Projekt REDCo
“Religion in Education. A Contribution to Dialogue or a Factor of Conflict in Transforming Societies of European Countries”
Finanziert von der Europäischen Kommission, untersuchte das groß angelegte REDCo-Projekt in acht verschiedenen europäischen Ländern, wie Religionsunterricht im Rahmen der schulischen Erziehung zum Dialog zwischen den verschiedenen religiösen, ethnischen, kulturellen oder sozialen Gruppen beitragen kann. Besonders berücksichtigt wurden eventuelle Konfliktpotenziale und die Frage, wie man diese entschärfen kann, um eine Eskalation zu vermeiden und ein Zusammenleben, getragen von gegenseitigem Respekt und Verständnis für einander, zu ermöglichen. Dabei standen auf der einen Seite die Schüler mit ihren Anliegen und Ansichten, auf der anderen Seite der institutionell-rechtliche Rahmen, in dem der Religionsunterricht stattfindet.
Zur Bedeutung des Forschungsgegenstandes
CRS-Projektbearbeiter
Dr. Dan-Paul Jozsa
In vielen europäischen Ländern ging man angesichts zunehmender Säkularisierung davon aus, dass Religion sukzessive aus der Öffentlichkeit verschwinden und sich zu einer Privatsache entwickeln würde. Diese Annahme hat sich jedoch nicht bewahrheitet, im Gegenteil, die Tendenz hin zur privaten Religion hat sich umgekehrt. Die Religion ist in den öffentlichen Diskurs zurückgekehrt. Eine Untersuchung des einflussreichen Faktors Religion und Religiosität wurde daher umso bedeutender, eng verknüpft mit der Untersuchung seines ambivalenten Potentials, sowohl Dialog als auch Konflikte und Spannungen hervorbringen zu können.
Eine neue Studie des European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia belegte unlängst die These, dass die Gefahr der Instrumentalisierung religiöser Unterschiede für politische Mobilisierung umso größer ist, je niedriger der Grad an religiöser Bildung ist. Dieser Umstand umgrenzt die Religion in Schule und Bildung als ein bedeutendes Feld, in dem (1.) untersucht werden muss, in welchem Maße Religion in Schulen und Universitäten als ein Kriterium für Exklusion und Vorurteile dient, und (2.) in welchem Maße der religiöse Diskurs bzw. Dialog in der Bildung Möglichkeiten für eine friedliche Koexistenz der Völker in Europa schaffen kann.
Grundlegende Fragen des Projekts
Die folgenden Fragen wurden der Forschung in den einzelnen Ländern zugrundegelegt:
- Wie ist der historische Hintergrund von Religion in der Schule (bzw. im Unterricht) in den teilnehmenden Ländern? Zeitigt die historische Entwicklung mehr Potential für Konflikte oder eher Möglichkeiten des Dialogs?
- Welche rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für Religion in der Schule existieren in den verschiedenen Ländern und Regionen?
- Welche Herangehensweise der teilnehmenden Länder bzgl. Religion im Unterricht hat das Potential, auf lange Sicht europäische Identitäten zu stiften?
Vorgehensweise und Methodik
Das Projekt strebte einen besseren Einblick in das Verhältnis europäischer Bürgerinnen und Bürger mit unterschiedlichen religiösen, kulturellen und politischen Hintergründen an. Als Endziel wurde das Eintreten in einen Dialog gesehen, der von gegenseitigem Respekt und wechselseitiger Verständigung getragen wird. Für dieses Ziel erschien es maßgeblich, gerade im Bildungsbereich Möglichkeiten zu eruieren, voneinander zu lernen, anstatt sich voneinander abzugrenzen.
In jedem Land wurde die gleiche Methodik angewendet, sowohl hermeneutischer als auch empirischer Art. Empirisch stützte sich das Projekt u.a. auf Beobachtung, Interviews, Fragebögen (qualitativ und quantitativ), Videoaufnahmen für Interaktionsanalyse etc. Es wurde in den verschiedenen Ländern mit Schülern und Schülerinnen im Alter zwischen 14 und 16 Jahren gearbeitet.
Projektmitarbeiter
Das REDCo-Projekt bestand aus einem erfahrenen internationalen und interdisziplinären Forscherteam. Führende Experten auf den Gebieten der Theologie, Islamwissenschaft, Erziehungswissenschaft, Religionspädagogik, Soziologie, Politikwissenschaft und Ethnologie leiteten das Projekt. Das Konsortium bestand aus Prof. Dr. Wolfram Weiße (Universität Hamburg, Deutschland), Prof. Dr. Robert Jackson (Universität Warwick, Großbritannien), Prof. Dr. Jean-Paul Willaime (Universität Sorbonne, Frankreich), Prof. Dr. Siebren Midema und Dr. Ina ter Avest (Freie Universität Amsterdam, Niederlande), Prof. Dr. Cok Bakker (Universität Utrecht, Niederlande), Prof. Dr. Geir Skeie (Universität Stavanger, Norwegen), Dr. Pille Valk (Universität Tartu, Estland), Prof. Dr. Sven Kalisch (Universität Münster, Deutschland), Prof. Dr. Vladimir Fedorov (Universität St. Petersburg, Russland) und Prof. Dr. Gunther Dietz (Universität Granada, Spanien). Zusätzlich zu den Projektleitern waren 16 Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforscher ab März 2006 an dem Projekt beteiligt. Unter ihnen auch CRS-Mitarbeiter Dr. Dan-Paul Jozsa.
Die Gesamtleitung des Projekts oblag Prof. Dr. Wolfram Weisse der Universität Hamburg. Die Dauer des Projekts belief sich auf drei Jahre und wurde von der Europäischen Union mit 1.188.000,00 Euro unterstützt.
Publikationen
Die folgenden Publikationen gingen aus dem REDCo-Projekt hervor:
Robert Jackson, Siebren Miedema, Wolfram Weisse, Jean-Paul Willaime (Hrsg.):
Religion and Education in Europe. Developments, Contexts and Debates. Waxmann. Münster [u.a.] 2007.
Thorsten Knauth, Dan-Paul Jozsa, Gerdien Bertram-Troost, Julia Ipgrave (Hrsg.):
Encountering Religious Pluralism in School and Society. A Qualitative Study of Teenage Perspectives in Europe.
Waxmann. Münster [u.a.] 2008.
Pille Valk, Gerdien Bertram-Troost, Markus Friederici, Céline Béraud (Hrsg.):
Teenagers' Perspectives on the Role of Religion in their Lives, Schools and Societies. A European Quantitative Study. Waxmann. Münster [u.a.] 2009.