„Predigen heißt, Gott so zu Wort kommen zu lassen, dass sich etwas ändern kann.“ (Rolf Zerfaß). Diese Aussage eines katholischen ‚Altmeisters’ der Homiletik zeigt, dass es dabei um mehr geht als um bloße Kanzelrede. Denn wer gut predigt, wird auch eine gute Theologe treiben – und zwar an der Universität ebenso wie am Arbeitsort: in der Pfarrgemeinde, in der Schule oder anderswo. Predigt ist gelebte Theologie – mit eigener Sprache und auf der Höhe der eigenen Zeit. Wie die Theologie, so ist auch sie ein geistliches Abenteuer, das mitten hineinführt in die kreativen Differenzen von Hl. Schrift und Gegenwart. Aus dieser inspirierenden Spannung heraus verwebt sie die großen Erzählungen der Bibel und die kleinen Geschichten des Alltags miteinander: „Wir müssen das Wort Gottes heute sprechen lassen.“ (M.-Dominique Chenu). Gelingt das geweihten wie nichtgeweihten Amtsträger:innen (oder anderen Prediger:innen), so kann sich in der gottesdienstlichen Schriftauslegung das ereignen, was Cornelia Funke in ihrer Romantrilogie Tintenherz beschreibt: ein altes Buch beginnt zu leben und wir selbst fangen an, eine Rolle darin zu spielen.
- Lehrende/r: Christian Bauer