Teilprojekt 400
TP 400 - Treibhausgasflüsse
Einführung - Ziele - Methoden - Ergebnisse und Materialien
Einführung
Die Übergangszone zwischen der Steppe und der nördlichen Waldzone in Westsibierien spielt eine bedeutende Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf. Aufgrund von Veränderungen der klimatischen und sozio-ökonomischen Bedingungen sind in diesen Regionen eine Ausdehnung der Landwirtschaft und fundamentale Landnutzungsänderungen zu erwarten. Solche Veränderungen haben einen entscheidenden Einfluss auf den Haushalt der beiden wichtigsten langlebigen Treibhausgase Kohlenstoffdioxid und Methan.
Ziele
Messturm im Haferfeld.
(Foto: E. Fleischer)
Ziel dieses Subprojects ist es, die Flüsse der Treibhausgase Wasserdampf, Kohlenstoffdioxid und Methan zwischen Oberflächen verschiedener Landnutzung und der Atmosphäre zu quantifizieren und zu analysieren. Die Prozesse und Bedingungen, die diese Flüsse antreiben, und der potentielle Beitrag zur globalen Erwärmung werden erforscht und abgeschätzt. Außerdem werden Feedback-Mechanismen zwischen den Treibhausgas-Flüssen einerseits und dem Klima- und dem Landnutzungswandel andererseits identifiziert. Auf Grundlage der erhaltenen Ergebnisse werden Richtlinien erarbeitet, wie während des Landnutzungswandels die Emissionen von Treibhausgasen minimiert und die Speicherung von Kohlenstoff maximiert werden können.
Methoden
Der turbulente Austausch der Treibhausgase zwischen den Oberflächen und der atmosphärischen Grenzschicht werden mithilfe der Eddy-Kovarianz-Methode direkt gemessen. Die Messungen umfassen die Quantifizierung von Wasserdampf-, Kohlenstoffdioxid- und Methanflüssen, aber auch die Bestimmung der Energiebilanz.
Eine Eddy-Kovarianz-Station wurde von Mitte Juli bis Ende September 2012 über einem seit einigen Jahren ungenutzten Grasland nahe der Stadt Tyumen betrieben. Nach der Schneeschmelze weist das Grasland normalerweise sehr feuchte Bodenbedingungen auf und trocknet im Laufe des Jahres nach und nach aus. Allerdings war der Boden im Sommer 2012 aufgrund eines vorausgegangenen schneearmen Winters bereits extrem trocken. Mitte September wurde das Grasland um die Station herum gepflügt um es für landwirtschaftliche Nahrungsmittelproduktion vorzubereiten.
Seit Ende März bis voraussichtlich Anfang November diesen Jahres, 2013, werden gleichzeitig zwei solcher Stationen auf benachbart gelegenen Untersuchungsgebieten, einer natürlichen Moorfläche und einem Haferfeld, betrieben. Dieses Setup ermöglicht einen direkten Vergleich des Einflusses der beiden unterschiedlichen Landnutzungstypen auf die Treibhausgasflüsse. Die ausgewählten Untersuchungsgebiete sind repräsentativ für die Region, sodass die gewonnen Daten für Upscaling und die Entwicklung von Zukunftsszenarien herangezogen werden können.
Außerdem wurden alle verfügbaren meteorologischen Daten der Region zusammen gestellt und aufgearbeitet, um ein detailliertes Bild der regionalen Variabilität klimatischer Bedingungen zu erhalten. Mit dem Ziel, die Intensität und Häufigkeit klimatischer Extreme als Folge der globalen Erwärmung in der Region zu untersuchen, wurden auf Basis beobachteter und projizierter Klimadaten Indikatoren berechnet.
Aufbau einer Messstation im Schnee. (Foto: E. Fleischer)
Ergebnisse und Materialien
Landnutzungswandel und seine Auswirkungen auf Treibhausgasflüsse
2012 – Effekt eines Graslandumbruchs auf Treibhausgasflüsse
Die Wasserdampfflüsse zeigten einen deutlichen Tagesgang mit einer intensiven Evapotranspiration vom Untergrund in die Atmosphäre tagsüber und kleinen Depositionsflüssen nachts. (Trotz des sehr geringen Wassergehalts im Boden aufgrund extremer Trockenheit im Jahr 2012 führte eine Bodenbefeuchtung während regnerischer Tage nicht zu einer Erhöhung der Wasserdampfemissionen. Der Grund dafür kann in den mit Regen einhergehenden höheren relativen Luftfeuchten gesehen werden.) Ein Effekt des Pflügens konnte nicht festgestellt werden. Kleinere Flüsse nach dem Pflügen sind eher den durchschnittlich höheren relativen Luftfeuchten in dieser Phase zuzuschreiben.
Die CO2-Flüsse wiesen ebenfalls einen Tagesgang, wobei aufgrund der Photosynthese tagsüber überwiegend negative Werte festgestellt wurden und nachts als Folge der Respiration positive. Pflügen resultierte in durchweg positiven Flüssen sowohl nachts als auch tagsüber, weil keine Photosynthese mehr stattfinden konnte. Während der gesamten Messperiode ergab sich eine positive CO2-Balance, die allerdings in der Periode vor dem Pflügen nur leicht positiv war und danach um ein Vielfaches größer wurde.
Die CH4-Flüsse waren sehr klein über dem trockenen Boden und fluktuierten um Null. Folglich konnte das Grasland weder eindeutig als Quelle noch eindeutig als Senke für CH4 während des Untersuchungszeitraums identifiziert werden.
Die Ergebnisse weisen dennoch darauf hin, dass ein Landnutzungswandel von Grasland zu landwirtschaftlich genutzten Flächen ein positives Feedback auf den Klimawandel impliziert.
2013 – Vergleich der Treibhausgasflüsse über einer natürlichen und genutzten Moorfläche
Vor der Schneeschmelze wurden stark eingeschränkte GHG-Flüsse nahe Null detektiert. Nach der Schneeschmelze, Anfang April, wurden ansteigende Emissionen von CO2 und H2O(g) beobachtet. Eine geringe Aufnahme von CO2 tagsüber konnte über der bewachsenen Moorfläche schon sehr kurz nach der Schneeschmelze festgestellt, und in den folgenden Monaten vergrößerte sich die CO2-Aufnahme am Tag stark. Im Gegensatz dazu konnte in den ersten Monaten über dem bewuchsfreien Boden des Haferfeldes keine CO2-Aufnahme nachgewiesen werden. Mit Wachstum der Haferpflanzen Ende Juni wurde tagsüber eine geringe Aufnahme von CO2 beobachtet und ab Anfang Juli näherte sie sich schließlich der an, die über dem Moor gemessen wurde. Diese Beobachtung weist darauf hin, dass es eine verstärkende Wirkung auf den Klimawandel haben könnte, wenn Moore in landwirtschaftliche Nutzung genommen werden.
H2O(g)-Flüsse wiesen über beiden Flächen einen sehr ähnlichen Verlauf auf, waren allerdings etwas höher über dem Moor.
Hinsichtlich der CH4-Flüsse konnten bisher keine deutlichen Trends oder Unterschiede herausgestellt werden. Aufgrund zeitweiser Unerreichbarkeit der Stationen und anderer Probleme konnten Datenausfälle nicht immer vermieden werden, sodass ein nur lückenhafter Datensatz verfügbar ist.
Analyse meteorologischer Daten – Klimatische Extreme
Die Analyse der zusammengestellten meteorologischen Daten der Region Tyumen hinsichtlich klimatischer Extreme zeigte, dass in den letzten vier Dekaden die kältesten Tag- und Nachttemperaturen sowohl im Sommer als auch im Winter signifikant anstiegen. Die wärmsten Tag- und Nachttemperaturen stiegen ebenso an, allerdings nicht signifikant. Frühling und Herbst sind die Jahreszeiten, in denen signifikant ansteigende Trends in der Häufigkeit warmer Nächte und warmer Tage sowie signifikant absteigende Trends in der Häufigkeit kalter Tage beobachtet wurden. Kalte Nächte verringerten sich nur im Herbst signifikant. Der höchste Anstieg war für warme Tage im Frühling und die höchste Abnahme für kalte Tage im Herbst festzustellen. Frost- und Eistage nahmen ebenso signifikant ab, während die Länge der Vegetationsperiode und die Wachstumsgradtage signifikant zunahmen.
Keine signifikanten Trends konnten bei der Analyse des Niederschlags auf regionaler Skala identifiziert werden. Allerdings zeigten einzelne Stationen signifikante Trends, die aber nicht konsistent über die Region waren.
Projektionen bis 2050 weisen darauf hin, dass mit einer weiteren Erwärmung zu rechnen ist. Diese ist allerdings hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass es weniger kalt wird anstatt verstärkt wärmer zu werden.
Die herausgestellten vergangenen und zukünftigen Veränderungen in den klimatischen Bedingungen können Prozesse und Funktionen in den Ökosystemen der Region stark beeinflussen, besonders in Ökosystemen der Wald-Steppe, wo der größte Anstieg klimatischer Extreme gefunden wurde.
Sonnenuntergang an der Station im Moor. (Foto: E. Fleischer)
Kontakt
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Prof. Dr. Otto Klemm
Westfälische Wilhems-Universität Münster
Institut für Landschaftsökologie
Heisenbergstraße 2
D-48149 Münster
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