MISS - Minderung der Störwirkung von Windenergieanlagen auf seismologische Stationen
Seismologische Stationen registrieren Erdbeben und ermöglichen das Warnen der Bevölkerung. Erderschütterungen, die von Windenergieanlagen ausgehen, können diese Stationen in ihrer Funktion stören. Große Schutzradien um die zahlreichen seismologischen Stationen in NRW hindern den klimapolitisch gewünschten Ausbau der Windenergienutzung. Das Vorhaben MISS versucht durch die Entwicklung von Prognosewerkzeugen und durch Maßnahmen am Entstehungsort der Erschütterungen, auf dem Ausbreitungsweg und an den Stationen die Störwirkung zu reduzieren und ein friedliches Nebeneinander zu ermöglichen.
Arbeitspaket 1: Untersuchung der Schwingungsemissionen im Nahfeld von Windenergieanlagen
Das Schwingungsbild im Nahfeld (einige hundert Meter) der WEA ist die Ausgangssituation (Quelle) für die wellenförmige Ausbreitung dieser Schwingungen in die weitere Umgebung der WEA. Das Schwingungsbild im Nahfeld wird bestimmt durch das Schwingverhalten der übertägigen Teile der WEA, also der rotierenden und der nicht-rotierenden Teile, den Übergang dieser Schwingungen in das Fundament und deren Eintrag in das anliegende Erdreich. Das Schwingungsbild wird daher durch die Faktoren
- Generierung von Schwingungen im rotierenden Teil der Anlage und Übertragung auf den nicht rotierenden Teil,
- Schwingungsverhalten des Gesamt-Bauwerks, Schwingungsverhalten des Fundamentes,
- Eintrag der Schwingungen in den Untergrund bestimmt.
Im Einzelnen setzen sich alle betrachteten Bereiche durch eine Vielzahl von Einflussgrößen zusammen. Neben den technischen Ausführungen des Bauwerks und des Fundaments werden dies insbesondere Windgeschwindigkeit und Windrichtung und daraus abgeleitet die Drehzahl der Anlage sein.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass heute praktisch keine Einzel-WEA mehr gebaut werden, sondern Gruppen (Windparks) die Regel sind.
Im Einzelnen sind folgende Untersuchungen geplant:
- AP 1.1 Ermittlung der charakteristischen und maßgebenden Schwingungseigenschaften einer WEA im Hinblick auf die Schwingungsemission
- AP 1.2 Prognose der Schwingungsemissionen am Turmfuß
- AP 1.3 Bestimmung des Quellmechanismus der vom Fundament abgestrahlten elastischen Wellen
- AP 1.4 Windparks als Quelle der Störsignale
Arbeitspaket 2: Untersuchung der Schwingungsemissionen im Fernfeld von WEA zur Entwicklung eines Prognoseverfahrens zur Vorhersage der Wellenausbreitung
Der wissenschaftlichen Untersuchung der Wellenausbreitung zwischen Quelle (WEA), die hier dann als punktförmig angesehen werden kann, und Empfänger (seismologische Station) kommt im Zuge der Entwicklung eines Prognoseverfahrens eine besondere Bedeutung zu. Die Einflüsse der Wellenausbreitung sind den Einflüssen der Quelle, also den Schwingungsemissionen, zu überlagern, um eine Prognoseergebnis zu erhalten.
Die von der WEA erzeugten Wellen breiten sich als Raumwellen (die durch den tieferen Untergrund laufen) und als Oberflächenwellen (die an der Erdoberfläche entlang laufen) aus. Während die von der Station genutzten Signale der Erdbeben hauptsächlich Raumwellen (P-Wellen und S-Wellen) sind, ist zu erwarten, dass die von der WEA ausgehenden Störsignale nahezu ausschließlich Oberflächenwellen sind. Beide Wellengruppen, also sowohl Raumwellen als auch Oberflächenwellen, sind in sich nochmals komplex zusammengesetzt.
Die Wellenausbreitung wird experimentell und theoretisch (numerische Modellierung) untersucht.
Im Einzelnen ist Folgendes geplant:
- AP 2.1 Messung der Wellenausbreitung
- AP 2.2 Prognose der Wellenausbreitung durch numerische Modellierungen
Arbeitspaket 3: Minderung der Störwirkung an den seismologischen Stationen
Die Störwirkung von Schwingungen, die von WEA ausgehen, können grundsätzlich entweder an der Quelle, also an der WEA selbst, auf dem Wellenweg oder am Einwirkungsort (der seismologischen Station) gemindert werden.
- AP 3.1 Minderung der Störwirkung an der Quelle durch Massenkompensation und Dämpfungserhöhung in der WEA mittels Schwingungstilger oder einer modifizierten Gründung.
- AP 3.2 Minderung der Störwirkung auf dem Wellenweg: Zur Beeinflussung der Wellenausbreitung zwischen WEA und seismologischer Station sind Maßnahmen wie der Einbau von Wellenausbreitungshindernissen, beispielsweise Metamaterialien, in den Untergrund denkbar. Diese Wirkungen sollen modelliert werden.
- AP 3.3 Minderung der Störwirkung an den seismologischen Stationen
Zur Minderung der Störeinflüsse an der seismologischen Station sind sowohl verschiedene organisatorische Maßnahmen als auch Methoden der Datenbearbeitung (Filter) denkbar.
- AP 3.3.1 Organisatorische Maßnahmen
a) die Optimierung des gesamten Netzes,
b) die Verlegung der Station in ein Bohrloch oder an einen zukunftssicheren Standort und
c) der Ersatz einer 3-Komponenten Einzelstation durch ein Kleinarray.
- AP 3.3.2 Filtertechnologien
- Geschwindigkeitsfilter/ Beamforming:
- Prediction-Error Filter (Vorhersagefehler Filter):
- Polarisationsfilter:
- AP 3.3.3 Deterministische Vorhersagemethoden
Durch Messungen an einer Referenzstation in der Nähe der WEA, also an einem Standort, an dem die Störsignale dominieren, lässt sich ein Subtraktionssignal erarbeiten, mit dem der Noise an der (entfernteren) Station reduziert werden kann.
- AP 3.4 Prüfung der Anwendbarkeit
Alle untersuchten Minderungsverfahren werden abschließend auf eine möglichst optimale Minderung des Einflusses von WEA auf seismologische Stationen, also auf ihre praktische Anwendbarkeit hin untersucht. Dies schließt auch Kostenaspekte ein.
Projektanfang: 23.5.2018
Projektende: 22.5.2021