Ideen raus aus der Schublade!

„Wer gründen will, kann gar nicht früh genug zu uns kommen“, betont Christin Menke. Aber auch wer bereits einen ausgearbeiteten Businessplan in der Tasche hat, ist in der ehemaligen Landesbank an der Geiststraße willkommen, im „REACH - EUREGIO Start-up Center“ der Universität Münster. Seit 2020 zählt Christin Menke zum Coaching-Team des REACH und berät angehende Unternehmerinnen und Unternehmer, vom Studierenden bis zum Professor. Diesen Weg hätte sie sich während ihres Sportstudiums in Bielefeld und Köln nicht träumen lassen. „Obwohl aus meinem Masterstudiengang mit 20 Leuten immerhin zwei Gründungen hervorgegangen sind, hatte ich mich mit dem Thema noch nicht befasst. Daran bin ich wirklich durch Zufall gekommen.“

Zunächst arbeitete Christin Menke also als Angestellte, bei einem bayerischen Fahrradhersteller in der Entwicklung. Später wechselte sie zu einem Dienstleister, der sich um Zulassungen von Produkten in der Pharma- und Medizintechnik kümmert. Als ihr dortiger Chef sie fragte, ob sie bei dessen Start-up dabei sein möchte, sagte sie zu. „Wir waren zu viert und naiv“, blickt die 33-Jährige zurück.  „Als einer unserer ersten Kunden Interesse äußerte und um die Zusendung des Vertrags bat, musste ich erstmal herausfinden, was er meint.“ Das Schriftstück, ein Standard in der Branche, hätten sie rasch mit viel Mühe aufgesetzt. „Ohnehin mussten Dinge erledigt werden, mit denen wir vorher keine Berührungspunkte hatten. Die Unterstützung, wie sie das REACH bietet, hätten wir damals gut brauchen können“, betont sie. „Letztlich hat es nicht geklappt. Aber ich habe in den zwei Jahren viel gelernt, gerade aus den Fehlern.“

Ihre Erfahrungen gibt Christin Menke nun an andere weiter. Etwa bei dem ersten Start-up, das sie selbst betreut hat: Das Unternehmen „Truion“, damals noch „CatSper“, hat einen Test entwickelt, der erkennt, wenn Männer auf natürlichem Wege keine Kinder haben können. „Ein solcher Test erspart Paaren mit Kinderwunsch viele Enttäuschungen“, ist Christin Menke überzeugt. Mehrere Jahre Forschung steckten bereits in der Idee, als sich die Gründer damit an das REACH wandten. Es sei spannend, das Start-up auf seinem Weg zu begleiten. „Das Produkt wird mittlerweile bereits seit circa einem halben Jahr verkauft. Kliniken können den Test in jedem üblichen Labor durchführen.“

Im REACH landen mitunter Ideen, die auch eine Coachin überraschen. So entwickelt das Start-up „Ambient Sphere“ beispielsweise Hintergrundmusik für so genannte „Pen and Paper“-Rollenspiele. „Ich wusste vorher gar nicht, dass es einen Markt für so etwas gibt. Aber dahinter steckt tatsächlich eine große Community“, sagt Christin Menke, während sie an einem Tisch auf der sogenannten „Fläche“ sitzt, dem weitläufigen Eingangsbereich des REACH, der mit flexiblen Stühlen, Tischen und Whiteboards ausgestattet ist. „Dass sich hier alle begegnen, ist genial, weil im Austausch mehr Ideen entstehen als alleine.“ Eine der Ideen aus jüngster Zeit ist hier ebenfalls gut sichtbar: Auf den Tischen stehen bunte Vasen aus recyceltem Altkunststoff.

Um das Gründen an allen Fachbereichen als Thema noch präsenter zu machen, brauche das REACH einen langen Atem. „Zu Beginn haben wir noch von den vorigen Strukturen profitiert: Erfolgreiche Start-ups wie Pixel Photonics und E-Lyte wurden bereits von der Arbeitsstelle Forschungstransfer der Universität begleitet und mit auf den Weg gebracht. Das Wissen und die Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen sind nun sehr hilfreich.“ Die aktuellen Zahlen belegen, dass Hackathons, Workshops, das Inkubator-Programm und andere Formate tatsächlich verstärkt zum Gründen ermuntern. So hat sich die Universität Münster laut Gründungsradar unter den großen Hochschulen von Platz 41 (2020) auf Platz 14 vorgearbeitet. Aus dem REACH, das mit der Universität Twente im niederländischen Enschede sowie der FH Münster kooperiert, sind seit 2019 bereits 80 Start-ups hervorgegangen. Im Moment betreut das Coaching-Team 159 weitere Gründungsvorhaben. Christin Menke ist von den Produkten „ihrer“ Start-ups begeistert, aber ihre Motivation zieht sie vor allem aus einer Überzeugung: Gute Ideen, von denen es an einer Universität reichlich gibt, sollten nicht in der Schublade verschwinden. Zudem empfiehlt sie Studierenden, das Gründen als eine mögliche Karriereoption in Betracht zu ziehen. „Man muss ja nicht gleich der nächste Elon Musk werden.“

Brigitte Heeke

Dieser Beitrag stammt aus der Broschüre „Zwölf Monate, zwölf Menschen“, erschienen im Februar 2024.

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