Tagung: Gelungene Gespräche als Praxis der Gemeinschaftsbildung
gefördert von der Fritz Thyssen Stiftung
Termin und Ort der Tagung
Die Tagung findet vom 2. bis 5. Oktober 2017 in der Evangelischen Tagungsstätte Hofgeismar bei Kassel statt.
Der Dialog kann als die grundlegende Erscheinungsweise sprachlicher Kommunikation gelten, die den sprachlichen Alltag dominiert. Dementsprechend ist die linguistische, literaturwissenschaftliche, kulturwissenschaftliche, soziologische oder philosophische Sprachbetrachtung reich an Modellen und Beschreibungen, die die Prinzipien dieses Prozesses, verstanden als Kooperation mit dem Ziel gegenseitiger Wissenserweiterung und/oder sozialer Kommunikation, zu greifen versuchen. Eine grundlegende Frage der Dialogforschung ist das Gelingen von Konversation: Was versteht man in unterschiedlichen Kulturgemeinschaften, zu unterschiedlichen Zeiten unter gelingender Kommunikation? Welche Faktoren tragen zum Gelingen eines „guten“ Gesprächs bei und welche Parameter erschweren die Kommunikation und bewirken, dass sich das Glück der Konversation nicht einstellt?
Dabei sehen wir das „gelungene Gespräch“ als ein Mittel der Gemeinschaftsbildung: Gelungene Gespräche schaffen und bestätigen Gemeinschaft, während als misslungen bewertete Gespräche eine Dialoggemeinschaft gefährden und möglicherweise zum Ausschluss von Akteuren führen. Wir behandeln diese Fragestellungen in einer dezidiert methodologischen Verschränkung von Literatur- und Sprachwissenschaft und in einer historischen Perspektive. Die diachrone Vertiefung ist notwendig, weil das Konzept der gelungenen Konversation ein kulturelles und damit historisches Konzept ist, das sich erst in der diachronen Sicht erschließt. Die Verknüpfung von Sprach- und Literaturwissenschaft ist aus zwei Gründen erkenntnisstiftend. In historischer Sicht ist dies evident: Da die Gespräche früherer Kulturgemeinschaften sich unserer Beobachtung entziehen, bieten literarische Texte (oft sehr raffinierte) Repräsentationen früherer Dialogformen, die zumindest eine partielle Rekonstruktion erlauben. Doch auch für die Gegenwartssprache bieten sich literarische Texte als Korpus an, eben weil sie geltende Normen meist nicht nur abbilden, sondern unterlaufen und brechen und damit reflektierte Einblicke in den kommunikativen Haushalt gegenwärtiger Kulturgemeinschaften ermöglichen.