Nach all unseren Umfragen geht nichts über ein gedrucktes Lehrbuch: Nur jeder fünfte Medizinstudent könnte auf ein solches verzichten. So wundert es nicht, dass der Lehrbuchmarkt große Profite abwirft und heiß umkämpft ist. Die Verlage versuchen ihre Marktanteile durch ständige Lehrbuchoptimierung zu erhöhen. Das Buch wird bunter, die Schrift wird größer, die Seitenzahl höher, das Buch wird schwerer, das Buch wird aufgeteilt, es gibt Bücher für die Basics und Bücher für das Ganze, es gibt Bücher mit Bildern und Bücher ohne Bilder, usw. In vielen Punkten scheint jedoch das Ende der Optimierungs-Fahnenstange erreicht zu sein – Gewicht und Preis der Bücher stossen irgendwann an eine natürliche Grenze.
Wie könnte man Lehrbücher weiter verbessern? Sie sollen
a) leichter werden
b) interaktiv sein (Quiz, Kreuzen)
c) weniger kosten
d) durchsuchbar sein
e) personalisierbar sein
f) unterstreichbar sein und Notizen erlauben
Dies ist jedoch nur online/digital möglich. Verlage haben sich mit ihrer Lehrbuch-Optimierung deshalb nun auf das Internet/elektronische Versionen verlegt. Vorerst noch als Add-on zum Printbuch (Elsevier mit dem Plus im Web) aber zunehmend auch das Printbuch als Add-on zur App (Kittelcoach, auch wenn Thieme da jetzt einen Rückzieher gemacht hat): Eins ist sicher: Billiger wird es nicht. Der Leser hat also die Wahl – wenn er das nötige Kleingeld hat. Da Studenten das Portemonnaie näher ist als die Haptik, entscheidet er sich für die Bücher der Bibliothek: Ob online, ob print, ich liebe alle (die kostenlos) sind.
Diese Liebe der Studenten stößt nun auf zwei relativ neue Entwicklungen:
1. Lehrbuchsammlung goes digital
Die Charité Berlin, die Universität Freiburg und einige andere hoffen nun, dass E-Books eine Lösung für ihre Probleme sein könnten, die da heissen: Mehrere Standorte, schlechte Zugänglichkeit, eingeschränkte Öffnungszeiten, zu wenig Platz, kein Kreuzen möglich oder Einbettung von Vorlesungen. Sie denken daran statt (oder zusätzlich zu) gedruckten Büchern solche auf E-Book-Readern anzubieten.
2. Do-it-yourself textbook publishing (Link)
Dass es eine Alternative zu gedruckten Büchern gibt mit Namen „E-Book“, wissen wir schon seit zehn Jahren. Dass die Alternative „E-Book“ besser für das Lernen geeignet sein könnte als gedruckte Bücher, erleben wir aber erst seit wenigen Monaten – Stichwort interaktive, multimediale Lehrbücher á la iBooks. Letztere sind nur auf dem iPad zu lesen, stellen aber aufgrund ihrer innovativen Features einen Blick auf die Zukunft von Lehrbüchern dar.
Wenn Studenten das Kostenlose lieben, dann bedingt – logischerweise – das Angebot die Nachfrage. Wenn die Entwicklungen unter 1 und 2 so weitergehen, impliziert das die rasche Hinwendung zum elektronischen Buch mit oder ohne E-Book-Reader.
Ich weiß nicht, wieviel der Tornister eines Medizinstudenten wiegt. Ich weiß nur, dass es ihn nur 680 Gramm (einen iPad) kostet, um alle 250 elektronischen Lehrbücher der ZB Med immer dabei zu haben. Wir sprechen also eher von einem Handtäschen als von einem Tornister …
Gibt es die Thieme-Bücher jetzt auch ohne Flash? Wünschenswert wäre auch eine einheitliche Oberfläche aller ebooks der Bib.
Wie ist es denn auf einfachem Wege möglich alle e-Books der ZB Med auf das iPad zu bekommen? Vor allen Dingen eine offline-Nutzung ist ja wünschenswert.
@ Gunther: Es gibt Signale aus Stuttgart, dass Thieme bald ohne Flash kommen könnte. Eine gemeinsame Oberfläche wäre genial, aber wie bei den E-Journals haben wir es mit hunderten Verlagen zu tun, die alle ihr eigenes Süppchen kochen – leider.
@ RK: Unter OnlineBücher finden Sie alle E-Books mit Angabe der iPad-Kompatibilität. Unter IphoneIpadBooks habe ich mal was dazu geschrieben, wie mal E-Books auf das iPad bekommt.
Ich erhielt in diesen Tagen folgende Email:
Meine Antwort (gleichzeitig auch an Thieme):
Ich habe Ihre Email an Thieme weitergeleitet, aber noch nichts
gehört, was bestimmt an der Urlaubszeit liegt. Auch ich denke, dass sich Thieme mit geschlossenen Systemen a la Flash keinen Gefallen tut, und habe dies dort mehrfach zu bedenken gegeben. Dies gilt übrigens auch für andere Anbieter wie z.B. Elsevier.
Nach unserer iPad-Umfrage ist uns das Thema „Offline-Nutzung“ noch wichtiger und werden es auch in der Erwerbungspolitik ab 2013 stärker beachten.
Dass wir uns auch deutschlandweit fuer ein Umdenken in dieser Sache einsetzen, mag zum einen die Jahrestagung der Medizinbibliotheken belegen, die im September zu diesem Thema eine Aussage treffen wird.
Zum anderen möchte ich auf ein Treffen der Medizinbibliothek Mainz mit der Fachschaft Klinische Medizin verweisen, die zu folgenden Schlüssen gekommen sind:
Ich habe allerdings aus dem Haus Thieme positive Signale gehört (aber nicht von Elsevier) und würde mich freuen, wenn hier eine Abkehr von geschlossenen Systemen a la Flash stattfinden wuerde, und wenn die Offline-Nutzung verbessert würde.