Zur Beschreibung und Analyse wurden Wissenschaften häufig nur im Hinblick auf ihre Resultate als abstrakte Aussagensysteme betrachtet. Dadurch blieben die sozialen Bedingungen der wissenschaftlichen Tätigkeiten und des organisierten Wissenschaftsbetriebs ausgeblendet. Die neuere Wissenschaftsgeschichte (L. Fleck; Th. S. Kuhn; L. Laudan; u.v.a.) und Wissenschaftssoziologie (M. Weber; R.K. Merton; M. Polanyi; D.J. de Solla Price; u.a.) drängen auf die Untersuchung wissenschaftlicher Disziplinen als soziale Einrichtungen mit eigenen Regeln, Normen und Werten. Die Wissenschaftler:innen werden dabei als Mitglieder in sozialen Gruppen (“Denkkollektiven”; “scientific communities”) aufgefasst, die in vielfältigen sozialen Beziehungen zueinander stehen (Kommunikation; Kooperation; Konkurrenz; etc.) und mit anderen sozialen Teilsystemen interagieren.
Im ersten Teil des Seminars erarbeiten wir uns anhand ausgewählter klassischer Beiträge ein begriffliches und methodisches Instrumentarium zur Beschreibung und Analyse der sozialen Dimension der Wissenschaften. Im zweiten Teil des Seminars versuchen wir es für die Rekonstruktion der Entstehung und Entwicklung komplexer wissenschaftlicher Netzwerke (Wiener Kreis; Berliner Gruppe; polnische Logiker-Schule; Heinrich Scholz und die Schule von Münster) fruchtbar zu machen.
- Lehrende/r: Oliver Robert Scholz