abgeschlossene Projekte am Fachbereich Philologie


Textkritische Übersetzung der Aufzeichnungen des Scheiterns und Grams (Qiongchou zhi) des Li Deyu (787–850)

Ziel des Projekts ist es, die Aufzeichnungen des Scheiterns und Grams (Qiongchou zhi 窮愁志) vollständig und erstmalig überhaupt in eine moderne Sprache zu übertragen. Die Aufzeichnungen sind ein Spätwerk des Literatenbeamten Li Deyu 李德裕 (787–850 n.Chr.), welche dieser in seiner „Verbannung“ im Süden Chinas, in den heutigen Provinzen Guangdong (Kanton) und Hainan verfasste. Nachdem er von 840 bis 846 unter Kaiser Wuzong 武宗 das Amt eines Tongping zhangshi 同平章事, in etwa das eines Kanzlers oder Premierministers, innehatte, war Li 846 von Wuzongs Nachfolger dorthin auf einen unbedeutenden Provinzposten degradiert worden. Li war involviert in die berüchtigte Huichang 會昌-Proskription des Buddhismus, die mutmaßlich schwerste Verfolgung als ausländisch geltender Religionen in der Geschichte Ostasien.
Die Aufzeichnungen sind eine Sammlung von 48 „Essays“ oder „Traktaten“ (lun ) in vier Kapiteln (juan ). Ihr Umfang beträgt ca. 17.500 Schriftzeichen/  monosyllabische Wörter, und ist damit dreimal so umfangreich wie Lao Zi 老子, Daodejing 道德經 (Tao Te king). Sie sind eingerahmt von einem Vorwort, das Li selbst verfasst hat, und einem Nachwort aus dem Jahre 1159. Früheste Erwähnung in seinem heutigen Umfang finden die Aufzeichnungen im Zhizhai shulu jieti 直齋書錄解題 des Chen Zhensun 陳振孫 (ca. 1183–1262) aus dem Jahr 1238.
Das Projekt basiert auf einer festlandchinesischen Edition aus den Jahren 1999/ 2000, die aufgrund unklarer textkritischer Standards mit einer Kollation des Lu Xinyuan 陸心源 (1834–1894), welche ihren Weg in die Seikado Bunko Library 静嘉堂文庫 in Tokyo fand, verglichen werden muss. Es liefert die erste kritische Übersetzung einer größeren, kohärenten Sammlung von Prosatexten aus der Tang -Zeit (618–907). Nach wie vor schlummern unzählige Einzeltexte und Textsammlungen unbearbeitet im überlieferten Schriftgut der 2000jährigen Geschichte des chinesischen Kaiserreichs.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Reinhard Emmerich
Institut für Sinologie und Ostasienkunde
Ansprechpartner:
Michael Höckelmann, M.A.
Exzellenzcluster „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und Moderne“
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Schlaunstraße 2–4
48143 Münster
mich.hoec@uni-muenster.de
+49-251-83-2983

Die Erstausgabe der „Concordantiae Caritatis“ des Ulrich von Lilienfeld
Ein hochbedeutendes Zeugnis spätmittelalterlicher klösterlicher Kultur und Frömmigkeit

Seit langem sind die bald nach 1351 entstandenen Concordantiae caritatis (CC) des Zisterziensers Ulrich von Lilienfeld als hervorragendes Zeugnis spätmittelalterlicher klösterlicher Kultur und Frömmigkeit bekannt. Im Feld der großen typologischen Text-Bild-Zyklen des Mittelalters (etwa der Bible moralisée, der Biblia Pauperum und dem Speculum humanae salvationis) bilden die CC seit der Mitte des 14. Jahrhunderts den markanten Höhepunkt und Abschluss.
Als das unter Aufsicht des Autors Ulrich entstandene ‘Urexemplar’ ist der Codex 151 von exzeptionellem Rang, Ausgangspunkt späterer Überlieferung und Grundlage der weiteren Erforschung. Inhaltlich ist die Schrift in ihrem Kern eine wohl für die Laienbrüder und Mönche des Stiftes gedachte, reich illustrierte Textsammlung zur Predigtvorbereitung und Meditation, die nach dem Zyklus des Kirchenjahres und der Heiligenfeste gegliedert ist. Diesen Kerntexten schließen sich weitere Kleintexte allegorisch-didaktischen Inhalts an, von denen einige (mit deutschem Text) Ulrich zuzuschreiben sind.
Der Gesamtzyklus war bisher unpubliziert. Nachdem eine lange geplante Edition des maßgeblichen Lilienfelder Codex 151 durch Herbert Douteil nicht zustandegekommen war, wurde sie gemeinschaftlich im Sonderforschungsbereich 496 (Projekt Prof. Dr. Dr. h.c. A. Angenendt) und im Germanistischen Institut, Abt. Literatur des Mittelalters (Prof. Dr. Volker Honemann und Dr. Rudolf Suntrup) für den Druck vorbereitet; die maßgebliche Handschrift konnte im engen Einvernehmen mit dem Autor nach eingehender redaktioneller Bearbeitung mit ganzseitigen Farbtafeln aller Bildseiten (ermöglicht durch einen Druckkostenzuschuss des Exzellenzclusters „Religion und Politik“) herausgegeben werden.
Die Edition umfasst den Text im Wortlaut des Codex 151, der durch eine synoptisch präsentierte Übersetzung sowie umfangreiche Apparate und Register erschlossen wird. Ergänzt wird sie durch zwei von Rudolf Suntrup neu verfasste Kapitel zur Edition sowie zur Einführung in das Werk. Als wissenschaftlich zuverlässig erarbeitete Lese- und Studienausgabe richtet sie sich gleichermaßen an Theologen, Philologen (germanistische Sprach- und Literaturwissenschaftler; Mittellateiner) und Kunsthistoriker wie an kulturell interessierte Laien.

Zum Autor:
P. Dr. Herbert Douteil CSSp (geb. 1935), hatte sich nach Jahren wissenschaftlicher Tätigkeit in Deutschland im Jahre 1979 entschlossen, in die Missionsarbeit nach Brasilien zu gehen, wo er am Oberlauf des Amazonas bis heute in vielerlei Funktionen einschließlich umfangreicher Arbeit in Katechese und Lehre, in Sozialprojekten und seit 2005 auch als Generalvikar der großen Diözese Cruzeiro do Sul (Acre) tätig ist (im Internet informiert er darüber regelmäßig und ausführlich: www.herbertdouteil.de).

veröffentlicht in:
Herbert Douteil: Die „Concordantiae Caritatis“ des Ulrich von Lilienfeld. Edition des Codex Campililiensis 151 (um 1355) und Übersetzung. Herausgegeben von Rudolf Suntrup, Arnold Angenendt und Volker Honemann. Mit Farbfaksimile der Illustrationen. Band 1: Einführungen, Text und Übersetzung. Band 2: Verzeichnisse, Quellenapparat, Register, Farbtafeln der Bildseiten der Handschrift. Großformat. Zus. 1298 S. Münster (Aschendorff) 2010.
€ 159,00. ISBN 978-3-402-12805-3.

Ansprechpartner:
Dr. Rudolf Suntrup
Germanistisches Institut, Abt. Literatur des Mittelalters
Hindenburgplatz 34
48143 Münster
Tel.: +49 251 83-24623
suntrup@uni-muenster.de