In unserem Projekt analysieren wir im Rahmen von zwei Teilstudien den diagnostischen Prozess am Übergang zur weiterführenden Schule bei Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) mit den Förderschwerpunkten Lernen und Emotional-soziale Entwicklung an nordrhein-westfälischen Grundschulen. Studie 1 trägt durch die Zusammenschau und Systematisierung umfassend dokumentierter Einzelfälle in erster Linie dazu bei, das Vier-Komponenten-Modell der Diagnosequalität für den konkreten Diagnoseanlass, die Übergangsempfehlung für Kinder mit SPF, zu spezifizieren und ggf. zu erweitern. Dabei betrachten wir die Informationserfassung als eine Komponente der Prozessqualität: Wie ist die kindbezogene Diagnostik im Kontext der Übergangsempfehlung mit Blick auf Methoden, Dokumentation, multiprofessionelle Kooperation sowie Prozess-Implementation ausgestaltet? Im Fokus steht darüber hinaus die Identifikation förderlicher bzw. herausfordernder Rahmenbedingungen und mehr oder weniger konstruktiver Möglichkeiten des Umgangs mit diesen. Des Weiteren werden kindbezogene, familiäre und schulstrukturelle Informationen identifiziert, die aus Sicht der Lehrkräfte empfehlungsrelevant sind. Neben der Modellerweiterung und -spezifizierung fließen die Ergebnisse zur Prozessqualität auch in die Konstruktion des Erhebungsinstrumentes für die quantitative Studie 2 ein.
Das Augenmerk von Studie 2 liegt zunächst auf der Analyse (statistisch relevanter) Prädiktoren als Indikatoren für die Fairness, die eine zentrale Facette der Urteilsqualität ist: Wie relevant sind neben den schulerfolgsrelevanten Merkmalen des Kindes Aspekte seines familiären/sozialen Umfeldes sowie die schulstrukturellen Rahmenbedingungen, die zu sozialen/regionalen Disparitäten beitragen? Welche Rolle spielen darüber hinaus individuelle Einstellungen/Überzeugungen der Lehrkräfte? Weiterhin liefert Studie 2 eine quantifizierende Verallgemeinerung von Erkenntnissen aus Studie 1 über die Rahmenbedingungen und die Ausgestaltung des diagnostischen Prozesses.