Der gesprochenen Sprache auf der Spur
Es war ein weiter Weg. Jahrelang sammelten Studierende und Wissenschaftler Aufnahmen für das neue „Centrum Sprache und Interaktion" (CeSI) des Germanistischen Instituts. Sie nahmen Gespräche auf und hielten jede Silbe, jede Betonung, jede Sprachmelodie eines gesprochenen Wortes auf Papier fest. „Die Bandbreite reicht von privaten Gesprächen am Küchentisch, über Transkriptionen aus Fernsehsendungen wie Domian oder Big Brother bis zu Sprechstunden-Gesprächen zwischen Arzt und Patient", erklärte Prof. Dr. Susanne Günthner bei der offiziellen Eröffnung des Zentrums am Mittwochnachmittag im Stein-Haus.
Zusammen mit Dr. Wolfgang Imo hat sie die Leitung des CeSI übernommen. „Ich habe 2001 angefangen, die ersten Aufzeichnungen hier in Münster zu sammeln, mittlerweile haben wir rund 200 verschiedene Gespräche in unserem Bestand", sagte Susanne Günthner. Damit sei das Forschungslabor, als wichtigster Bestandteil des CeSI, fast einzigartig in Deutschland. Bis in die 1980er Jahre hinein sei Sprache nur als Schriftsprache untersucht worden. Seitdem habe man aber erkannt, dass auch die gesprochene Sprache ein wichtiger Forschungsgegenstand der Germanistik sei, denn sie weiche stark von der schriftlichen Normsprache ab.
Zur Nutzung der Datenmenge erklärte Wolfgang Imo: „Die Aufnahmen stehen selbstverständlich nicht nur den Wissenschaftlern, sondern auch den Studieren zur Verfügung." Anhand dieser Praxisbeispiele sei es für sie wesentlich leichter, die Theorien der Linguistik zu verstehen und sie zu untermauern. „Zudem sind sie in den Seminaren, in Hausarbeiten, Bachelor- oder Marterarbeiten aktiv an der weiteren Aufstockung des Bestandes beteiligt", fügte Susanne Günthner hinzu.
Ein Aspekt, den Prorektorin Dr. Marianne Ravenstein in ihrem Grußwort besonders hervorhob: „Es gibt Gott sei Dank mehr als nur im Seminarraum zu sitzen, es gibt eine forschende Lehre, die mit diesem Zentrum erreicht ist", sagte die Kommunikationswissenschaftlerin. Aktive Mitarbeit wünscht sich auch Sonja Hermes. Die Germanistik-Studentin im zweiten Master-Semester glaubt, dass das „Centrum Sprache und Interaktion" eine wichtige Bereicherung für den Fachbereich ist. „Das Forschungsgebiet ,Gesprochene Sprache' ist noch nicht so alt und bietet noch viel Forschungspotenzial."