„Sich etwas vorstellen” – das zu ihr gehörige reflexive Verb kennzeichnet die Historische Imagination zunächst als recht einsame Veranstaltung, selbst wenn Schörken sie im Plural folgendermaßen charakterisiert: „Lesen wir ein geschichtliches Buch, treten wir in eine vergangene Wirklichkeit ein, die etwas anderes ist als unsere alltägliche Welt. Was wir lesen, wird uns vorübergehend zur Wirklichkeit, an der wir teilnehmen und in der wir uns kraft unserer Imagination aufhalten, ohne physisch dort anwesend zu sein.”
Doch die historische Imagination spielt auch im Bereich der Geschichtskultur - und längst nicht nur beim Lesen - eine wesentliche Rolle. In jüngster Zeit sind verschiedene Bereiche mit einem solchen Ansatz ausgeleuchtet worden. Dies ermöglicht einen Blick auch auf kollektive Vorstellungswelten. Ob „entrücktes Erzählen” (van Norden) im Reenactment oder die Praxisform des Imaginierens in Bezug auf die Industrievergangenheit des Ruhrgebiets (Wagner): Historische Imagination ist in vielen geschichtskulturellen Kontexten anzutreffen. Auch als Forschungsbegriff tritt sie langsam aus dem Schatten anderer geschichtsdidaktischer Begriffe heraus und scheint nicht zuletzt auch in Bezug auf historisches Lernen geeignet, „die Voraussetzungshaftigkeit temporaler Erfahrung und historischer Reflexion sensibler zu bedenken.” (Deile) Die Übung will eine reflektierte Auseinandersetzung mit theoretischen Modellen und verschiedenen geschichtskulturellen Manifestationen historischer Imagination ermöglichen und ihr Potenzial für ein diversitätssensibles Historisches Lernen identifizieren.
- Lehrende/r: Martin Berghane