Justus Hustedt
Betreuer: Prof. Schermaier
Titel der Dissertation:
Das Erbbaurecht als Mittel sozialer Bodenpolitik in Geschichte und Gegenwart
Kurzbeschreibung:
Im Jahre 2019 jährte sich zum 100. Mal die Verabschiedung der ErbbauVO. Im Zuge dieses Jubiläums, aber auch aufgrund zunehmender sozialpolitischer Herausforderungen, ist das Erbbaurecht in jüngster Vergangenheit vermehrt in den Blickpunkt der rechtspolitischen Diskussion geraten. Steigende Preise für Bauland und knapper Wohnraum, insbesondere in Ballungsgebieten, führen zu sozialen Verwerfungen, denen Politik und Rechtswissenschaft mit verschiedenen rechtlichen Lösungsansätzen zu begegnen versuchen. Ein Ansatz ist hierbei, das Erbbaurecht zur Linderung dieser Probleme zu mobilisieren, indem in diesem insbesondere ein probates Mittel gesehen wird, Grundstücksspekulationen vorzubeugen und wirtschaftlich schwächeren Personenkreisen den Erwerb von Wohneigentum zu ermöglichen. Neben der Frage der Wirksamkeit dieser dem Erbbaurecht in der aktuellen Diskussion beigemessenen sozialpolitischen Wirkung und Zielsetzung fällt in rechtshistorischer Hinsicht auf, dass diese Erwägungen nicht neu sind:
So erblickte die damalige Reichsregierung bereits vor 100 Jahren bei Verabschiedung der ErbbauVO im Erbbaurecht ein Rechtsinstitut, mit dessen Hilfe die durch die starke Bevölkerungszunahme und Industrialisierung hervorgerufenen Missstände im städtischen Wohnungswesen bekämpft und der vergünstigte Erwerb von Eigenheimen vorangetrieben werden könnten. Die gegenwärtige rechtspolitische Diskussion kehrt also zurück zu den Ursprüngen der Schaffung des Rechtsinstitutes in der jüngeren Zivilrechtsgeschichte. Dies legt den Schluss nahe, für einen substanziellen Beitrag zur gegenwärtigen Situation einen Blick in die Vergangenheit dieses Instituts zu werfen. Die Zielsetzung der Arbeit besteht darin, im Rahmen der Untersuchung des Erbbaurechts dogmatische, rechtshistorische und aktuelle Fragestellung durch den Blickwinkel des bodenpolitischen Kontextes miteinander zu verbinden. Die Untersuchung geht von der Entstehung des Rechtsinstitutes unter Berücksichtigung seiner dogmatischen Besonderheiten und den wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten aus, auf die dieses eine Antwort zu finden versuchte. Der Schwerpunkt soll dann auf den sozialpolitischen Auseinandersetzungen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts auf dem Gebiet des Bodenrechts, speziell in Bezug auf das Erbbaurecht liegen. Da in jüngster Vergangenheit aufgrund geänderter ökonomischer Verhältnisse und zunehmenden Spannungen auf dem Wohnungsmarkt erneut unter Zuhilfenahme des Erbbaurechts die „soziale Frage“ aufgeworfen wird, soll das gegenwärtige Erbbaurecht abschließend aufgrund der aus der rechtshistorischen Forschung gewonnen Erkenntnisse einer kritischen Würdigung unterzogen werden.