Die historische Emotionsforschung (in der Literatur zumeist englisch als „history of emotions”) ist in den letzten Jahrzehnten ein produktives und noch im Wachsen begriffenes Forschungsfeld geworden. Die Geschichte menschlicher Emotionen und ihrer Repräsentationsformen steht stets in einem engen Wechselverhältnis zu anderen philosophischen und anthropologischen Grundfragen, etwa denen nach Vorstellungen von der Seele, ihrem Verhältnis zum Körperlichen, jeweils zeitgenössischen Formen von Spiritualität und Beziehungen zwischen Emotionen und menschlichem Handeln, sei es individuell oder gruppenbezogen.
Die Lehrveranstaltung beschäftigt sich mit mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Theorien von Emotionen (je nach Konzeption im Lateinischen z.b. motus, affectus, passiones). Mittelalterliche Emotionstheorien stehen dabei sehr häufig im Kontext größer angelegter Lehren über Aufbau und Funktionsweisen der menschlichen Seele. Beispiele sind etwa das Speculum caritatis des Aelred von Rievaulx, die Epistola de anima des Isaac von Stella, De natura corporis et animae des Wilhelm von St. Thierry oder die Summa de anima des Jean de la Rochelle.
Ziel der Veranstaltung ist die Erschließung wichtiger Schwerpunkte, Begrifflichkeiten und Entwicklungslinien mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Emotionstheorien auf der Grundlage einer gründlichen Lektüre exemplarischer Texte. Diese dienen gleichsam als Einblicke in übergeordnete Grundfragen des Forschungsfeldes der history of emotions.
- Lehrende/r: Lukas Reddemann