Optische Pinzetten in der Biophotonik

Optische Pinzetten können für berührungslose Manipulationen auf kleinen und kleinsten Skalen eingesetzt werden. Hierbei wird der Strahlungsdruck von Licht genutzt, um mikroskopische Objekte zwei- oder dreidimensional festzuhalten, zu bewegen oder auch zu drehen. Eine mächtige Anwendung besteht darin, unter einem Mikroskop biologische Zellen zu manipulieren und zu kontrollieren. Für biologische Anwendungen sind Laserlichtquellen im infraroten Spektralbereich besonders geeignet, da Zellen und Bakterien hier besonders unempfindlich sind. Wir nutzen holographische optische Pinzetten im sichtbaren, sowie im infraroten Spektralbereich, wobei die Wellenlänge auf die jeweilige Fragestellung angepasst wird.

Im Vergleich zu manuellen Manipulationsmethoden besitzen optische Pinzetten wesentliche Vorteile:

  • Die Manipulation kleinster Objekte erfolgt mit größter Genauigkeit bis in den Nanometerbereich.
  • Es gibt keinen direkten Kontakt mit der Probe. Damit wird das Risiko von Kontaminierung der Probe ausgeschlossen.
  • Es können sehr kleine Kräfte im Bereich von Nano- und Pikonewton ausgeübt und gemessen werden

Den Vorteilen steht eine sehr hohe Lichtbelastung der Probe gegenüber, die aber bei geeigneter Wahl der Wellenlänge in vielen Fällen keinen negativen Einfluss hat.

Fluoreszensmikroskop
Inverses Fluoreszenzmikroskop mit integrierten holographisch optischen Pinzetten.

Kontrolle von Position und Orientierung von stäbchenförmigen Bakterien


Als Beispiel für eine Anwendung holographisch optischer Pinzetten in der Biophotonik soll hier die Ausrichtung von stäbchenförmigen Bakterien im Raum dienen. Bakterien sind auf Grund ihrer einmaligen Eigenschaften ein beliebter Untersuchungsgegenstand. Ihr Fortbewegungsapparat gehört zu den kleinsten bekannten Motorkomplexen überhaupt. Bakterien sind von Natur aus optimiert für die Fortbewegung bei kleinsten Reynoldszahlen und besitzen zudem die interessante Eigenschaft, dass sie sich selbst reproduzieren können. Deshalb gibt es viele Visionen, diese Motoren für mikroskopische und nanoskopische Anwendungen zu nutzen, wie beispielsweise Mikromischer oder selbstangetriebene biohybride Maschinen.

Eine wichtige Voraussetzung für eine Nutzung und für ein tiefgehendes Verständnis des Organismus an sich ist die Möglichkeit der Kontrolle. Schon seit einiger Zeit ist bekannt, dass Bakterien mit optischen Pinzetten gefangen und gehalten werden können. Allerdings richten sich elongierte Objekte und damit auch stäbchenförmige Bakterien stets entlang der optischen Achse des fokussierten Laserstrahls der optischen Pinzette aus. Im Ergebnis beobachtet man im Mikroskop immer nur einen der beiden Pole des Bakteriums, hat aber keinen Zugang zu lateraler Beobachtung.

Mit Hilfe holographisch optischer Pinzetten ist es nun möglich, mehrere Fallen gleichzeitig zu erzeugen und unabhängig voneinander im Raum (d.h. im Probenvolumen) zu positionieren. Zunächst einmal kann also die einzelne Falle, in der sich das Bakterium axial ausgerichtet hat computergesteuert in alle Richtungen bewegt werden und mit ihr das Bakterium. Ebenso ist es möglich, viele Fallen zu erzeugen und damit viele Bakterien gleichzeitig zu fangen. Der Schlüssel zur beliebigen Ausrichtung ist nun die gleichzeitige Nutzung mehrerer Einzelfallen für ein Bakterium. Im einfachsten Fall genügen hierfür zwei Fallen, die nahe der beiden Pole eines Bakteriums angreifen. Sie erzeugen bei geeigneten Trajektorien das nötige Drehmoment für eine gezielte, präzise Drehung um alle möglichen Raumachsen, außer der Symmetrieachse.

Bakterien

 

Prinzip der Orientierung von stäbchenförmigen Bakterien


Ein Vorteil von holographisch optischen Pinzetten ist, dass das Verfahren gut skaliert. Es ist sehr leicht, einige hundert Einzelfallen gleichzeitig zu generieren. Damit ist es möglich, viele einzelne Bakterien zu fangen und gleichzeitig, individuell auszurichten und zu bewegen. Diese weitgehende Kontrolle ist der Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen.

Ansprechpartner:
Dipl.-Phys. Christina Alpmann
M.Sc. Álvaro Barroso Peña

Referenzen

  • Towards 3D modelling and imaging of infection scenarios at the single cell level using holographic optical tweezers and digital holographic microscopy
    B. Kemper, Á. Barroso, M. Woerdemann, L. Dewenter, A. Vollmer, R. Schubert, A. Mellmann, G. v. Bally, C. Denz
    Journ. of Biophoton. 3, 2013, 260 - 266 PDF
  • Three-Dimensional Exploration and Mechano-Biophysical Analysis of the Inner Structure of Living Cells
    Á. Barroso, M. Woerdemann, A. Vollmer, G. von Bally, B. Kemper, C. Denz
    accepted for pulication in Small early view
    also published and referred to in Nanowerk, December 2012
  • From Infection to Detection: Imaging S. aureus – host interactions
    U. Neugebauer, C. Große, M. Bauer, B. Kemper, A. Barroso-Pena, A. Bauwens, M. Glueder, M. Woerdemann, L. Dewenter, C. Denz, S. Kloß, P. Rösch, A. Sabat, K. Schütze, A. Friedrich, G. von Bally, J. Popp, A. Mellmann
    Biomed. Tech. 57, 2012, 503-506 PDF
  • Optical tweezers induced photodamage in living cells quantified with digital holographic phase microscopy
    Á. Barroso Peña, B. Kemper, M. Woerdemann, A. Vollmer, S. Ketelhut, G. v. Bally, C. Denz
    Proc. SPIE 8427, 2012, 84270A-1 PDF
  • Video-based analysis of the rotational behaviour of rod-shaped, selfpropelled bacteria in holographic optical tweezers
    L. Dewenter, C. Alpmann, M. Woerdemann, C. Denz
    Proc. SPIE 8427, 2012, 84270N-10 PDF
  • Full 3D translational and rotational optical control of multiple rod-shaped bacteria
    F. Hörner, M. Woerdemann, S. Müller, B. Maier, C. Denz
    J. Biophoton., 2010, 3, 468-475