Ende 2020 sollten die Kirchen geöffnet, aber Kulturstätten wie Theater geschlossen bleiben. War das fair? Unsere Antwort: Nein.
Art 2 (2) GG garantiert das Recht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit: Keine:r darf die Gesundheit Anderer für die eigene Glaubensausübung gefährden. Doch die Präsenz-Gottesdienste werden mit dem Recht auf freie Religionsausübung Art 4 (2) GG gerechtfertigt. Unser Tipp an die Theaterensembles: Nutzt die Lücke und versucht es doch wie ein polnisches Fitnessstudio, das sich im Oktober zur „Kirche des gesunden Körpers“ erklärte.
Dürfte es dem allmächtigen Schöpfer nicht egal sein, wo man den Geburtstag seines Sohnes feiert? Er, der in seiner Unfehlbarkeit das Virus geschaffen hat, müsste es doch begrüßen, wenn die Menschen ihm per Livestream huldigen, inbrünstig gesungenes „Ihr Kinderlein bleibet lieber zu Hause“ inklusive und die Hostie mit Kokostopping. Und überhaupt: Ist so ein Krippenspiel nicht auch eine Theateraufführung?
Reale Zusammenkünfte sind definitiv unvergleichlich. Fakt ist aber: Im Mai waren nur 12% der Bevölkerung für Vor-Ort-Gottesdienste und 39% sind konfessionslos. Eine nachvollziehbare Einschätzung liefert Florian Chefai vom Hans-Albert-Institut: „Für so manchen Atheisten mag […] eine […] Theaterinszenierung […] den gleichen [sinn- und identitätsstiftenden] Stellenwert besitzen wie der Weihnachtsgottesdienst für den […] Katholiken.“
Gottesdienste werden vielleicht erst seit 2020 per Internet, nicht aber per Fernsehen übertragen. Beten ist problemlos auch zu Hause möglich. Deshalb begrüßen wir, dass die meisten religiösen Einrichtungen das diesjährige Weihnachtsfest in Distanzformaten gefeiert haben. Frohe Weihnachten bzw. Wintersonnenwende nachträglich!
von Lisa Skutella und Falko Bartsch
Quellen:
Diese Stellungnahme haben für den Semesterspiegel Ausgabe #442 verfasst. Wer die Gegenposition der ESG nachlesen möchte, findet sie hier, sobald die entsprechende Ausgabe #442 online ist.