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BREXIT<address>© colourbox.de</address>
BREXIT
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"Der Brexit wird uns allen schaden."

Finanzexperte Prof. Dr. Johannes Becker zum EU-Austritt Großbritanniens

Die Mehrheit der Briten hat sich in einem Referendum gegen die Europäische Union entschieden. Was bedeutet das für die EU und für die gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik? Im Interview erläutert Prof. Dr. Johannes Becker, Direktor des Instituts für Finanzwissenschaft der WWU, mögliche Perspektiven und Gefahren.

Was bedeutet der Brexit für die Briten und den Rest Europas?


Möglicherweise eine Wirtschaftskrise. Der Brexit bringt den Haushalten und Unternehmen in Großbritannien und der EU enorme Unsicherheit. Bleiben die Regeln des Binnenmarkts in Kraft, auch wenn es keinen Binnenmarkt mehr gibt? Was passiert mit den in London arbeitenden Deutschen und den britischen Rentnern an der Côte d'Azur? Es wird Monate dauern, bis diese Fragen beantwortet sind. Bis dahin werden die britischen Unternehmen sich mit Investitionen zurückhalten und die Konsumenten größere Anschaffungen verschieben. Großbritannien wird in eine Rezession schlittern und den Kontinent unter Umständen mitreißen. Der Brexit wird uns allen schaden.

Lässt sich das nicht verhindern?

Wenn alle an einem Strang ziehen, also EU-Kommission, Mitgliedstaaten und britische Regierung, könnte das Vertrauen schnell zurückkehren. Die britische Regierung könnte ankündigen, die EU-Regeln vollständig zu übernehmen, bis auf die Zuwanderung und ein, zwei andere Politikbereiche, die den Austritt für viele Briten attraktiv gemacht hat. Die EU könnte ihrerseits versprechen, alles zu tun, um den Übergang möglichst leicht zu machen. Leider wird das nicht passieren.

Prof. Dr. Johannes Becker<address>© WWU - Benedikt Weischer</address>
Prof. Dr. Johannes Becker
© WWU - Benedikt Weischer
Warum nicht?

Die EU steckt in einem Dilemma. Zwar hat sie eigentlich kein Interesse daran, den wirtschaftlichen Niedergang Großbritanniens zu betreiben. Doch wenn der Brexit vollkommen geräuschlos über die Bühne gehen würde, könnte er Vorbild für andere Staaten werden. Deshalb heißt es jetzt, der Austritt müsse schmerzhaft werden, man wolle "hart verhandeln", mit ungewissem Ausgang.

Der Brexit könnte Nachahmer finden?

Das ist jedenfalls denkbar. Kandidaten sind in allererster Linie die EU-Nettozahler außerhalb der Eurozone, also Schweden und Dänemark. Am rechten Rand des politischen Spektrums werden ähnliche Referenden zwar auch in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland gefordert, aber das muss man nicht ernst nehmen.

Markiert der Brexit das Ende der EU, so wie wir sie jetzt kennen?

In jedem Fall stellt der Austritt Großbritanniens eine epochale Wende da. Es handelt sich schließlich um die zweitgrößte Ökonomie der EU, die nun nicht mehr mitmachen will. Die EU wird sich grundlegend ändern müssen, um nicht ins Abseits zu geraten.

Hat die europäische Idee dadurch Schaden genommen?

Nein, überhaupt nicht. Großbritannien verlässt die EU, nicht Europa. Es gehört zur etwas unglücklichen Brüsseler Rhetorik, die eigenen Institutionen mit der Idee Europas gleichzusetzen. Die europäische Idee geht über die Grenzen der EU hinaus. Gleichzeitig zeigen die aktuellen Regierungen in Ungarn und Polen, dass man sich auch gut innerhalb der EU von der europäischen Idee distanzieren kann. Die europäische Idee basiert auf gemeinsamer Geschichte und Kultur, sie umfasst Demokratie, Rechtsstaat, Zivilgesellschaft und friedliches Miteinander. Nichts davon wird durch den Brexit in Frage gestellt.
 

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