Rector chain of the University of Münster
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Wilhelm II. und die Insignien der Universität Münster

Bei offiziellen Anlässen tragen die Rektor:innen der WWU eine Amtskette. Häufig tragen sie auch einen bestickten Talar, aber nur die Kette ist offizielles Würdezeichen ihres Amts. Die Kette ist vergleichsweise schlicht gehalten. Sie besteht aus einer vergoldeten Ankerkette, an der eine ebenfalls vergoldete Medaille hängt. Rechts und links der Medaille sind zwei weitere, rein dekorative Kettenstränge montiert und geben dem Ensemble eine festlichere Prägung. Der Materialwert der Kette ist gering. Für die Universität ist sie aber unschätzbar, denn ihre Geschichte geht bis in das Jahr 1832 zurück. Man kann sie also zu Recht als ein Stück lebendiger oder materieller Tradition der Universität bezeichnen – nicht zuletzt deshalb, weil sie immer in gebrauch war, ist die Vergoldung an vielen Stellen bereits abgerieben.

1832 gab es in Münster allerdings keine Universität mehr – diese war 1818 von der preußischen Regierung aufgehoben worden. Verblieben war eine Zwei-Fakultäten-Akademie aus Theologischer und die Philosophischer Fakultät, und diese erhielt 1832 neue Statuten, in denen ihre Zusammensetzung und Aufgaben geregelt wurden. In § 10 heißt es dort: „Er [der Rektor] hat den Titel: Magnificenz und trägt als Abzeichen eine goldene Kette mit Unserem Bildnisse.“

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Die Statuten tragen die Unterschrift des damaligen preußischen Königs Friedrich Wilhelm III., entsprechend zeigt die Medaille an der Rektorkette auf der Vorderseite sein Profilbild mit der Umschrift „FRIDERICVS GVILELMVS III BORVSSIAE REX“ [Friedrich Wilhelm III. Preußischer König] und auf der Rückseite die Inschrift „ACADEMIA MONASTERIENSI CONSECRATA A.D. MDCCCXXXII“ [Akademie Münster gegründet 1832]. In Berlin wurde also 1832 als Gründungsjahr der Akademie gesehen, insofern war es folgerichtig, dass Friedrich Wilhelm III. in der Rolle des Gründers auf der Medaille zu sehen ist.

Als 1902 die Akademie wieder zur Universität erhoben wurde, entstand in Münster nicht nur der Wunsch, der Kaiser möge der Universität seinen Namen verleihen, sondern auch der Wunsch nach einer neuen Medaille für die Amtskette des Rektors. Im August 1902 schickten die Universität und auch der Oberpräsident der Provinz Westfalen eine entsprechende Bitte nach Berlin. Offensichtlich kam von dort keine Antwort, denn die wiederholten ihre Bitte in den Jahren 1904, 1908 und 1910.

Erst am 28. Februar 1910 gab es eine Rückmeldung des Kultusministers. Dort heißt es: „Nach einer Mitteilung des Herrn Chefs des Geheimen Zivilkabinetts tragen seine Majestät der Kaiser und König Bedenken, zu genehmigen, dass die mit dem Bilde Königs Friedrich Wilhelm III. geschmückte Medaille an der alten Amtskette des Rektors der jetzigen Westfälischen Wilhelms-Universität sowie das mit dem gleichen Bilde versehene grosse Siegel durch eine Medaille und ein Siegel mit Allerhöchsten Bildnissen ersetzt werde. Seine Majestät legen vielmehr Wert darauf, dass diese Erinnerungszeichen an Allerhöchstihren Ahnherren der Universität auch nach der stattgehabten Neuordnung der Verhältnisse erhalten bleiben. […]“ Die Rektorkette wurde also nicht verändert und beim großen Universitätssiegel lediglich die bisherige Umschrift „Sigillum Acadmiae Regiae Monasteriensis“ durch „Westfälische Wilhelms-Universität zu Münster“ ersetzt (vgl. Chronik der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster für das Jahr 1910/11, S. 56).

Man kann diese Nachricht als Geste der Bescheidenheit in Anerkennung der Leistungen des wichtigen Vorfahren deuten, denn ein Jahr später, 1911, wird der Universität Breslau im Rahmen ihres 100-jährigen Universitätsjubiläums in Anwesenheit des Kronprinzen der Name Schlesische Friedrich-Wilhelms-Universität verliehen. Wie die Universitäten in Berlin (1810) und Bonn (1818) war sie von Friedrich Wilhelm III. gegründet worden, beide tragen/trugen ebenfalls seinen Namen.

Anders entschied Wilhelm II. allerdings im Fall der Technischen Hochschule Berlin. Diese war 1879 unter Wilhelm I. gegründet worden und ersuchte 1889 um die Verleihung einer Rektorkette. Nachdem dieser Antrag genehmigt worden war, wurde ein erster Entwurf mit einem Bildnis Wilhelms I. auf der Medaille erstellt. Wilhelm II. lehnte diesen Entwurf ab und forderte, dass die Medaille auch sein Bildnis tragen solle. Der Vorschlag, dieses auf der Rückseite der Medaille zu platzieren, fand ebenfalls keine Zustimmung. Wilhelm II. war erst zufrieden, als er gemeinsam mit seinem Großvater auf der Frontseite der Medaille dargestellt war.

Unabhängig davon, wie man diese Beobachtungen bewertet, ist festzuhalten, dass es im Fall Münster keinen erkennbaren sachlichen Grund für den großen zeitlichen Abstand zwischen der Namensverleihung und der Entscheidung über Rektorkette und Siegel gibt. So macht die Phase zwischen 1902 bzw. 1907 und 1910 den Eindruck eines Provisoriums. Angesichts des großen finanziellen Engagements der Stadt Münster und der Provinz Westfalen hätte man sich größere Klarheit und Entscheidungsfreude aus Berlin wünschen können.

Die Rektorkette ist seit 1832 unverändert und bis heute in Gebrauch. Das große Universitätssiegels hat dagegen seit 1902 mehrfach sein Aussehen verändert – eine Geschichte, die noch zu erforschen ist.
 

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Das heutige Universitätssiegel weist übrigens in die Gründungszeit der ersten Universität zurück, denn es zeigt die Madonna der Marien-Überwasserkirche. Zur Erinnerung: das Überwasserkloster, zu dem die Kirche gehörte, wurde 1773 aufgehoben und die Einnahmen aus dessen Grundbesitz zur Finanzierung der jungen Universität genutzt. Im Universitätssiegel wird diese Mariendarstellung derzeit erstmals auf dem Umschlag des Vorlesungsverzeichnisses für das Sommersemester 1950 greifbar, wo es bis zum Sommer 1989 ununterbrochen abgebildet wurde.

Quellen und Literatur:

GStA PK, I. HA Rep. 76 Kultusministerium, Va Nr. 10617, Blatt 10, 12, 24, 36, 38, 40, 64, 65, 67, 67a, 73.

Universitätsarchiv Münster, Bestand 4, Nr. 4, Blatt 4, 11, 21, 23.

Happ, Sabine: Die Universität Münster. Verfassungen und Rituale seit 1902. Münster 2015 (=NIKE Kunst und Geschichte der Universität Münster, Heft 1)

König, Wolfgang: Wilhelm und die Moderne. Der Kaiser und die technisch-industrielle Welt. Paderborn 2007, 111 – 136.