Partnerschaftsethik und Familienbilder von Katholikinnen und Katholiken

Antragsteller: Tobias Roth, Anna Roth
Projektbeteiligte: Sarah Delere
Fachbereich, Studienrichtung: Katholische Theologie, Politikwissenschaft
Projekttitel: Partnerschaftsethik und Familienbilder von Katholikinnen und Katholiken - Eine interkulturell-komparative Studie zum Verhältnis von kirchlicher Lehre, gelebter Praxis und sozialisatorischen Parametern.
Fördersumme: 4.460 €
Kontakt:  Tobias Roth

Projektbeschreibung:

In dem im Juni 2014 vorgelegten Antrag auf Förderung von Forschungsprojekten Studierender durch das safir-Programm der WWU wurden von uns für das Projekt „Partnerschaftsethik und Familienbilder von Katholikinnen und Katholiken - Eine interkulturell-komparative Studie zum Verhältnis von kirchlicher Lehre, gelebter Praxis und sozialisatorischen Parametern“ folgende Ziele definiert:

  1. In dem einmaligen Zeitfenster vor der Weltbischofssynode, die im Oktober 2015 stattgefunden hat, einen relevanten Beitrag zum aktuellen Diskurs zu Ehe- und Familienthemen im katholischen Kontext zu leisten.
  2. Durch das innovative Methodenkonzept Wege interdisziplinärer Arbeit in der Forschung sowohl in Selbsterfahrung auszuprobieren als auch das große Potential dieser Interdisziplinarität insgesamt aufzuzeigen.
  3. Den Beitrag zum Diskurs sowohl in kirchlichen wie auch in säkularen Bereichen öffentlichkeitswirksam zu machen und somit auch dem Anliegen nachzugehen, für Stimmen, die sonst im Diskurs kein Gehör finden würden, als Sprachrohr zu fungieren.
  4. Eigene Kompetenzen und Wissen im Bereich empirischer Forschung auszubauen und ein komplexes Projekt von der Idee bis zum Abschluss durchzuführen.

Im Folgenden soll nun reflektiert werden, inwieweit diese Ziele erreicht wurden.
Mit einem Rücklauf von insgesamt 12.400 Fragebögen, von denen 10.733 nach Aufbereitung des Datensatzes in die Auswertung eingegangen sind, wurden deutlich mehr Teilnehmende erreicht als vorher erwartet. Der erwartete Wert lag bei einigen hundert ausgefüllten Fragebögen. Zu Beginn des Projekts wurde selbst diese Rücklaufzahl von SozialforscherInnen als zu optimistisch kritisiert, da eine große Umfrage ohne die entsprechenden finanziellen Ressourcen nicht möglich schien. Mit dem durch die Gelder der safir-Forschungsförderung in sieben Sprachen übersetzten Fragebogen machten wir uns dennoch auf den Weg. Vielerorts war die Rückmeldung der Teilnehmenden sehr positiv: zum einen wurde unser Anliegen, Stimmen von KatholikInnen in Vorbereitung auf die Synode hörbar zu machen, nahezu ohne Ausnahme unterstützt, zum anderen bewerteten Teilnehmende den Fragebogen als sehr gut verständlich, vom Umfang her händelbar, nicht tendenziös und inhaltlich sehr umfassend. Dieses Feedback und die positiven Reaktionen ermutigten uns und unsere Kooperationspartnerin Sarah Delere, den Fragebogen nach der Erhebungsphase mit Papierfragebögen in 15 Ländern auch online zur Verfügung zu stellen. Trotz eingeschränkter finanzieller Mittel, einem ambitionierten Zeitplan, parallelem Studium an ausländischen Universitäten und dem Nicht-Vorliegen von Adresssätzen konnten wir insgesamt über 12.000 Teilnehmende aus 42 Ländern erreichen. Kompetenzen wie die online-Programmierung des Fragebogens haben wir uns autodidaktisch angeeignet. Die Konzeptionsphase des Fragebogens war ein aufwendiger Prozess, in dem wir unsere Ideen mit mehr als zehn ProfessorInnen verschiedener Disziplinen und dem Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften gesis besprachen. So konnten wir im Bereich empirischer Sozialforschung, interkultureller Kommunikation und weltkirchlicher Erfahrung einen enormen Lernzuwachs verzeichnen, der in dieser Form im „normalen“ universitären Kontext wohl nicht hätte erreicht werden können. Das in der Auflistung oben als viertes aufgeführte Ziel ist damit mehr als zufriedenstellend erreicht. Dies verweist auch schon auf das zweite definierte Ziel. Wir konnten in Selbsterfahrung die Vorteile und Schwierigkeiten interdisziplinärer Arbeit erkennen: Zum einen sind wir nun in beiden Disziplinen sprachfähig und können sowohl TheologInnen als auch SozialwissenschaftlerInnen das Anliegen und die Ergebnisse unserer Studie eingängig darstellen. Auch bei An- und Nachfragen während der Erhebungs- und Auswertungsphase haben wir gemerkt, wie wichtig es ist, in wechselseitiger Ergänzung Know-How beider Disziplinen zu nutzen: So konnten wir sowohl auf methodische Nachfragen zum Fragebogen als auch auf inhaltliche, theologische Anfragen überzeugend antworten und dabei unsere Rolle als deskriptive ForscherInnen wahren. Dass wir mit der Studie auch grundsätzlich das Potential dieses Ansatzes aufzeigen konnten, zeigen nicht zuletzt der hohe Rücklauf sowie die breite öffentliche, kirchliche sowie wissenschaftliche Rezeption der Ergebnisse. Dankbar sind wir zudem für die Unterstützung von vielen Einzelpersonen, Verbänden und Organisationen, die den Link zur Umfrage weitergeleitet und um Teilnahme geworben haben. Ohne diese Unterstützung für unser Anliegen hätte es eine Umfrage dieser Größenordnung nicht geben können.

Nach einer arbeitsintensiven Auswertungsphase veröffentlichten wir am 19.08.2015 einen zwölfseitigen Artikel mit ersten Ergebnissen in unserem Wunschmedium „Stimmen der Zeit“, einem der renommiertesten deutschsprachigen theologischen Fachjournals. Da es nicht üblich ist, dass Studierende in diesem Medium publizieren, haben wir uns über die Anerkennung unserer Arbeit durch die Zusage von zwölf Seiten in der Septemberausgabe 2015 sehr gefreut. Bereits während der Erhebungs- und Auswertungsphase war das öffentliche Interesse geweckt und einige Artikel erschienen, zunächst vor allem in regionalen und kirchlichen Medien. Mit der anstehenden Veröffentlichung und der näher rückenden Weltbischofssynode wuchs das Medieninteresse mehr und mehr. Das Interesse wirksam umzusetzen gelang uns nicht zuletzt auch aufgrund der Unterstützung durch die Pressestelle der WWU. Die Zusammenarbeit mit Herrn Robers und Frau Albrecht lief äußerst zufriedenstellend. Die Pressekonferenz in Berlin und die anschließende Berichterstattung war der Kulminationspunkt der Öffentlichkeitswirksamkeit: Artikel in der ZEIT, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, auf dem Titelblatt der Süddeutschen Zeitung, und Beiträge in der Tagesschau/ den Tagesthemen der ARD, der Sendung sonntags des ZDF und des mehrsprachigen Senders Deutsche Welle sowie eine multimediale Reportage von Radio Vatikan und weitere ausführliche Beiträge in internationalen Medien bspw. im National Catholic Reporter (USA) seien hier beispielhaft genannt. Die Ergebnisse unserer Studie fanden Gehör in kirchlichen und in säkularen Medien und erreichten somit eine breite Öffentlichkeit. Neben diesem breiten öffentlichen Interesse zeigte sich auch fach- und kirchenintern großes, weitergehendes Interesse. So hielten wir beispielsweise Vorträge an der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU, bei kirchlichen Verbänden, im Dekanat des Bistums Paderborn und am Katholisch-Theologischen Forschungskolleg in Erfurt als Beitrag zur Tagung „Zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Theologische Anfragen an das kirchliche Leitbild von Ehe und Familie“.

Um wirklich als Sprachrohr für die Stimmen zu fungieren, war der direkte Kontakt zur Amtskirche und damit die Einspeisung der Daten in den Vorbereitungsprozess der Synode von Anfang an ein wichtiges Anliegen. Im August nahm sich Bischof Bode, der als deutscher Gesandter gemeinsam mit Kardinal Marx und Bischof Koch an der Synode teilnahm, knapp zwei Stunden Zeit, um mit uns die Ergebnisse der Studie durchzusprechen. Am Ende des Gesprächs stand die Versicherung, dass er diese nach Rom tragen würde. Darüber hinaus gelang es uns bereits während der Auswertungsphase in Rom, vertieften Kontakt zu einem Mitarbeiter der Glaubenskongregation aufzunehmen, der für Ehe- und Familienfragen zuständig ist. Auf dem nach der Pressekonferenz stattfindenden Empfang für in der Katholischen Akademie Berlin versicherte der päpstliche Nuntius in Berlin, dass die Ergebnisse dem Papst vorgelegt werden. Den Empfang veranstalteten wir im Anschluss an die Pressekonferenz in der Katholischen Akademie Berlin, um Personen aus Wissenschaft und Kirche die Studie vorzustellen. Außerdem standen wir in persönlichem E-Mailkontakt u.a. mit Kardinal Kasper und reichten die Ergebnisse im Vorbereitungssekretariat der Synode ein.

Wir hoffen, dass das Projekt auch einen Impuls dafür gesetzt hat, mittel- und langfristig mit empirischen Methoden in der Theologie zu arbeiten. Nach Veröffentlichung erster Ergebnisse haben sich bereits mehrere WissenschaftlerInnen an uns gewandt, die eine weitere Arbeit mit dem sehr umfangreichen Datensatz unterstützen möchten. Wir werden eruieren, welche Möglichkeiten sich aus dem Projekt ergeben werden. Von der Herbert-Haag-Stiftung (Schweiz) werden wir im März 2016 einen mit 6000€ dotierten Anerkennungspreis erhalten.

Wir sehen unsere Ziele mehr als erreicht und sind immer noch überwältigt davon, welche Dynamik das Projekt angenommen hat. Noch vor zwei Jahren gab es lediglich die Idee, heute können wir durchaus sagen, einen relevanten Beitrag sowohl zum Fachdiskurs als auch zur Synodenvorbereitung geleistet zu haben. Hierzu war die finanzielle Unterstützung der WWU im Rahmen des safir-Programms außerordentlich wichtig, da professionelle Übersetzungen des Fragebogens die notwendige Grundlage unserer Arbeit waren. Da es sich um ein Forschungsprojekt Studierender (und nicht Promovierender oder Post-Docs) handelt, standen keine weiteren finanziellen projektbezogenen Unterstützungsprogramme zur Verfügung. Wir sind daher äußerst dankbar für das Vorschuss-Vertrauen und die Unterstützung und werden vermutlich erst mit etwas mehr Abstand überblicken können, wie weit uns dieses Projekt fachlich wie auch persönlich gebracht hat.