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Gründe deine eigene Open Access-Zeitschrift

An der Fakultät Medizin gibt es einige Wissenschaftler, die editor-in-chief hochrangiger Fachzeitschriften sind. Ihnen geht es nicht ums Geld oder die Karriere, sondern sie wollen die Zeitschrift und die Forschung auf ihrem Fachgebiet voranbringen. Mit ihren Verbesserungswünschen stehen sie bei den Verlagen, die ihre Titel herausbringen, oft vor verschlossenen Türen. Dort herrschen vielfach Unverständnis, Unfähigkeit und Unwillen: Man hat kein offenes Ohr für die Forscher mehr, wie auch der Marketingdirektor von Nature, David Hoole, einräumen musste:

Es besteht die Gefahr, dass der Kontakt mit dem Wissenschaftler – die eigentliche Stärke des Verlagswesens – auf dem Altar einer ausschließlichen Profitfixierung geopfert werden könnte.

Bei der Profitfixierung sind die Verlage gut, die Zeitschriftenpreise sind stetig gestiegen und man kann nichts dagegen unternehmen, da es alles de-facto Monopole sind.

Am liebsten würde man die Zeitschrift selber publizieren, doch der Verlag rückt die Rechte an dem Titel (und damit ist der Impakt Faktor verbunden!) nicht heraus oder wenn, dann zu aberwitzigen, nicht selten siebenstelligen Summen. Wenn wundert’s? Das wissenschaftliche Publikationswesen ist die Lizenz zum Geld drucken, und wer würde schon seinen Dukatenesel ziehen lassen?

Die logische Schlußfolgerung ist, selber eine Zeitschrift zu gründen. Möglichst als Open Access, mit möglichst schnellen Publikationszeiten, Aufnahme in PubMed und einem Impact Faktor – aber möglichst ohne Verlag. In der Chemie und der Physik gibt es Beispiele für solche hochrangigen Neugründungen, das Pendant in der Medizin (German Medical Science) hat jedoch – obwohl früh gestartet – noch keine Impact Faktoren aufzuweisen. Man kann natürlich auch Independent Journal Editor bei BioMed Central (jetzt Springer) werden, aber trotz „independent“ gehören die Rechte an der Zeitschrift ausschließlich dem Verlag.

Um Ihnen dabei zu helfen, eine selbständige, unabhängige Open Access-Zeitschrift zu gründen, hat Martin Paul Eve, ein Doktorant an der University von Sussex, folgende fünfteilige Anleitung geschrieben: Starting an Open Access Journal: a step-by-step guide:

This guide is for academics who want to establish their own journals that are:

– Peer reviewed, in a traditional pre-review model
– Open Access and free in monetary terms for authors and readers
– Preserved, safe and archived in the event of catastrophe or fold
– Reputable: run by consensus of leaders in a field

Wie immer, ist auch die Unibibliothek nicht untätig geblieben und hält ein eigenes Angebot bereit, eine Open Access-Zeitschrift zu publizieren.

UpToDate nun mit täglichen Updates

Die klinische Reviews-Datenbank UpToDate steht ab sofort tagesaktuell unter http://www.uptodate.com/online zur Verfügung. Wie die Editoren unten erklären, wurde der sequentielle Update-Prozeß in einen kontinuierlichen umgewandelt. Nun wird nicht mehr 4 Monate gewartet, sondern sobald ein Topic eine Änderung erfahren hat, wird diese online freigeschaltet. Auf diese Weise werden 150 bis 200 Reviews jeden Tag aktualisiert!

We have moved to a continuous publishing format. In the past we always published important updates as soon as they moved through our peer review process, and supplemented this with periodic bulk uploading of the remaining updates to coincide with our DVD publishing cycle. Now we will be providing all updates to the program when peer review is complete. Our initial testing of this process has demonstrated that we change approximately 150 to 200 topics per day. You can always find what our editors determine to be the most important updates by checking out our What’s New section on the UpToDate toolbar.


UpToDate covers over 9,500 topics in 19 medical specialties (with more than 8,500 evidence graded) and includes more than 100,000 pages of text, plus graphics, links to Medline abstracts, more than 320,000 references and a drug database. Our physician editors and authors review and update our content continuously.

Universelles (Artikel)Leben jenseits von Fachzeitschriften

Mit SpringerPlus hat nun nach BMJ (BMJ Open), Cell Press (Cell Reports), Nature (mit Nature Communications, Scientific Reports) und Sage (SAGE Open) auch der weltweit zweitgrößte Wissenschaftsverlag ein „Konkurrenzblatt“ zu PLoS One herausgebracht. PLoS One ist mit knapp 14.000 Artikeln im Jahr mit Abstand die größte Zeitschrift der Welt (mit einem ob der breiten Streuung überraschend hohem ImpactFaktor von 4,4). Das Angebot, a) einfach Alles, b) nicht themengebunden und c) u.U. auch noch Open Access zu publizieren, was u.U. anderswo einem vielleicht strengeren Peer Review nicht standgehalten hat (hätte), hat zu einer beachtlichen, ja explosiven Nachfrage geführt. Insgesamt nicht weniger als neun professionelle Fachgesellschaften und Verlage wollten darum auch etwas von dem großen Kuchen abhaben und sind auf den Zug aufgesprungen. Mit Elsevier und Wiley stehen die verbliebenen Wissenschaftskonzerne vermutlich bereits in den Startlöchern.

SpringerPlus muß sich erstmal durchsetzen auf dem umkämpften Markt und startet mit einem Article Publication Charge von 850 Euro – ein wahrer Kampfpreis, rund $200 weniger als PLoS One.

Als BioMed Central Member Institution ist die Universität Münster automatisch auch SpringerPlus Member, was bedeutet, dass die Publikationskosten von der ULB Münster übernommen werden würden.

Nature Communications

ncomm

Wie Sie vielleicht schon wissen, hat die Nature Publishing Group sein Portfolio von hochattraktiven, hochpreisigen Fachzeitschriften um eine interdisziplinäre Zeitschrift erweitert, die seit April 2010 erscheint – aber nur online. In der als Nature Communications bezeichneten Plattform sollen Artikel mit (zweit*)höchstem qualitativen Standard erscheinen, die das wissenschaftliche Spektrum angefangen bei den Biowissenschaften, über die Physik bis hin zur Chemie abdecken. Gespeist wird der Zustrom an hochrangigen Submissionen aus den bei Nature eingereichten Artikeln, die nicht so gut waren, dass es für ein „echtes“ Nature-Journal gereicht hätte, aber immerhin noch so gut waren, dass jede andere Zeitschrift sie mit Kußhand genommen hätte.

(* Der höchste Standard ist natürlich den echten Nature-Journalen vorbehalten, die weiterhin die 10% Top-Submissions publizieren, die folgenden 10% landen dann wohl in Nature Communications)

Die Artikel von Nature Communications sind nur dann Open Access, also frei zugänglich, wenn der Autor eine article-processing charge von 3.750 € bezahlt. Dies trifft auf 40% der zur Zeit 90 Artikel zu. Die in PubMed nachgewiesenen 23 Artikel haben noch keinen Link zum Volltext bzw. sind nicht als Open Access gekennzeichnet.

Kommentar: PLoS One und BMC Research Notes haben es vorgemacht, doch jetzt besetzt der Platzhirsch Nature auch diese Nische … also nicht wundern, wenn aus dem Hinterherhinken ganz schnell ein Überholen wird! Nature Communications-Chefin Sarah Greaves: „As a born-digital publication, Nature Communications will provide readers and authors with the benefits of enhanced web technologies alongside a rapid, yet rigorous, peer-review process.“


Nature Communications will offer authors high visibility for their papers on the nature.com platform, access to a broad readership and efficient peer review with fast publication. For readers, the journal will offer functionality including interactive browsing and enhanced metadata to enable sorting by keywords. Nature Communications will publish research papers in all areas of the biological, chemical and physical sciences, encouraging papers that provide a multidisciplinary approach. The research will be of the highest quality, without necessarily having the scientific reach of papers published in Nature and the Nature research journals.

Plagiarism made easy – A Nature Medicine’s Guide

Wie Nautilus schreibt, hat nun auch Nature Medicine als letztes Nature-Journal einen Insider’s guide to plagiarism erstellt. Im Juli-Editorial (Nat. Med. 15, 707; 2009) wird genau beschrieben, wie man’s nicht machen soll:

„You don’t have the resources to do the experiments? Don’t worry! A little creative writing might be all you need to sail through the financial crisis. Here’s how: use a solid paper as your base; carry out a parallel set of experiments in your favorite model; tweak the data so that the numbers are not identical but remain realistic; and, when you’re ready to write it all up, paraphrase the original paper ad libitum. Last, submit your new manuscript to a modest journal in the hopes that the authors of the paper you used as ‚inspiration‘ won’t notice your ‚tribute‘ to their work—even though imitation is supposed to be the sincerest form of flattery, their approval of your ‚reworking‘ of their paper cannot be guaranteed. If all goes well, getting a couple of these manuscripts under your belt might make all the difference when you apply for that elusive grant.“

Wie publiziere ich in Nature? How to get published in Nature Journals?

Nature weekly – neben Science die wichtigste Wissenschaftszeitschrift der Welt – publiziert jährlich rund 900 Artikel aus allen Fachgebieten. 25 fachwissenschaftliche Editoren entscheiden über die 10.000 eingereichten Artikel. Sie lehnen 65% sofort ab, die restlichen 35% gehen zu den Referees. Schlußendlich werden 8-9% akzeptiert. Bei den Tocherzeitschriften Nature monthlies und Nature reviews sieht es nicht viel anders aus, teilweise sind die Ablehnungsraten aber etwas moderater. Eine Publikation in Nature gilt als wissenschaftlicher Ritterschlag und bahnt den Weg für eine akademische Karriere, was nicht nur an den exorbitant hohen Impact Faktoren liegt.

Im Folgenden will ich einige der wichtigsten Kernpunkte der Fragestellung „Wie publiziere ich in Nature?“ vorstellen. Im Wesentlichen handelt es sich um einen Zusammenfassung von aktuellen Vorträgen dreier hauptamtlicher Nature-Editoren: Philip Campbell, Nature’s Editor in Chief, Leslie Sage, Nature-Editor Physical Sciences, und Oliver Graydon, Editor Nature Photonics, zu denen der Bibliotheksleiter aufgrund seiner Berufung ins Bibliothekskommittee von Nature Zugang hatte.

Zunächst gibt Nature einige allgemeine Statements und Ratschläge: Ein hervorragendes Paper basiert auf 3 Dingen: „thoughtful research, thorough preparation, and logical eposition“. Am meisten gelesen wird der Abstract, also gilt es diesem besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Der Abstract sollte ein, zwei generelle Aussagen zur Orientierung enthalten, natürlich die Resultate und Methoden kurz aber präzise beschreiben, ein, zwei Hauptschlüsse auflisten und vor allem die erzielten Fortschritte benennen: „Why this is significant for colleagues to read“.
Dann die Abbildungen: Sie erzählen oft die „full story“ und sollten deshalb eine logisch korrekte Reihenfolge haben, „data-rich“ sein (alle Datenpunkte zeigen, statt nur Mean und SD) und klar beschriftet sein. Darüber hinaus gilt: „main text for main data“. ‚Data not shown‘ ist ein absolutes no-go. „Supplemental figures“ haben nichts im Artikel verloren und können in der Online-Version erscheinen.

  • „Nature weekly“ selber publiziert nur Artikel mit der breitesten und größten Wirkung, spezielle Fragestellungen werden in den speziellen Nature-Ablegern veröffentlicht. Wenn Sie nicht ganz sicher sind, wo Sie einreichen sollen – fragen Sie! Alle Nature-Journale bieten eine Presubmission Enquiry an.
  • Was macht die Nature-Editoren auf ein Paper aufmerksam, was wollen sie sehen? Dies sind vor allem sechs Punkte:
    • Data compeelingly supports conclusions
    • Novelty
    • Broadly interesting to peer readership
    • Significant step forward
    • Impact in the field
    • Provides new directions for research
  • Es ist ein verbreiteter Irrglaube, ein Nature-Paper müßte in erlesener Expertensprache verfasst sein. Im Gegenteil: Die Editoren von Nature weekly stellen immer wieder die Frage nach der Publicity, der Aussenwirkung: „If a paper is not comprehensible to people outside a narrow speciality, why bother publishing in Nature?“
  • Stellen Sie sich die folgenden Fragen:
    • Why is the topic interesting?
    • What big problems are there in the filed?
    • What have you done?
    • How does the work advance us towards a solution of one of the big problems?
  • Deswegen müssen Nature-Artikel auch verständlich sein für ein breites Publikum. Die Sprache der einleitenden Sätze sollte einen „undergraduate“ (etwa Abiturient, Studienanfänger) nicht verwirren, der Rest des Papers sollte auf der Stufe eines „first-year graduate“ (etwa erstes klinisches Semester) geschrieben sein.
  • Publicity ist gut, aber erst nach dem Peer-review! Nature reagiert allergisch auf vorherige PR-Stellungnahmen der Wissenschaftler.
  • Lesen Sie verwandte Artikel in Nature, um ein Gespür dafür zu bekommen, was publiziert wird.
  • Machen Sie ausführlichen Gebrauch von der Nature Statistical Checklist
  • Bevor Sie einreichen, sollte ein Kollege außerhalb Ihres Fachgebietes das Manuskript gelesen und kommentiert haben; Es sollten alle seine Mißverständnisse korrigiert werden
  • Checken Sie die Webseite des jeweiligen Nature Journals auf Details bzgl. Submission, Policy und Editorial Process
  • Schußendlich ist das Anschreiben eine wichtige Gelegenheit, um dem Editor die Hauptbotschaft, Relevanz und Signifikanz des Manuskripts näherzubringen. Aber bloß kein Hype.

Egal, was der Referee sagt, die letztendliche Entscheidung liegt immer beim Editor. Es gibt vier Optionen:

  1. Accept
  2. Revise
  3. Reject, but further work might justify a resubmission
  4. Reject outright

 
Folgende Hauptgründe gibt es für eine Ablehnung:

  • Lack of mechanistic insight or catalogue of data without new insight
  • Raises many interesting possibilites, but doesn’t distinguish between them
  • Lacking in significant novelty
  • New, but not a large enough step in the field
  • Only of interest to specialists in a subfield
  • No broad conclusions
  • Severe technical problems
  • Over-interpretation – data don’t support conclusions

Die Bibliothek wünscht Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Publikation!

Erstveröffentlichung gut, Zweitveröffentlichung schlecht

nature.jpg
(c) Nature PG

Keine Fachzeitschrift, die etwas auf sich hält, möchte Artikel publizieren, die zuvor bereits woanders eingereicht und veröffentlicht wurden. Dieser Grundsatz ist nach dem ehemaligen Herausgeber der NEJM auch als Ingelfinger Rule bekannt (Details). Bisher waren die Möglichkeiten zum Aufspüren von Plagiaten und Wiederveröffentlichungen jedoch begrenzt. Verlage, Herausgeber und Editoren waren im Wesentlichen auf den Spürsinn der Peer Reviewer angewiesen. Doch diese Überwachung ist lückenhaft und auf Zufallsfunde angewiesen. Erstveröffentlichungen in exotischen, randständigen Zeitschriften sind schwierig nachzuweisen und noch schwieriger im Volltext einzusehen.

Laut Nature@News vom 23.1.2008 könnte sich das jedoch bald ändern. Zwei Forscher der University of Texas haben eine Datenbank mit 70.000 verdächtigen Duplikat-Artikeln aus Medline mit Namen Déjà vu online gestellt. In einem Nature-Artikel wiesen sie zudem auf einen Weg hin, Wiederveröffentlichungen in Medline selbst zu finden:

As many as 200,000 of the 17 million articles in the Medline database might be duplicates, either plagiarized or republished by the same author in different journals. In almost three quarters of cases […] the duplicate article also cropped up in Medline itself as the ‘most related article’.

Wissenschaftler könnten sich nun schneller am Déjà vu-Pranger wiederfinden, als ihnen lieb ist. In Zukunft sollen Zweitverwertungen aber schon im Ansatz verhindert werden. Verleger planen die genaue Kontrolle eingereichter Manuskripte. Zu dieser Gruppe zählen mit ACM, BMJ, Elsevier, IEEE, NEJM, Taylor & Francis und Wiley-Blackwell einige der größten Wissenschaftsverlage weltweit. Sie wollen noch in 2008 ein „Anti-Plagiarism Tool“ mit Namen CrossCheck benutzen, das auf Algorithmen zum Textvergleich der Softwarefirma iParadigms aufsetzt.