DFG Long Term Project
Edition des Gesamtwerkes von Ibn Nubātah al-Miṣrī (1287-1366)
2020-2032
„Das ist der berühmte, exzellente und kreative Dichter, der in allen Dichtungsarten seine Zeitgenossen übertraf, wie auch alle, die nach ihm kamen und sogar die meisten, die vor ihm lebten.“
So urteilt im 19. Jahrhundert der jemenitische Reformer aš-Šawkānī (1760-1834) über Ibn Nubātah al-Miṣrī.
Ziel des Langfristvorhabens ist die Edition des Gesamtwerkes von Ibn Nubātah al-Miṣrī (gest. 1366), der in Syrien und Ägypten wirkte und bis ins 19. Jahrhundert der einflussreichste arabische Dichter nach al-Mutanabbī (gest. 965) war. Trotz seiner immensen Bedeutung sind viele seiner Werke bislang nur in Handschriften oder schlechten Editionen zugänglich, selbst seine große Gedichtsammlung, der Diwan.
Schuld daran ist das kolonialistische Konzept eines „Zeitalters des Niedergangs“ der gesamten arabischen Kultur spätestens ab dem 11. Jahrhundert, das so wirkmächtig war und häufig noch ist. Auch Eliten in arabischen Gesellschaften nutzten dieses Niedergangsnarrativ unter dem Schlagwort inḥiṭāṭ, da man so Machtverlust und Demütigung der arabisch-islamischen Welt im Kolonialismus erklären und mit Hilfe westlicher Ideologien, sei es Nationalismus oder Sozialismus oder Islamismus Abhilfe schaffen wollte und häufig noch will. Die Fixierung auf ein „Goldenes Zeitalter“ und die Abwertung aller späteren Perioden hatte und hat verheerende Auswirkungen für das Selbstverständnis arabischer Gesellschaften und damit auch auf die gegenwärtige Politik.
Aus diesem Kontext her rührt die Wichtigkeit, das Werk Ibn Nubātahs zugänglich zu machen, das als Grundlage für die Erforschung der so vernachlässigten arabischen Literatur der Mamlukenzeit (1250-1517) wie auch der Osmanenzeit unerlässlich ist. Das Werk besteht aus seinem Diwan, der in vier Fassungen vorliegt, und 33 weiteren Werken, die seine Dichtung beinhalten, oder seine ebenfalls bewunderte Kunstprosa, wie auch Anthologien und Auszüge aus Werken anderer Autoren. Ziel ist es, alle Werke in Einzeleditionen mit zwei Apparaten herauszugeben, die einerseits die Textvarianten verzeichnen, andererseits erklärende Kommentare zu Personen, Orten, Fachbegriffen, intertextuellen Bezügen, historischen Hintergründen oder besonderen Stilfiguren beinhalten.
Neben gedruckten Büchern, wird das Gesamtwerk auch in gezielt durchsuchbarer digitaler Form publiziert, nicht nur zum Auffinden von Zitaten und anderen Bezügen, sondern vor allem, um die Arbeitsprozesse dieses herausragenden Literaten, der seine Texte immerfort überarbeitete, nachvollziehbar und darstellbar zu machen. So leistet die digitale Edition einen wesentlichen Beitrag zur komplexen Textgeschichte des vielrezipierten Werks.
Durch die Organisation von internationalen Konferenzen und Gastvorträgen sowie durch die Vermittlung in der Lehre werden Forschungsergebnisse rund um die arabische Literatur der Mamlukenzeit wie auch zu digitalen Editionsmethoden präsentiert, diskutiert und an die interessierte Öffentlichkeit vermittelt.