Das Corpus der Íslendingasögur, zwischen etwa 1220 und 1350 verfasst, stellt mit seinen ca. 40 Texten das wohl bekannteste Genre der Sagaliteratur dar. In diesen Texten wird ein Bild der "Sagazeit" (ca. 930-1030) entworfen, jenes Zeitraums, in dem sich die isländische Siedlergesellschaft in ihren Eigenarten formierte: eine Gesellschaft ohne König, mit einer verhältnismäßig zahlreichen Oberschicht, deren Angehörige sich in Eigeninitiative und oftmals gewaltsam zu ihrem Recht verhelfen und ihr Ansehen schützen müssen.
Im Seminar verschaffen wir uns einen Überblick über die Gattung und ihre Subkategorien (Regionalchroniken, Ächtersagas, Skaldensagas), sowohl am Beispiel kanonischer als auch weniger bekannter Texte. Behandelt werden Fragen der Narratologie, des Verhältnisses zwischen mündlicher Tradition, schriftlichen Vorlagen und literarischer Innovation, Wechselwirkungen mit Nachbargenres, quellenkritische Aspekte, Überlieferungsgeschichte, die Bedeutung der Texte für isländische Identität, bedeutende Aspekte der ausgesprochen reichen Forschungsgeschichte sowie aktuelle anthropologische Forschungszugänge.
Eine Anmeldung im Learnweb bis zum 04. Oktober 2024 ist dringend erwünscht!
Einführende Literatur: Carol Clover: Icelandic Family Sagas (Íslendingasögur), in: Old Norse-Icelandic Literature. A Critical Guide, hrsg. von Carol Clover und John Lindow, Ithaca (N.Y.) 1985, S. 239-315. Altnordische Philologie. Norwegen und Island, hrsg. Von Odd Einar Haugen, Berlin/Boston 2007. Vésteinn Ólason: Family Sagas, in: A Companion to Old Norse-Icelandic Literature and Culture, hrsg. von Rory McTurk, Oxford 2005, S. 101-118.
- Lehrende/r: Roland Scheel