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Die ULB feierte im Schloss ihr 425-jähriges Bestehen: Jürgen Kaube, Dr. Bernd Neuendorf, Dr. Beate Tröger, Wendela-Beate Vilhjalmsson, Prof. Jörg Becker, Anke Krüper (v.l.).<address>© ULB Münster</address>
Die ULB feierte im Schloss ihr 425-jähriges Bestehen: Jürgen Kaube, Dr. Bernd Neuendorf, Dr. Beate Tröger, Wendela-Beate Vilhjalmsson, Prof. Jörg Becker, Anke Krüper (v.l.).
© ULB Münster

Das Hangeln von Buch zu Buch

Festakt zum 425-jährigen Jubiläum der Universitäts- und Landesbibliothek

Mit einem Festakt feierte die Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) am 8. Oktober ihr 425-jähriges Bestehen. "Bedenkt man, dass Organisationen im Schnitt 40 Jahre alt werden, ist das Alter der ULB erstaunlich. Ist ihre Langlebigkeit vielleicht die Folge hartnäckiger Zweckbestimmung?" fragte Festredner Jürgen Kaube sich und seine Zuhörer. Nur auf den ersten Blick erschien die Antwort des Redakteurs der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Mitglieds des Hochschulrates der Universität Münster enttäuschend: "Bibliotheken sind so langlebig, weil ihr Zweck unbekannt ist."

Kaube wusste aber seine These kenntnis- und pointenreich zu untermauern: Zu heterogen seien die Ansprüche der Nutzer. Da gebe es wissenschaftliche Disziplinen, in denen nur die Abstracts von digitalen Aufsätzen gelesen würden, während für andere das gedruckte Buch wichtigste Grundlage der Arbeit sei. "Es gibt Wissenschaftler, die wissen, welche Informationen sie suchen, diejenigen, die es ungefähr wissen, und diejenigen, die es gar nicht wissen, und keiner von ihnen macht einen Fehler. "Wie also für all‘ diese Gruppen die Informationen aufarbeiten und systematisieren?"

Ähnlich verhalte es sich mit der Bibliothek als realem Ort. Während die einen Studierenden kämen, um in aller Ruhe und Konzentration arbeiten zu können, suchten Studierende anderer Disziplinen wie der Rechtswissenschaft gerade den kommunikativen Austausch. Die steigende Nachfrage nach Gruppenarbeitsplätzen in den vergangenen Jahren gibt Kaube Recht.

Gemeinhin werde der Zweck einer Bibliothek als ein "Jagen und Sammeln beziehungsweise Fischen" definiert. Die Bibliothekare seien demnach die Jäger nach den Informationen, die Nutzer die Fischer, die ihre Netze danach auswürfen. Doch Kaube vertraute mehr auf den amerikanischen Soziologen Andrew Abbott: So wie die Affen von Baum zu Baum hangeln - im Englischen „brachiation“ genannt -, so sei es die Aufgabe einer Bibliothek, die nicht wisse, was ihr Zweck sei, das Hangeln von Buch zu Buch zu ermöglichen. "Ähnlich wie die Affen leben wir immer noch auf Bäumen und sehen erfreulicherweise vor lauter Büchern den Wald nicht". Bibliothekare müssten, so Kaube, ihre Nutzer eben dieses Hangeln lehren.

Die Aufgabe der ULB, ihre Nutzer im kritischen Umgang mit Informationen zu schulen, hatte auch Prorektor Prof. Jörg Becker in seinem Grußwort  gemäß dem Kunstwerk "Gehorche keinem", das seit 2009 den Eingang der ULB am Krummen Timpen ziert, angemahnt. Staatssekretär Dr. Bernd Neuendorf vom nordrhein-westfälischen Kultusministerium erinnerte an eine weitere Aufgabe in ihrer Funktion als Landesbibliothek: die Bewahrung von Literatur aus und über Westfalen, die, so Neuendorf, "in ganz eigener Weise das Leben und Wirken in diesem Land beschreibt."

ULB-Direktorin Dr. Beate Tröger zählte weitere Aufgaben auf, denen sich die ULB stellen muss: die Herausforderungen einer elektronischen Publikationslandschaft gehören ebenso dazu wie die Gestaltung von Lernräumen, der Umgang mit Forschungsprimärdaten oder die Umstrukturierung des universitären Bibliothekssystems.

Nicht nur die Vergangenheit und Gegenwart bestimmten den Festakt, auch die Zukunft kam nicht zu kurz. Prämiert wurden die Gewinner des Wettbewerbs "Vision gesucht! Die ULB in 50 Jahren". Den ersten Preis, einen von der Buchhandlung Krüper gesponserten iPod mini, erhielt Kristina Rzehak, Promovendin am Exzellenzcluster "Religion und Politik". Der zweiten und dritten Preis, verbunden mit iTunes-Gutscheinen, die der Bense Store gestiftet hatte, erhielten Phil Wieland und Jörg Friedrich. In Kürze sollen die Siegerbeiträge in der ULB im Rahmen einer Ausstellung präsentiert werden.

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