Als Naturgeschichte werden in der Frühen Neuzeit jene Fachgebiete bezeichnet, die sich im Laufe der Zeit zu den uns heute bekannten naturwissenschaftlichen Disziplinen herausgebildet haben. Viele von ihnen begannen sich bereits im 15. und 16. Jahrhundert zu entwickeln, und je nachdem, welche Kriterien man anlegt, lässt sich argumentieren, dass sie ihre Eigenständigkeit als Disziplin erst Jahrhunderte später - oder aber bereits zu Beginn der Frühen Neuzeit - erreicht haben. Bilder spielten jedoch von Anfang an eine herausragende Rolle bei der Entwicklung dieser Disziplinen, insbesondere in den von der optischen Beobachtung dominierten Bereichen wie Botanik, Zoologie, Medizin, Mineralogie usw. Dabei waren Bilder nicht nur Wissensträger, indem sie mit ihren eigenen Mitteln spezifisches Wissen vermittelten, sondern standen auch in engem Austausch mit der Kunst. Bilder als "Fachillustrationen" waren eine neue "Erfindung" des späten Mittelalters und wurden seither immer intensiver genutzt. Auch die Kunst hatte erst seit dem Spätmittelalter zunehmend die Natur als eigenen Darstellungsgegenstand entdeckt. An der Schnittstelle zwischen den Bereichen der optischen Wissensvermittlung der Naturgeschichte und der künstlerischen Produktion gingen in der Frühen Neuzeit außerordentliche und eindrucksvolle Bildschöpfungen hervor, die sich nicht nur traditioneller Bildmedien bedienten, sondern auch neue erfanden, so aus Pflanzenteilen gebildete Bilder. Genannte Schnittmenge lässt sich auch aus einer anderen Perspektive charakterisieren. Künstler interessierten sich für die Naturgeschichte, weil die Natur zu ihrem Darstellungsrepertoire gehörte und sie mehr über sie erfahren wollten, so Albrecht Dürer. Und Naturforscher hatten die Vorteile bildlicher Darstellungen für ihre eigenen Studien entdeckt, sodass sie sich oft an Künstler wandten, um Bilder anfertigen zu lassen, oder fertigten selbst Bilder an. Die Maler Heinrich Füllmaurer und Albrecht Meyer malten beispielsweise für den Botaniker Leonhart Fuchs, und der Arzt Conrad Gessner zeichnete selbst seine eigenen Pflanzenbilder. Im Grunde lassen sich künstlerische und naturkundliche Bilder in der beginnenden Neuzeit nicht eindeutig voneinander abgrenzen. Das drückt sich auch darin aus, dass beispielsweise Gemälde bekannter Maler in den naturkundlichen Sammlungen von Herrschern und Forschern und den Sammlungen von Kunstliebhabern auftauchten. Das Seminar befasst sich mit dem Komplex der Naturgeschichte, der eine treibende Kraft für die Schöpfung der Bilder war.
Beginn: 16.10.2024
- Lehrende/r: Dominic Olariu