Teilprojekt A10:
Symbolische Kommunikation in Herrschaftsverständnis und Herrschaftspraxis Kaiser Karls IV.
| Projektbeschreibung |
Karl IV. fand bei seinem Regierungsantritt – in Böhmen gleichermaßen wie im Deutschen Reich – eine schwierige Situation vor. Die materielle Basis der Königsherrschaft war zu weiten Teilen in die Hände des Adels gelangt und die zur Durchsetzung der eigenen Interessen notwendigen Kriegszüge ruinierten rasch die ohnehin begrenzten finanziellen Ressourcen. Dieser Situation begegnete der Luxemburger mit dem Versuch einer ‚Richtungsänderung‘, nämlich dem Versuch einer Umwidmung von kollektiven handlungsleitenden Vorstellungen der Adelsgesellschaft: Nicht mehr die Interessensdurchsetzung mittels Gewalt, die in Turnieren und Fehden ihren gesellschaftlich akzeptierten Ausdruck fand, sondern vielmehr die friedliche Beilegung der Konflikte auf dem Verhandlungswege oder vor Gericht sollte der maßgebliche Weg sein. Aufgrund seiner spezifischen Herrschaftskonzeption, die auf religiös fundierten Normen beruhte, war Karl IV. weit mehr als seine Vorgänger (und seine Nachfolger) darauf angewiesen, den ‚öffentlichen Raum‘ zu dominieren, um das eigene ‚Profil‘ als erfolgreiche Herrscheridentität zu etablieren. Deshalb sind die ungeheuren Anstrengungen, die Karl beim Ausbau seiner Residenzen vor allem in Prag, aber auch in Nürnberg, Lauf und Tangermünde unternahm, keinesfalls einem gesteigerten Repräsentationswillen zuzuschreiben, sondern entsprangen der Notwendigkeit, die eigene Rolle zeremoniell und symbolisch innerhalb der Gesellschaft zu verankern und mit allen zur Verfügung stehenden Medien – in Architektur und Skulptur, in Schrift und Bild oder auch in der Konzeption der von ihm gegründeten Prager Neustadt – überzeugend zu verdeutlichen.
Davon ausgehend werden im Teilprojekt A10
1. die kommunikativen Wege der Durchsetzung der von Karl IV. propagierten Normen untersucht. Um die für seine Herrschaft entscheidende Akzeptanz in der Laiengesellschaft zu erreichen, wandte Karl IV. verschiedene integrative Strategien an, wie bzw. die Rechtskonstruktion der Corona Regni Bohemiae (mit der Inkorporation der böhmischen Länder 1348), die in Verbindung mit der hl. Wenzelskrone zu einer Überhöhung und Abstraktion des Reichsbegriffs führte und eine lange Wirkungskraft entfaltete. Insbesondere nutzte der Luxemburgerkaiser aber den Reliquienkult, geistliche Stiftungen und die damit verbundenen Stellenbesetzungsrechte, um den Adel in seine politischen Ziele einzubinden. Der Heiligenkult ermöglichte Karl zudem, seine Vorstellungen von ‚richtiger‘ Herrschaft mittels autoritativer Vorbilder (wie etwa des hl. Wenzels) durchzusetzen. Für die Durchsetzung seiner Norm- und Wertvorstellungen boten sich zeremonielle und symbolisch-rituelle Formen in besonderer Weise an, die der Komplexität seines sinnstiftenden Ideals am besten gerecht wurden.
2. die Rezeption dieser Strategien insbesondere seitens des böhmischen, aber auch des deutschen Adels in den Blick genommen. Die ermöglicht Aufschlüsse darüber, inwieweit Karl IV. seine intendierte Vorbildfunktion durchsetzen konnte. Interessant ist in dieser Hinsicht z.B., wer aus dem Adel sich an den Stiftungen des Herrschers beteiligte oder königliches Stiftungsverhalten imitierte. Das Aufgreifen karolinischer Handlungsmaximen wird in den Quellen explizit als ein „Folgen der Fußstapfen (vestigia) Karls IV.“ thematisiert. Wo aber lagen die Grenzen dieser Politik? Wer ging also in bewusste Distanz zum karolinischen Hof oder suchte in einer Adelsopposition Gegenmodelle zur Geltung zu bringen? Ein bekanntes und zugleich aufschlussreiches Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Ablehnung der Maiestas Carolina durch den böhmischen Adel, der sich gegen eine schriftliche Fixierung des Rechtes zur Wehr setzte, die gleichzeitig ein stärker hierarchisch akzentuiertes Verhältnis von Adel und Königtum festgeschrieben hätte.
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