Institute of Applied PhysicsNonlinear Systems and Patternformation - Magnetism - Material Science - Applied Physics |
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Pattern Formation in AC Gas Discharge SystemsHerrn Dr. Lars Stollenwerk, der auf diesem Gebiet gearbeitet hat, wurde der AMOP-Dissertationspreis 2008 verliehen. ÜbersichtDiese Seite gibt einen Überblick über die Untersuchungen zur Strukturbildung in wechselspannungsgetriebenen Gasentladungen in der Arbeitsgruppe Purwins. MotivationDielektrische Barrierenentladungen (DBD) kommen schon lange in industriellen Anwendungen zum Einsatz. Zu den Wichtigsten zählen die Ozonerzeugung, Verfahren zur Oberflächenbehandlung, Plasmabildschirme (PDP) und Verfahren zur Beseitigung toxischer Gase im Umweltschutz. Aus diesem Grund ist es grundsätzlich von Interesse, die DBD besser zu verstehen. Bei den genannten Anwendungen spielen selbstorganisierte Strukturen allerdings kaum eine Rolle oder sind sogar unerwünscht. Andererseits können in der DBD mit recht einfachen Mitteln eine Vielzahl verschiedenster selbstorganisierter Strukturen beobachtet werden. Viele der so entstehenden Muster finden sich in anderen physikalischen Systemen wieder. Daher eignet sich die DBD als Beispiel für ein nichtlineares System, an dem die Mechanismen der Strukturbildung untersucht werden können. Der experimentelle AufbauZwei einseitig elektrisch leitend beschichtete Glasplatten bilden die Elektroden mit dielektrischer Barriere. Die Platten stehen sich in geringem Abstand gegenüber und bilden so einen Spalt, der mit dem Arbeitsgas gefüllt ist. Mindestens eine der Platten ist durchsichtig elektrisch leitend beschichtet, so daß die im Gasspalt entstehenden Strukturen in Draufsicht beobachtet werden können. Abb. 1: Schematischer Aufbau der DBD Es entsteht so ein Gasentaldungssystem mit sehr großem Aspektverhältnis. Die Strukturen bilden sich in lateraler Richtung, also in der Ebene senkrecht zur Stromflußrichtung, aus. Wichtigster Gegenstand der Beobachtungen ist die Leuchtdichteverteilung in der Gasentladung. Sie ist direkt proportional zur übertragenen Ladung in einer Halbperiode der Treiberspannung. Das vorgestellte System hat einen hochdimensionalen Parameterraum. Die wichtigsten Paramter sind Gasart und Druck, Treiberspannung und -frequenz, die Dicke der Glasplatten und des Gasspaltes so wie die Größe des Grundgebietes. Besonders empfindlich reagiert das System auf die Oberflächenbeschaffenheit der Dielektrika. Diese müssen äußerst homogen präpariert sein, damit die Selbstorganisation der Stukturen im laufenden System später nicht beeinträchtigt wird. Ein weiterer experimenteller Aspekt, der besondere Beachtung verdient, ist die Stromversorgung der Gasentladung. Es werden Spannungen in der Größenordnung von einigen Hundert bis Tausend Volt bei einer Frequenz von einigen Hundert Kiloherz benötigt. Die hohen Spannungen bedürfen besonderer Berücksichtigung bei der Konstruktion der Entladungszellen, um Überschläge auf das Gehäuse zu vermeiden. In Kombination mit der hohen Frequenz ist auch die Erzeugung der Hochspannung nicht trivial. Es werden Hochfrequenz-Poweramplifier in Kombination mit speziell angepassten Resonanzkreisen verwendet. Abb. 2: Meßaufbau im Labor Der Schwerpunkt der Meßtechnik liegt in bildgebenden Verfahren. Je nach benötigter Beobachtungsgeschwindigkeit werden Videokameras mit 50 Bildern/s oder Hochgeschwindigkeitskameras mit bis zu 3000 Bildern/s verwendet. Besonders hilfreich ist es auch, den Strom durch die Gasentladung zu messen. Die Zündung des Systems in jeder Halbperiode der Treiberspannung ist im Stromverlauf durch einen Wirkstrompuls zu beobachten, aus dem ein Triggersignal für Kameras mit sehr kurzer Belichtungszeit generiert werden kann. So ist es möglich, einzelene Durchbrüche abzubilden oder bei sehr hohen Spannungen räumlich getrennte Teile einer Struktur zeitlich versetzten Mehrfachdurchbrüchen zuzuordnen. Beobachtete StrukturenWird das beschriebene Gasentladungssystem gezündet, so ist im allgemeinen keine homogene Entladung zu beobachten. Stattdessen bilden sich sehr vielfältige Leuchtdichteverteilungen aus, von denen in Abb. 3 einige vorgestellt werden. Viele beobachtbare Strukturen setzen sich aus Stromfilamenten, die senkrecht auf den Dielektrika stehen und in der Draufsicht als Punkte erscheinen, zusammen. Da diese Filamente sehr robust sind und bei gegebenen Paramertern von immer gleicher Form sind, können sie als dissipative Solitonen mit teilchenhaftem Charakter aufgefasst werden. Filamente können einzeln, in losen oder dichten Anordnungen und in regelmäßigen Anordnungen auftreten. Letztere können dabei zusätzlich eine übergeordnetes Muster aufweisen. Bild a) zeigt einzelne Stromfilamente, die in Draufsicht als helle Punkte erscheinen. Der Durchmeser eines Stromfilamentes beträgt etwa 1 mm. In b) ist ein fester Verband aus Einzelfilamenten zu sehen, der sich in dieser Form über das Grundgebiet bewegt. Dieses Muster kann als „Quasimolekül” beschrieben werden. In bestimmten Parameterbereichen ist die Form der Stromfilamente einer zeitlichen Dynamik unterworfen. Bild c) zeigt ein „atmendes” Filament, das periodisch seine Größe ändert. Die Filamente in d) sind von oszillierenden Ausläufern der Leuchtdichteverteilung umgeben. Dadurch werden Bindungslängen für Quasimoleküle festgelegt. In Bild e) sind verästelte Filamente gezeigt. Die Bilder f), g) und h) zeigen Strukturen, die aus vielen Einzelfilamenten zusammengesetzt sind. Diese können ungeordnet (f) oder hexagonal angeordnet (g) sein und außerdem ein übergeordnetes Muster aufweisen (h). Das Zielscheibenmuster (i) und die labyrinthartige Leuchtdichteverteilung (j) gehören zu den nichtfilamentären Mustern. Alle gezeigten Strukturen wiesen je nach Systempräparation eine sehr lebhafte Dynamik auf. Weiterführende Informationen finden sich an folgenden Literaturstellen:
Numerische UntersuchungenZiel der numerischen Untersuchungen ist es, die Mechanismen zur Entstehung der Struktruen auf mikroskopischer Ebene nachzuvollziehen. Aufgrund der außergewöhnlichen Geometrie des Systems, insbesondere wegen des kurzen Gasspaltes im Submillimeterbereich, können übliche Annahmen über die longitudinale Struktur der Gasentladung nicht mehr gemacht werden. Dennoch soll versucht werden, mit einem möglichst einfachen Modell die laterale Strukturierung der Entladung zu beschreiben. Es wurde daher ein Drift-Diffusions-System für zwei Spezies, nämlich Elektronen (Index e) und einfach geladene Ionen (Index p) gewählt. Die Diffusionskonstanten und Beweglichkeiten für Elektronen und Ionen sind für das Arbeitsgas Helium tabelliert. Die Quellterme berücksichtigen im Volumen Stoßionisation. Anlagerungs- und Rekombinationsprozesse spielen in Helium bei den gewählten Parametern keine Rolle. Auf den Oberflächen der Dielektrika werden Sekundärelektronenemission durch auftreffende Ionen und Anlagerung und Rekombination von Ladungsträgern berücksichtigt. Die so entstehenden Wandladungen werden zusammen mit den Raumladungen in der Lösung der Poisson-Gleichung berücksichtigt. Die Simulationen werden zweidimensional ausgeführt, wobei die x-Richtung der lateralen Ausdehnung des Systems entspricht und die y-Richtung der Stromflußrichtung.
Abb. 4: Filamentierung der Entladung in der Simulation In Abb. 4 sind die Ionendichteverteilungen im Strommaximum aufeinanderfolgender Durchbrüche kurz nach der Zündung (einige Treiberperioden) des Systems dargestellt. Die Graphiken zeigen zwei für die Strukturierung der Entladung wesentliche Merkmale. Zum einen beginnt die Entladung lateral homogen, es ist also keine a priori Struktur vorhanden. Zum anderen bildet sich die laterale Struktur in der Entladung innerhalb weniger Durchbrüche. Ein Vergleich mit dem Experiment zeigt, daß trotz des recht einfach gehaltenen Modellansatzes eine gute Übereinstimmung mit den Meßergebnissen besteht. Abb. 5 zeigt Aufnahmen einer Framing-Kamera mit einer Belichtungszeit von 2,5 μs, die einzelne Durchbrüche kurz nach dem Zünden der Gasentladung darstellen. Auch hier sieht man am Anfang eine fast homogene Leuchtdichteverteilung, die sich innerhalb weniger Durchbrüche lateral strukturiert.
Abb. 5: Filamentierung der Entladung im Experiment Diese Ergebnisse sind in einer Kooperation mit der Université Paul Sabatier in Toulouse entstanden, wo dieses Modell in ganz ähnlicher Form zur Beschreibung von Plasmadisplaypanels (PDP) eingesetzt wird, deren Gasentladung im gleichen Parameterbereich arbeitet. Weiterführende Literatur:
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