Eine junge Frau in einem grünen Pullover verschränkt die Arme.
Carla Reemtsma studierte „Politik und Wirtschaft“. Als größte Inspiration für ihre Arbeit nennt sie Greta Thunbergs Rede auf der Klimakonferenz 2018 in Kattowitz.
© Gene Glover

Nach der Uni zur Demo

Alumna Carla Reemtsma begann in ihrem Studium, Klimastreiks zu organisieren

Der Studienabschluss von Carla Reemtsma ist keine fünf Jahre her, den Inhalt ihrer Bachelorarbeit hat sie noch genau im Kopf. „Ich habe die Frage gestellt, wie knappe, aber öffentlich zugängliche Ressourcen wie Wälder oder Fischbestände über mehrere Generationen verteilt werden können“, erinnert sich die 26-Jährige. Auch außerhalb ihrer universitären Laufbahn beschäftigt sie sich mit sozialen Themen. Die Alumna der Universität Münster ist eine wichtige Akteurin bei „Fridays for Future“. Seit 2018 ruft die internationale Bewegung zu Demonstrationen für den Kampf gegen die Klimakrise auf.

Carla Reemtsma studierte an der Universität Münster „Politik und Wirtschaft“: In diesem Studiengang werden die Politik- und die Wirtschaftswissenschaft als eng verbundene Nachbardisziplinen gelehrt. Genau diese Kombination hatte die gebürtige Berlinerin besonders gereizt. „In Großbritannien ist das Fach ‚Politics, Philosophy and Economics‘ weit verbreitet, in Deutschland findet sich eine solche Kombination selten“, sagt sie. „Darum war ich froh, in Münster eine Möglichkeit zu finden, beide Disziplinen miteinander zu verbinden.“

Für das Studium zog sie aus der Millionenstadt in die Westfalenmetropole. „Berlin ist toll, aber nach meinem Schulabschluss hatte ich Lust, das Studierendenleben kennenzulernen“, betont sie. „Münster war für mich ein Ort, in dem die Wege kurz sind, alles zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar ist und an dem es eine engagierte und interessierte Studierendenschaft gibt.“ Auch Carla Reemtsma engagierte sich auf viele verschiedene Weisen während ihrer Zeit in Münster – als Trainerin und Kampfrichterin im Turnverein, in der Fachschaft und bei der Studierendenzeitschrift „Semesterspiegel“, bei der sie sich zeitweise mit einer weiteren Person die Chefredaktion teilte. „Wir haben zu dieser Zeit versucht, das Konzept zu verändern. Die Redaktion sollte für alle Interessierten geöffnet und somit interaktiver gestaltet werden“, erzählt sie. Auch heute verfolgt sie die Arbeit der Zeitschrift in den sozialen Medien.

Als Tochter eines Juristen und einer Kauffrau wuchs die Aktivistin in der Hauptstadt auf und entwickelte schon zu Schulzeiten ein Interesse für die Zusammenhänge in der Welt. „In der Schule hatten wir keinen Wirtschaftsunterricht. Aber mir war immer klar, dass die Zusammenhänge von Politik und Ökonomie immens sind“, meint die Alumna. In ihrem Elternhaus war Politik zwar nicht allgegenwärtig, aber ihre Großmutter Dagmar hat ihr Leben dem Aktivismus verschrieben und setzt sich bereits seit langer Zeit für Themen wie Gerechtigkeit, Umwelt und Frieden ein. Carla Reemtsma war dreizehn Jahre alt, als sie zum ersten Mal an einer Demo teilnahm, damals als Reaktion auf die Nuklearkatastrophe von Fukushima.

Auch gegen das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) ging sie auf die Straße und engagierte sich während ihres Studiums beim Bündnis „Fossil Free Münster“, das gegen Investitionen im klimaschädlichen Kohle-, Öl- und Gassektor protestierte. Im Jahr 2018, mitten in ihrem Studium, begann sie, die münstersche Gruppe der „Fridays for Future“-Bewegung mit aufzubauen. Sie kümmerte sich um die Organisation, Anmeldung und Kommunikation von Demos und Streiks. „Klimaaktivismus war nicht neu in Münster, aber bei bisherigen Demos traf ich manchmal nur drei Personen“, erinnert sie sich. Aus diesem Grund entschloss sie sich, aktiv zu werden – eine Entscheidung, die sie heute als einen wichtigen Teil des Studienlebens ansieht. „Ich habe die Möglichkeit genossen, nicht nur die Theorie zu lesen, sondern mich von Gesprächen und selbst organisierten Veranstaltungen inspirieren zu lassen.“

Wenn sie nicht gerade in der Universität war oder auf der Straße demonstrierte, lernte Carla Reemtsma das WG-Leben in verschiedenen Vierteln Münsters kennen. Sie wohnte im Südviertel, in der Innenstadt oder im Kreuzviertel und wechselte die WG auch manchmal unfreiwillig. Eine ihrer Wohnungen musste sie wegen eines Wasserschadens verlassen. Positive Erinnerungen hat sie insbesondere an die warmen Tage im Münsterland. „Ich war im Sommer gerne am Aasee, habe lange Spaziergänge am Kanal unternommen oder nette Cafés besucht.“

Mittlerweile wohnt Carla Reemtsma wieder in Berlin und arbeitet in einer kleinen Organisation, die sich um Klima- und Sozialkommunikation kümmert. Für „Fridays for Future“ ist sie auch in der Hauptstadt noch tätig. Sie plant und veranstaltet Demos und Kampagnen der Ortsgruppe, malt Banner oder vertritt die Organisation bei Medienauftritten von „Hart aber fair“ bis „ZDF Magazin Royale“. Als Sprecherin sieht sie sich allerdings nicht. „Wir sind ein großes Team, das sich ehrenamtlich in seiner Freizeit für den Klimaschutz einsetzt. Wer eine Einladung in ein öffentliches Format wahrnimmt, wird häufig gemeinsam entschieden.“

Wie sieht das Leben von Carla Reemtsma in Zukunft aus? „Ich werde noch einmal studieren“, sagt sie. „Aber wohin mich der Weg letztendlich führen wird, weiß ich noch nicht.“

Autor: Tim Zemlicka

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 2, 2. April 2025.

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