Magdalenenhospital
Die Gründung eines Hospitals mit eigener Kirche und einem Hausgeistlichen ist ein frühes Zeichen für den städtischen Charakter Münsters seit der Mitte des 12. Jahrhunderts. Die Finanzierung erfolgte vor allem aus bürgerlichen Hauszinsen, so dass hier zum ersten Mal bürgerschaftliches soziales Engagement nachweisbar ist. Das Hospital sollte sich um Arme, Kranke, Pilger und Reisende kümmern – ein Vorhaben, dass der damalige Bischof Heinrich II. förderte, indem er die Stiftung bestätigte und von städtischen Abgaben befreite. Um den Hospitalgeistlichen ist eine Gemeinschaft von Hospitalbrüdern nachweisbar, die ihr Privateigentum dem Hospital vermachten, aber nicht unbedingt im Hospital wohnen mussten. Unter einem Vorsteher („Provisor“) kümmerte sich wohl zunächst diese Bruderschaft um die Armenversorgung.
Seit der Mitte des 13. Jh. ist eine städtische Beteiligung an der Verwaltung des Hospitals belegt, die Ende des 13. Jahrhunderts vollständig in städtische Zuständigkeit überging. Im 14. Jahrhunderts vollzog sich der Wandel zum Pfründnerhaus, mit dieser veränderten Funktion war wohl auch die Auflösung der Bruderschaft verbunden. So legte der Rat in einem Statut von 1330 fest, dass ins „obere Haus“ des Hospitals bis zu zehn Pfründner aufgenommen werden sollen. Diese Bürgerinnen und Bürger, die ihren Besitz in das Hospital einbrachten, erwarben einen Platz auf Lebenszeit als "Einkaufspfründner". Davon wurden die weiblichen und männlichen Pfründner unterschieden, die „de provende umme Goddes willen“ innehatten – sprich aus Bedürftigkeit. Das gemeinschaftliche Leben wurde in vom Rat der Stadt um 1360 beschlossenen Statuten geregelt.
Für das Hospital waren außer dem Amtmann 14 weitere Amtsleute tätig, die in den städtischen Rechnungen und auch in einem Memorienkalender um 1420 nachweisbar sind, der das Gebetsgedenken an die frommen Stifterinnen und Stifter regelte. Für die geistlichen Belange der Pfründner und das Gebetsgedenken an die frommen Stifterinnen und Stifter waren ein Priester und ein Vikar zuständig.
Als wirtschaftlich tätige Rechtsperson betrieb das Hospital drei Mühlen und besaß Grundbesitz im ganzen Münsterland. So war es Grundherr von mindestens 20 Hofstellen, von denen mehr als die Hälfte in Amelsbüren lagen. Streitigkeiten der dort ansässigen halbfreien Eigenbehörigen untereinander oder mit dem Grundherrn wurden an eigenen Gerichtstagen, den sogenannten Hofsprachen geregelt. Dafür ist seit 1721 eine eigene Gerichtsordnung nachweisbar.
Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Verwaltung des Magdalenenhospitals von der Armenkommission übernommen. 1827 riss man die Hospitalkirche ab, 1828 einen Großteil der übrigen Gebäude, und es erfolgte die Verlegung der Pfründner*innen in die Räumlichkeiten des 1803 aufgehobenen Klosters Ringe an der Harsewinkelgasse. Das alte Gelände auf der Aa-Insel wurde an Privatpersonen verkauft. Heute existiert die Stiftung Magdalenenhospital noch als städtisch verwaltete selbständige Stiftung.
Peter Worm
Zum Weiterlesen
[A. Ducornu]: Das Magdalenen-Hospital in Münster, in: Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde 18 (1857), S. 65-130.
Paul Gärtner: Das Magdalenenhospital zu Münster i/W. Ein Beitrag zur Geschichte des Armenwesens im Mittelalter, Münster 1921.
Barbara Krug-Richter: Zwischen Fasten und Festmahl. Hospitalverpflegung in Münster 1540 bis 1650 (Studien zur Geschichte des Alltags, Bd. 11), Stuttgart 1994.
Silvia Dethlefs: Frauengeschichte – Geschlechtergeschichte. Ein Versuch anhand der Überlieferung des Magdalenen-Hospitals im 19. Jahrhundert. In: Franz-Josef Jakobi, Ralf Klötzer, Hannes Lambacher (Hg.): Strukturwandel der Armenfürsorge und der Stiftungswirklichkeiten in Münster im Laufe der Jahrhunderte. Münster 2002, S. 145 – 257.
Quelle
Hofsprachßordnung von 1721
Signatur: Stadtarchiv Münster, C-Magda / Magdalenenhospital, Nr. Akten 49