Hintergrund
Die westsibirische Provinz Tyumen ist das Zentrum der florierenden Erdgas- und Ölproduktion Russlands. Gleichzeitig sind die Kohlenstoffvorräte, die Agrarproduktion und die Biodiversität in der Region von globaler Bedeutsamkeit. Die Moore, Wälder und Steppen Westsibiriens gehören zu den weltweit wichtigsten Kohlenstoffsenken. Insbesondere die ausgedehnten Moorlandschaften bedecken 600 000 km² und speichern ein Viertel des nacheiszeitlich in terrestrischen Ökosystemen festgelegten Kohlenstoffs. Diese Kohlenstoffvorräte stellen –bei Freisetzung- selbst im Vergleich zu anthropogenen Emissionen eine wichtige Quelle von Treibhausgasen dar. Diese Situation wird durch aktuelle und zukünftige Entwicklungen in der agrarischen Landnutzung massiv verschärft. Zunehmende Trockenheit in der Steppenzone Nordkasachstans und Südsibiriens werden eine Nordwärtsverlagerung des Getreideanbaus in die Waldsteppenzone und Vor-Taiga bewirken. In Verbindung mit dem Klimawandel wird die Expansion von Agrarflächen in diese moorreiche Region und die Intensivierung der Bewirtschaftung die Gefahr massiver und großräumiger Treibhausgasfreisetzung stark erhöhen.
Die Expansion der Landwirtschaft wird derzeit auch durch neue ökonomische und technologische Entwicklungen verstärkt, so verursacht die steigende Nachfrage an Biokraftstoffen den Flächenbedarf für ackerbauliche Nutzung. In einer aktuellen Studie des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen wird Südsibirien als eine Region mit hohem Potential für die Produktion von Bioenergie eingestuft. Zukünftig ist also mit einem rasanten Wachstum dieses Wirtschaftszweigs zu rechnen, mit entsprechend negativen Auswirkungen auf andere Ökosystemdienstleistungen wie Kohlenstofffestlegung, Wasserverfügbarkeit und –qualität oder Biodiversität. Wie in anderen Teilen der Welt, existieren momentan keine Konzepte und Strategien diese durch den Klimawandel und sozioökonomische Entwicklungen ausgelösten, fundamentalen Veränderungen zu steuern und zu vermeiden. Neben dem Klimawandel ist die geringe Effizienz des derzeitigen Landmanagements mit geringen Erträgen und zunehmender Verschlechterung der Bodenfruchtbarkeit ein wesentlicher Faktor, der die Expansion von Agrarflächen beeinflusst. Defizite bestehen vor allem in den Bereichen der Bodenbearbeitung, Fruchtfolgen, organischer Düngung und der Integration von Abfallprodukten aus der Tierproduktion in das Bewirtschaftungssystem. Eine Verbesserung der Bewirtschaftungsweisen auf Betriebsebene führt nicht nur zu einer Reduktion der voranschreitenden Bodendegradation und anderen Umweltbelastungen sondern kann in einer Region mit hohem Potential für Treibhausgasemissionen den landwirtschaftlichen Flächenbedarf erheblich verringern.