Die Kommunikationswissenschaft beschäftigt sich theoretisch und empirisch mit Normen (z.B. journalistische Berufsnormen, Qualitätsmaßstäbe) und Werten (z.B. ethische Fragestellungen) der Praxis der Kommunikations- und Medienberufe, also ihres Forschungsgegenstands. Aber muss die Kommunikationswissenschaft dann auch selbst normativ sein? Oder wird sie es automatisch, weil man über Normen nicht normfrei sprechen und forschen kann? Kann die Kommunikationswissenschaft etwas zu normativen Diskursen in der Praxis beitragen? Seit vor etwa 100 Jahren der Soziologe Max Weber den Streit um die sogenannte Werturteilsfreiheit von (Sozial-)Wissenschaften entfacht hat, sind solche Fragestellungen stark umstritten. Mehr noch: Welche Merkmale hat eine Kommunikationswissenschaft, die sich in praktische Normfragen einmischt? Ist sie konservativ oder (gesellschafts-)kritisch?
Im Seminar sollen sowohl theoretische als auch praktische Fragen diskutiert werden. Theoretisch ist zunächst zu klären, was Normen überhaupt sind, ob Wissenschaft werturteilsfrei sein kann bzw. welches Verständnis hinter einer werturteilsfreien vs. normativen Wissenschaft steht. In praktischer Hinsicht werden wir uns mit dem Netzwerk „Kritische Kommunikationswissenschaft“ beschäftigen, mit einer breit angelegten Studie zur Normativität in der Kommunikationswissenschaft sowie mit Fallbeispielen, wo die Kommunikationswissenschaft selbst normativ argumentiert bzw. sich in normative Diskurse einmischt. Dazu gehört auch das (medien- oder allgemeinpolitische) Engagement einzelner Kommunikationswissenschaftler*innen als public intellectuals.
Studienleistung: Referat
Prüfungsleistung: Hausarbeit (auch zu Fallbeispielen)
- Lehrende/r: Armin Scholl