Sonderforschungsbereich 496: |
Thomasin von Zerklaere: 'Der Welsche Gast'
Übersicht über die Vorrede, die Bücher 1-3 und 9
|
Download als PDF:
Erläuterung | Vorrede | 1. Buch | 2. Buch | 3. Buch | 9.Buch |
Mit dem rund 15.000 Verse umfassenden Welschen Gast verfaßte der italienische Kleriker Thomasin von Zerklaere 1215/16 die erste deutschsprachige Summe höfisch relevanten Wissens. Die 24 erhaltenen Manuskripte und Fragmente aus dem 13. bis 15. Jahrhundert deuten darauf hin, daß dieses von Anfang an reich illustrierte didaktische Großwerk sich bis zum Ende des Mittelalters einer großen Beliebtheit erfreute. Als Autorität wird Thomasin noch um 1500 zitiert. Neben moraltheologischen, moralphilosophischen, kosmologischen, wissenschaftsgeschichtlichen, anthropologischen, das heißt die menschlichen Seelenkräfte, Sinne und körperlichen Vorzüge betreffenden Belehrungen sowie neben der Kritik zeitgenössischer politischer Ereignisse, widmet sich Thomasin auch und vor allem der Vermittlung von konkreten Verhaltensregeln für den höfischen Adel, die die von ihm propagierten sozialen Werte in Muster praktischen Handelns umsetzen und die das gesellschaftliche Zusammenleben seiner Zeit harmonisieren sollen.
Um einen besseren Einblick sowohl in die gesellschaftlichen Werte als auch in die aus ihnen resultierenden Handlungs- und Verhaltensanleitungen gewinnen zu können, wurde die vorliegende Inhaltsübersicht erstellt. Sie erlaubt es, die diesbezüglichen Aussagen Thomasins in den hierfür zentralen Büchern, das heißt in der Vorrede, den ersten drei und dem neunten der insgesamt zehn Bücher, ganzheitlich zu erfassen. Darüber hinaus gestattet die vorliegende Übersicht es, einen Einblick in die Tradition zu erlangen, in der diese Textpassagen stehen und die (auch) von ihnen ausgeht.
Die Erstellung eines derartigen Arbeitsinstruments ist - ungeachtet der ausführlichen, Inhaltswiedergabe mit Interpretation verbindenden Darstellung Ruffs und anderer älterer Untersuchungen - auch deshalb von Nutzen, weil der Welsche Gast nicht inhaltssystematisch angelegt ist, sondern Einzelaussagen bisweilen assoziativ aneinanderreiht und sie oft in unterschiedlicher Variation wiederholt (wobei es gelegentlich auch zu Widersprüchen kommt), was den Text hinsichtlich der Gesamtheit seiner Aussagen zu bestimmten Fragestellungen schwer überschaubar macht. Eine Interpretation ist aber nur möglich, wenn diese Aussagen kontextualisiert gebündelt und miteinander verglichen werden. Neben der chronologischen Lektüre bietet die elektronische Datenverarbeitung hier die Möglichkeit, über die Suchfunktion nach bestimmten Begriffen zu suchen und sich beispielsweise anzeigen zu lassen, welche Normen und Werte mit welchen Personengruppen in welchem Kontext und mit welchen Verhaltensanleitungen verbunden sind. Ferner sind der Gebrauch von Formen symbolischer Kommunikation, wie Allegorien, Metaphern, Gleichnissen, Exempla, Sprichwörtern u.ä. markiert. |
© 2005 Sonderforschungsbereich 496
|