Vortrag „Nippur – Die heilige Stadt der Sumerer“


Im Rahmen der Ringvorlesung „Heilige Orte. Ursprünge und Wandlungen – Politische Interessen – Erinnerungskulturen“ des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ und des Centrums für Geschichte und Kultur des östlichen Mittelmerraums (GKM) an der Universität Münster spricht

am Dienstag, dem 22.10. 2013, 18 Uhr c.t.
im Hörsaal F 2 im Fürstenberghaus am Domplatz 20-22

Prof. Dr. Hans Neumann
(Münster)

über das Thema:

Nippur – Die heilige Stadt der Sumerer

Unter den sumerischen Städten des 3. Jahrtausends v. Chr. nahm Nippur (mod. Nuffar) eine herausragende Stellung ein. Dies verdankte die Stadt nicht einer machtpolitischen Dominanz im südlichen Mesopotamien, sondern resultierte aus der besonderen geistig-kulturellen und religiösen Bedeutung von Nippur. Die ca. 180 km südöstlich vom heutigen Bagdad gelegene Stadt beherbergte nämlich das Heiligtum des Gottes Enlil, der seit der ersten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. die führende Rolle im sumerischen Pantheon einnahm.
Zunächst nur von lokalem Gewicht als Sitz des Stadtgottes gewann das Ekur, der Tempel des Gottes Enlil, - und damit auch die Stadt Nippur - im Verlaufe des 3. Jahrtausends v. Chr. überregionale Bedeutsamkeit für den gesamten sumerischen Süden Mesopotamiens. Spätestens um die Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. spielte Nippur eine entscheidende Rolle im Rahmen der Herrschaftslegitimation. Nippur, das „Band zwischen Himmel und Erde“, war selbst wohl nie Ausgangspunkt des Kampfes um politische Vormachtstellung, aber ohne Zustimmung und Wohlwollen des Gottes Enlil, und damit der Enlil-Priesterschaft, war eine dauerhafte politische Dominanz in Sumer nicht zu erlangen. Dies zeigen insbesondere die überlieferten Keilschriftquellen in sumerischer Sprache des ausgehenden 3. und beginnenden 2. Jahrtausends v. Chr. So ist z.B. überliefert, dass die Provinzstatthalter des Reiches der III. Dynastie von Ur (21. Jh. v. Chr.) in einer Art Amphiktyonie vereint waren, in deren Rahmen sie die Heiligtümer von Nippur - und hier insbesondere das Ekur - mit Opferlieferungen, bestehend vor allem aus Tieren, versorgten. Auch war Nippur einer der drei Krönungsorte, das als religiöses Zentrum des Reiches den Herrschaftsanspruch des Königs legitimierte.

Ringvorlesung Heilige Orte