Die moderne Verwendung des Begriffs 'politische Theologie' geht auf die Arbeit des nationalsozialistischen Juristen Carl Schmitt zurück: eine Analyse der Regierungssysteme, die historisch und konzeptionell von der christlichen Theologie abstammen. Der Souverän tritt an die Stelle der Autorität Gottes und transzendiert die politische Ordnung, indem er sie regiert. Formen der 'politischen Theologie' waren jedoch während der gesamten Geschichte der Kirche, die bis zum Neuen Testament zurückreicht, ein impliziter Bestandteil des katholischen Denkens, von denen keine eine wesentliche Verbindung zum Nationalsozialismus aufweist. Im zwanzigsten Jahrhundert tauchten neue Ansätze der politischen Theologie auf. In dieser zweiten Phase, der 'neuen' politischen Theologie, wurde versucht, die Rolle der Kirchen in der westlichen Gesellschaft als Akteure für den sozialen Wandel auf der Grundlage der ethischen und moralischen Ansprüche religiöser Traditionen zu formulieren. In den letzten Jahrzehnten ist das Interesse von nicht-theologischen und sogar von atheistischen Philosoph:innen an der politischen Theologie wieder erwacht. Philosoph:innen und Gesellschaftstheoretiker:innen können alle Formen der politischen Theologie für sich beanspruchen. In jüngerer Zeit hat sich die politische Theologie auch der Wirtschaft zugewandt. In dieser Lehrveranstaltung werden einige der zentralen Texte aus der Geschichte der politischen Theologie und ihre aktuelle Bedeutung für die Gegenwart untersucht.
- Lehrende/r: Daniel Minch