJDs. Dieses Anliegen hat Michaela Karpol über zehn Jahre lang geteilt und die Studierenden der WWU in das Moderhebräisch eingeführt. Wegen beruflicher Umorientierung hat sie nun die Arbeit am IJD niedergelegt. Wir danken für das Engagement und die Zusammenarbeit.
Das IJD hat mit Anat Hammermann für das Sommersemester 2022 eine kompetente und erfahrene Sprachlehrerin hinzugewinnen können. Ab dem Wintersemester 2022/23 übernimmt Frau Hadar Cohen Kalinowski einen Ivrit-Kurs. Volker Konrad ist weiterhin in der Lehre für Ivrit tätig.
Neu im Sekretariat des IJD: Frau Claudia Deimann
Im Oktober 2021 hat Frau Claudia Deimann die Nachfolge von Frau Kerstin Böckenhoff MA angetreten. Die ausgebildete Bankfachwirtin verfügt über Berufserfahrungen in einer Öffentlichen Verwaltung und ist seit September 2020 im Dekanat der Evangelisch-Theologischen Fakultät tätig. Weiterhin übernimmt sie noch Aufgaben im Studienbüro der Evangelisch-Theologischen Fakultät. Wir wünschen Frau Deimann alles Gute für Ihre Arbeit im IJD und freuen uns über die Bereicherung in unserem Institut.
Verabschiedung von Laura von Bartenwerffer (Dipl.-Theol.)
Nach vieljähriger Tätigkeit am IJD mussten wir uns von Laura von Bartenwerffer verabschieden. Nachdem Sie drei Jahre als Studentische und Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut gearbeitet hat (2014–2017), war sie drei Jahre Wissenschaftliche Mitarbeiterin (2018–2021). In dieser Zeit ist Laura von Bartenwerffer neben Lehrverpflichtungen besonders für die Webseite des Instituts verantwortlich gewesen und hat mit ihrem Blick für organisatorische Angelegenheiten die Arbeit des Instituts voran gebracht. In ihrem Forschungsschwerpunkt beschäftigt sie sich mit Reinheitskonzeptionen im Antiken Diasporajudentum.
Im Dezember 2021 ist Laura von Bartenwerffer Muttes eines Sohnes geworden, wozu wir als Team des IJDs ganz herzlich gratulieren. Ab dem 01.10.2022 tritt Laura von Bartenwerffer ihr Vikariat in der Gemeinde Essen-Bergerhausen an.
Band zur jüdischen Numismatik von Professor em. Max Küchler (Université de Fribourg)
Am 6. Dezember 2021 verstarb nach langer Krankheit Prof. Dr. Diethard Aschoff, langjähriger Mitarbeiter des Institutum Judaicum Delitzschianum (IJD), Honorarprofessor der Evangelisch-Theologischen Fakultät der WWU Münster und bedeutender Erforscher der jüdischen Geschichte Westfalens. Diethard Aschoff wurde am 7. März 1937 in Frankfurt am Main geboren. Nach dem Studium der Fächer Latein und Geschichte sowie Evangelische Theologie in München und Heidelberg war er bereits von 1969 bis 1971 als Studienreferendar und Mitarbeiter des Leiters der damals dem IJD angeschlossenen Abteilung für die Geschichte des deutschen Judentums, Rabbiner Dr. Bernhard Brilling, in Münster tätig, bevor er im Jahr 1971 mit einer Arbeit in mittelalterlicher Geschichte in Heidelberg zum Dr. phil. promoviert wurde. Nach einer Assistentur für mittelalterliche Geschichte in Heidelberg arbeitete er von 1976 bis 1993 im Schuldienst, zuletzt als Oberstudienrat am Gymnasium Hammonense in Hamm. Nachdem Aschoff bereits ab 1978 einen Lehrauftrag für Geschichte des deutschen Judentums an der WWU Münster erhalten hatte, wurde ihm im Jahr 1990 der Titel Honorarprofessor verliehen. Von 1997 bis 2002 war er als Studiendirektor im Hochschuldienst am IJD tätig; anlässlich seines Eintritts in den Ruhestand wurde er mit der Festschrift „Grenzgänge. Menschen und Schicksale zwischen jüdischer, christlicher und deutscher Identität“ (Hg. F. Siegert, Münster 2002) geehrt. Diethard Aschoff war seit 1986 Mitglied der Historischen Kommission zu Westfalen und erhielt im selben Jahr den Historikerpreis des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe.
Diethard Aschoff machte sich vor allem einen Namen durch seine Forschungen zur Geschichte der Juden in Westfalen, mit besonderem Schwerpunkt auf Münster und seinem Umland. Maßgeblich war seine Herausgeberschaft der Reihe Westfalia Judaica, für die er den ersten Band von Bernhard Brilling und Helmut Richterling, Quellen und Regesten zur Geschichte der Juden in Westfalen und Lippe. 1005–1350, in 2. Aufl. 1992 um umfangreiche Nachträge ergänzte. Im Jahr 2000 erschien dann der von Aschoff selbst bearbeitete Bd. 3.1, Quellen und Regesten zur Geschichte der Juden in der Stadt Münster 1530–1650/1662, fünf Jahre später sein Bd. 3.2, Quellen und Regesten zur Geschichte der Juden in der Stadt Hamm. Von den Anfängen bis zur Zeit des großen Kurfürsten 1287–1664. Darüber hinaus hat Diethard Aschoff die Geschichte und Kultur der Juden in Westfalen einem breiteren Publikum nahegebracht, etwa durch seine Bildmediensammlungen oder seine Geschichte der Juden in Westfalen im Mittelalter (Münster 2006). Diethard Aschoff hat ferner das bekannte Buch von Marga Spiegel, Retter in der Nacht, ab der 3. Aufl. herausgegeben und mit Erläuterungen versehen (7. Aufl., Münster 2009). Auch um die Erhellung jüdischen Lebens und jüdischer Vergangenheit an weiteren Orten des Münsterlands (in Laer, im Kreis Borken, im Kreis Coesfeld) hat sich Diethard Aschoff verdient gemacht. Sein Schriftenverzeichnis umfasst mehr als 180 Aufsätze zu unterschiedlichen Themen und Perioden jüdischer Geschichte.
Das Institutum Judaicum Delitzschianum und die Evangelisch-Theologische Fakultät der WWU Münster werden Prof. Dr. Diethard Aschoff in ehrendem Angedenken behalten.
Münster, im Januar 2022 Prof. Dr. Lutz Doering
Rückblick auf die Franz-Delitzsch-Vorlesung am 29. November 2021 von Professor Klaus Wengst
Die letzte Franz-Delitzsch-Vorlesung fand am 29. November 2021 im Hörsaalgebäude der WWU, Schlossplatz 46 (Hörsaal H2), in hybrider Form statt.
Es war uns eine große Freude, in diesem Jahr als Vortragenden Herrn Prof. Dr. Klaus Wengst (Ruhr-Universität Bochum) begrüßen zu können. "Vom Nutzen des Lesens rabbinischer Texte für die Auslegung des Neuen Testaments" war seine Franz-Delitzsch-Vorlesung thematisch überschrieben. Damit ist ein wichtiges, spannendes und diskussionswürdiges Thema der Exegese des Neuen Testaments im Kontext des antiken Judentums und im Horizont christlich-jüdischer Begegnung angesprochen worden. Über die rege Teilnahme vor Ort und auch über Zoom haben wir uns sehr gefreut.
Im Rahmen der 1700-Jahrfeier jüdischen Lebens in Deutschland führen Mitarbeitende des Institutum Judaicum Delitzschianum sowie der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU Münster über den Jüdischen Friedhof in Münster.
Für diese Führungen unter der Überschrift „Haus des ewigen Lebens“ gestattet die Jüdische Gemeinde Münster Interessierten Zutritt zu dem ansonsten für die Öffentlichkeit verschlossenen Friedhof. Die Teilnehmer*innen erhalten Einblicke in die jüdische Begräbniskultur sowie in die jüdische Grabkunst. Anhand von einzelnen Grabsteinen werden außerdem Biografien mancher jüdischer Bürger*innen aus dem Münsterland nacherzählt und so das jüdische Leben in Münster auf besondere Weise entdeckt.
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Eine Anmeldung für einen der beiden Termine ist bis zum 11.10.2021 unter folgender E-Mail-Adresse möglich: f.steiger@uni-muenster.de.
Tagung „Globalisation in Ancient Judaism and Early Christianity: Theory and Practice“ (12.–14.7.2021)
Vom 12. Juli bis zum 14. Juli 2021 fand in Münster eine internationale Konferenz zum Thema „Globalisation in Ancient Judaism and Early Christianity: Theory and Practice“ statt, die von Prof. Dr. Lutz Doering zusammen mit Dr. Bärry Hartog, dem ehemaligen Humboldt-Forschungsstipendiaten des IJD und Postdoctoral Researcher an der Protestantse Theologische Universiteit Groningen (PThU), organisiert wurde.
Dabei kamen die Vortragenden nicht nur aus den Niederlanden und Deutschland, sondern auch aus den USA, Kanada, Israel, Österreich und Dänemark. Aufgrund der Pandemie-Situation wurde die Konferenz hybrid durchgeführt, so dass nur ein Teil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor Ort in Münster war. Finanziert wurde die Tagung durch die Alexander von Humboldt-Stiftung, die PThU und den Internationalisierungsfond der WWU Münster finanziert.
Die Konferenz war der Frage gewidmet, ob, in welcher Weise und mit welchem Ertrag Theorien zur Globalisierung, die in den letzten Jahren verstärkt in den Altertumswissenschaften und der Archäologie diskutiert worden sind, auf das antike Judentum und das frühe Christentum Anwendung finden können. Dabei beschäftigten sich einige der Beiträge mit theoretischen Ansätzen zur Globalisierung und stellten sie in den Kontext benachbarter Ansätze wie Netzwerk-Theorie, (Trans-) Lokalität und Transkulturalität. Andere Beiträge leuchteten das Verhältnis von Globalem und Lokalem, von Universalem und Partikularem an Quellenbelegen aus oder gingen der Bedeutung von Faktoren wie Übersetzung oder Mobilität nach.
Die Durchführung im hybriden Format bedeutete, dass es sowohl möglich war, vor Ort an der Tagung teilzunehmen als auch auf Distanz per Zoom zu partizipieren. Vor Ort in Münster fand die Tagung mit viel Abstand und einem ausgearbeiteten Infektionsschutzkonzept in der Aula des Vom-Stein-Hauses statt. Mithilfe einer 360°-Konferenz-Kamera war es möglich, sowohl den Vortragenden bzw. die Vortragende als auch die Teilnehmenden im Raum digital zu sehen und zu hören. Alle Teilnehmenden über Zoom wurden im üblichen „Kachel“-Format auf einer großen Leinwand angezeigt. Auch wenn es schade war, dass aufgrund der Pandemie nur Forscherinnen und Forscher aus Deutschland und dem näheren Ausland den Weg nach Münster gefunden haben, konnten doch durch das hybride Format zahlreiche Partizipationsformen ermöglicht werden, die sicherlich auch in Zukunft mit Hinblick auf die CO2-Blianz solcher Tagungen bedenkenswert sind.
Seit langem wieder im Seminarraum
von Franziska Steiger
Wieder in Präsenz studieren – das wurde mit der Änderung der Corona-Schutzverordnung von Anfang Juni und den immer weiter sinkenden Inzidenzzahlen für alle Studierenden der Westfälischen-Wilhelms Universität zum Ende des Sommersemesters wieder möglich.
Da die Zahl der Teilnehmenden jedoch weiterhin auf 50 Personen beschränkt ist und es für alle Studierenden möglich bleiben muss, das angefangene Semester digital zu Ende zu studieren, gingen viele Lehrende nun in die Hybridlehre über. Konkret hieß das, dass einige Studierende auf Wunsch und nach Möglichkeit für Vorlesungen, Seminare und Übungen wieder in die Hörsäle und Seminarräume kommen konnten, andere Kommilitonen hingegen über das Videokonferenztool „Zoom“ zugeschaltet wurden. Mit eigens dafür erworbenen Konferenzkameras war die Evangelisch-Theologische Fakultät im Allgemeinen sowie das Institutum Judaicum Delitzschianum im Speziellen für diese Art von Hybridlehre technisch auch bestens ausgestattet.
Nach zwei Semestern reiner Online-Lehre war diese Veränderung am Ende der Vorlesungszeit des Sommersemesters für viele Studierenden eine willkommene und lang entbehrte Möglichkeit, nun endlich wieder mit Kommilitonen und auch den Lehrenden selbst in das direkte Gespräch zu kommen. Für nicht wenige war es sogar die erste Gelegenheit, seit Beginn ihres Studiums die Uni von innen zu sehen. So wurde beispielsweise das Angebot der Hybrid- oder Präsenzlehre im Hauptseminar von Herrn Prof. Doering und in der Übung von Herrn Dik von vielen gerne angenommen. Auch an der Vorlesung Einführung in die Qumrantexte von Herrn Doering nahmen gegen Ende einzelne Studierende in Präsenz teil, während der Großteil der Hörerinnen und Hörer die Vorlesung weiterhin durch Livestream und auch später abrufbare Videomitschnitte verfolgte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass manche Studierende auch zum Ende dieses Sommersemesters die Onlinelehre von zu Hause aus bevorzugten, da sie teils im Moment gar nicht in Münster wohnhaft sind, teils bei mehreren Veranstaltungen an einem Tag ungern zwischen Seminarraum und Laptop hin und her wechselten.
Es bleibt zu wünschen, dass das Wintersemester in Präsenz wie geplant durchführbar sein wird.
Neu erschienen: Lutz Doering and Daniel Schumann (Eds.), Tosefta Studies: Manuscript, Traditions, and Topics
Soeben ist im LIT-Verlag Bd. 27 der Münsteraner Judaistischen Studien erschienen. Es handelt sich um einen Band, dessen Ausgangspunkt zwei internationale Tosefta-Kolloquien in den Jahren 2016 und 2017 waren.
Der um weitere Aufsätze angereicherte Band bietet Beiträge zu zwei grundlegenden Fragen des Studiums der Tosefta: Wie können wir den Charakter und die Beziehung der Tosefta-Handschriften beschreiben? Und wie verhält sich die Tosefta zu anderen rabbinischen Traditionen und Texten? Der Band wirft auch Licht auf andere Themen der Tosefta-Forschung: „Magie“, Emotionen und Gender. Der Band markiert den Beginn einer neuen Phase in der Erforschung der Tosefta und regt ein internationales Gespräch zwischen Gelehrten über Methode und Inhalt an.
Tosefta Studies: Manuscripts, Traditions, and Topics. Eds. Lutz Doering and Daniel Schumann. MJSt 27. Zürich 2021.
Inhalt:
Lutz Doering and Daniel Schumann, Introduction
Michael Tilly, Die Tosefta: Beschreibung, Deutung und Verwendung eines Dokuments aus dem antiken jüdischen Schulbetrieb
Daniel Schumann, Observations on the Textual History of the Mishnah and the Tosefta: In Dialogue with Robert Brody
Adiel Schremer, Between “Transmission” and “Performance”: The Complexity and Open Texture of the Textual Tradition of the Tosefta
Daniel Schumann, How “Babylonian” Is the Tosefta?
Lutz Doering, The Notion of Mela’khah in Tosefta Shabbat
Lutz Doering, A Note on the Four Sabbath Domains according to Tosefta Shabbat
Paul Mandel, On the Formation of Collected Traditions in the Tosefta
Lutz Doering, A (Different) Kind of Magic: The “Ways of the Amorite” according to Tosefta Shabbat 6–7
Elisabetta Abate, Biblical Emotions in the Tosefta and the Mishnah: The “Man who is Afraid and Faint of Heart” (Deut 20:8) between Fear, Guilt, Love, and Mercy
Cecilia Haendler, “The Wisest of Women: This is the King of Kings”: Rabbinic “Theology” in Gendered Terms (Tosefta Sanhedrin)
Cumulative Bibliography
Dr. Eran Shuali (Strasbourg) zu Gast am IJD bei Professor Doering von September 2020 bis August 2021
Dr. Eran Shuali von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Université de Strasbourg (Frankreich) wird von September 2020 bis August 2021 als Gastwissenschaftler am Institutum Judaicum Delitzschianum bei Prof. Dr. Lutz Doering zu Gast sein. Sein Aufenthalt wird durch ein Stipendium der Heinrich-Hertz-Stiftung finanziert. Am IJD wird Dr. Shuali an einer Monographie über die Geschichte der hebräischen Wörter arbeiten, die für Christen, Christentum und christliche Institutionen von der Zeit des Frühchristentums bis zur Gegenwart verwendet worden sind. Diese Studie soll insbesondere zeigen, wie dieses Vokabular durch theologische und ideologische Ansichten geprägt wurde, die Juden und Christen zu verschiedenen Zeiten vertreten haben. Ein erster Beizrag aus diesem Projekt wurde kürzlich veröffentlicht: “Yešu or Yešuaʿ? A Sketch of the History of Jesus’ Names in Hebrew from Antiquity to the Present,” Revue des études juives, 2020.
Darüber hinaus bereitet Dr. Shuali eine neue Übersetzung des Neuen Testaments ins moderne Hebräisch für die Tel Aviv University Press vor. Er hat auch mehrere Studien zur Geschichte der hebräischen Übersetzungen des Neuen Testaments veröffentlicht, darunter einen Artikel über die Übersetzung von Franz Delitzsch: “The Translation of the New Testament into Hebrew in the Eyes of Franz Delitzsch: Philology, Mission, Theology,” Wrocław Theological Review, 2018.
Im Wintersemester 2020/21 hat Dr. Shuali einen Lehrauftrag am FB01 für eine Übung mit dem Titel “Jewish Perceptions of Christianity: A Short Overview from Talmudic Times to the Present”.