Hauptvorträge
Transfer fachdidaktischer Ansätze – Entwicklungsforschung für unterschiedliche Implementationsstrategien (Prof. Dr. Susanne Prediger | Technische Universität Dortmund)
Aufgabe der Fachdidaktik ist nicht nur Forschung, Entwicklung und Lehre in der initialen Lehrkräftebildung, sondern auch Transfer in die Unterrichtspraxis. Doch praktizierende Lehrkräfte übernehmen fachdidaktische Ansätze nicht allein über Praxispublikationen, darüber hinaus bedarf es systematischer Fortbildung und materialer Unterstützung. Im Vortrag werden Implementationsstrategien des Deutschen Zentrums für Lehrerbildung Mathematik (DZLM) vorgestellt, mit denen dies in der Breite erreicht werden soll. Um fachbezogene Transferprozesse inhaltlich treffsicher zu gestalten, müssen die Implementationsstrategien selbst gegenstandsbezogen beforscht werden, auch das diesbezügliche DZLM-Forschungsprogramm wird vorgestellt und an einem Beispiel konkretisiert.
Transfer in der Sportpädagogik – vom Kernanliegen zur Bürde einer Disziplin!? (Prof. Dr. Michael Pfitzner | Universität Duisburg-Essen)
Sportpädagogische Forschung im Kontext des Schulsports ist – so die Annahme und das wissenschaftliche Selbstverständnis des Vortragenden - per se mit einem Transferanspruch verbunden. Es geht darum, Fragen der Praxis von Bildung und Erziehung im Zusammenhang von Bewegung, Spiel und Sport zu bereichern, Zielsetzungen zu prüfen und eingesetzte Methoden der Bildungs- und Erziehungsarbeit zu hinterfragen.
Koch (2011) äußert unter Bezugnahme auf Klafki, Henkel & Keuffer u. A. erhebliche Zweifel daran, dass empirische Forschung im pädagogischen Feld überhaupt auf eine erfolgreiche Umsetzung der Ergebnisse in der Praxis ausgerichtet ist, sondern vielmehr die Überprüfung von Bedingungskonstellationen in Wirkungsanalysen im Vordergrund stehen. Forschungsdesigns halten dann zwar empirisch analytischen Kriterien stand, geben allerdings kaum Antworten darauf, wie die Ergebnisse des Forschungsprozesses für die Praxis nutzbar gemacht werden können. Bisweilen vertreten die rezipierten Autor*innen die Auffassung, dass die Wissenschaft von vornherein nicht in Fragen von Innovation, didaktischer Konstruktion und Implementation verwickelt sein will. Der empirischen Schul- und Unterrichtsforschung wird aus dieser Perspektive wenig bis kein Einfluss auf die Schulwirklichkeit eingeräumt.
Vertreter*innen der Sportpädagogik haben wiederholt die in diesem Lichte transferhinderliche Wirkungsforschung eingefordert, da es der Sportpädagogik an dieser mangele. Ausgehend von diesen konflikthaften Konstellation wird es im Vortrag um Perspektiven für Transfererwartungen sportpädagogischer Forschung gehen.
Koch, B. (2011). Wie gelangen Innovationen in die Schule? Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung. Wiesbaden: VS, Verl. für Sozialwissenschaften.
Sportpädagogischer Transfer in außerschulische Praxisfelder: Was funktioniert wie und mit wem? (Prof. Dr. Alfred Richartz | Universität Hamburg und Prof. Dr. Miriam Kehne | Universität Paderborn)
Versteht man unter Transfer die Verbreitung und Anpassung wissenschaftlichen Wissens in fachlich einschlägige Anwendungsfelder mit dem Ziel, in erster Linie die Entscheidungen und Handlungen der Akteure in der Praxis zu beeinflussen, ergibt sich sofort, dass es sich hier um eine altehrwürdige, heftig diskutierte und seit längerem beforschte Problemstellung handelt: das Theorie-Praxis-Problem. Es liegt eine immense Fülle von Reflexionen und eine deutlich geringere Menge von einschlägigen Befunden vor. So erscheint wenig strittig, dass im Anwendungsfeld von Erziehung und Bildung das Problem besonders virulent ist.: Institutionen und Akteure sind hier besonders „transferträge“. Dies betrifft auch den außerschulischen Sport und noch einmal verstärkt die Sportpädagogik als Wissenschaftsdisziplin. Der Wissenstransfer hat sich hier insbesondere über praxisrelevante Fachtagungen und Publikationen in Praxiszeitschriften etabliert. Trotzdem besteht eine Kluft zwischen Wissenschaft und Praxis, so dass Erkenntnisse nur punktuell und nicht nachhaltig in den bewegungsbezogenen Handlungsfeldern ankommen. Als Transferakteure interessieren uns aus dem Wissensbestand der Sportpädagogik besonders die Bereiche des Beschreibungs- und Erklärungswissens sowie des Veränderungs- und Interventionswissens für die sportpädagogische Praxis. Entscheidet man sich für eine evidenzbasierte Transferstrategie, gilt es zunächst, evidenzbasierte Wissensbestände für Probleme des Praxisfeldes zu sichten und zu bewerten. Solche Zusammenfassungen des Forschungsstandes werden für die Feldakteure jedoch erst transparent, wenn sie adressatengerecht aufbereitet und präsentiert werden. Entscheidend für die Integration ins Anwendungsfeld ist, welche Relevanz die Akteure dem sportpädagogischen Wissensangebot zuschreiben und ob sie sich fähig fühlen, die erforderlichen Anpassungen an ihr Praxisfeld vor- bzw. anzunehmen. Hieraus wird deutlich, dass ein erfolgreicher Wissenstransfer nicht einseitig zu steuern ist, sondern einen engen Diskurs zwischen Wissenschaft und Praxis voraussetzt. Für eine evidenzbasierte professionelle Praxis ist es wichtig, auch die Fragen und Erwartungen der handelnden Akteure in Forschungsansätze aufzunehmen. Wirksamkeit für sportpädagogisches Handeln lässt sich dann erwarten, wenn die Akteure kompetent sind, das erworbene Wissen in der alltäglichen praktisch-pädagogischen Arbeit zu nutzen. Die Aufgabe für sportpädagogische Transferakteure erstreckt sich also auf sehr verschiedene Prozessstationen und kann nicht bei einer bloßen Diffusion von Wissensbeständen stehen bleiben.