Die ‘Frauenfrage’ in Ägypten im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Gegenstand dieser Lektüreübung ist die ‘Frauenfrage’ in Ägypten zum Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. In dieser vom Kolonialismus geprägten Zeit gehörte zu den vielfältigen Diskussionen um gesellschaftlichen Reformbedarf auch die Forderung nach einem Wandel der traditionellen Geschlechterrollen. Hinterfragt wurden insbesondere der mangelnde Zugang von Frauen zu Bildung, die Verschleierung und Geschlechtersegregation, die Polygamie sowie die rechtliche Schlechterstellung von Frauen in Ehe und Scheidung. Viele Reformer sahen in der ‘Befreiung der Frau‘ eine wichtige Voraussetzung um die selbstempfundene Rückschrittlichkeit der eigenen Gesellschaft zu überwinden und so gleichberechtigt neben den europäischen Mächten bestehen zu können. Die ‘Frauenfrage‘ wird so zu einem wichtigen Bestandteil des nationalistisch-antikolonialistischen Diskurses – ein Diskurs freilich, in dem in erster Linie Männer ihre Ansichten darüber artikulieren, welche Rolle Frauen in der Gesellschaft einnehmen sollen.
In der Übung werden Auszüge aus Werken einflussreicher Vertreter dieses frühen ägyptischen ‘Feminismus‘ gelesen: Rifa’a Rafi‘ at-Tahtawi (1801-73), der ein früher Verfechter der Frauenbildung war, Qasim Amin (1863-1908), der vielen als der „Vater des arabischen Feminismus“ gilt, sowie die ägyptische Publizistin Malak Hifni Nasif (1886-1918).
Voraussetzung für die Teilnahme sind fortgeschrittene Arabischkenntnisse.
Als vorbereitende und begleitende Lektüre wird empfohlen:
Ahmed, Leila: Women and Gender in Islam. Historical Roots of a Modern Debate, New Haven [u.a.] 1992 (dort die Kapitel 7 bis 9).
- Lehrende/r: Norbert Oberauer