Die großen, repräsentativen Befragungen der journalistischen Berufsfeldforschung ziehen i. d. R. strikte Grenzen zur Bestimmung ihrer Stichproben: In den „Journalismus in Deutschland”- und den „Worlds of Journalism”-Studien werden ausschließlich hauptberuflich tätige Journalist:innen ins Visier genommen – also Journalist:innen, die mindestens 50% ihres Einkommens mit journalistischen Tätigkeiten erzielen und/oder mindestens 50% ihrer Arbeitszeit journalistisch tätig sind. Inzwischen erbringen aber auch eine Vielzahl an YouTuber:innen oder Influencer:innen Informationsvermittlungsleistungen. So stellt z. B. der Digital News Report (2023, S. 13) fest, dass Journalist:innen in neueren sozialen Netzwerken wie Instagram, Snapchat und TikTok von Nutzer:innen vergleichsweise wenig Beachtung finden, selbst wenn es um Nachrichten geht, und Influencer:innen hier viel stärker im Vordergrund stehen. Wir wollen uns in diesem Seminar an die „Grenzen des Berufsfelds” wagen und eine (wahlweise qualitative oder quantitative) Befragung von Kommunikator:innen konzipieren, die an diesen Grenzen operieren. Influencer:innen und YouTuber:innen sind dabei nur zwei Beispiele, weitere Typen von Kommunikator:innen mit einzubeziehen ist denkbar und entscheidet sich in den Seminardiskussionen.
Aufbauend auf dem Konzept des journalistischen Boundary Works können wir Kategorien wie Ethik oder Qualitätsbewertungen in den Blick nehmen, um zu bewerten, inwiefern Nutzer:innen es hier mit professionellen Kommunikationsleistungen zu tun haben. Im Seminar werden wir uns (nach einer kurzen theoretischen Orientierung zur Dimensionierung) mit der Operationalisierung und einem gängigen Online-Befragungstool (SoSci Survey) sowie mit Fragen der Stichprobenziehung, Datenbereinigung, Datenanalyse und Datenvisualisierung auseinandersetzen. Wahlweise kann die Befragung auch mit einem qualitativen Design (Leitfadeninterview, Expert:inneninterview) erfolgen. Dann stehen entsprechend Fragen des theoretischen Samplings, der Interviewführung und -auswertung z. B. mittels MaxQDA im Mittelpunkt. Bei unterschiedlichen Präferenzen der Teilnehmenden ist denkbar, in kleineren Arbeitsgruppen sowohl eine qualitative wie auch eine quantitative Befragung durchzuführen.
Abgeschlossen wird das Seminar gemäß Prüfungsordnung mit einem Projektbericht, als Studienleistungen sind 2x 10-minütige Präsentationen zum jeweiligen Arbeitsstand vorgesehen.
Neben methodischen Kenntnissen lernen die Teilnehmenden im Seminar Herausforderungen des großen Berufsfeldes zu reflektieren, in dem sie später selbst als Kommunikator:innen tätig sein werden.
Einführende Lektüre:
Carlson, M., & Lewis, S. C. (2019). Boundary work. In K. Wahl-Jorgensen & T. Hanitzsch (Hrsg.), The handbook of journalism studies (2. Aufl., S. 123-135). Routledge.
Frohne, J., & Güttler, A. (2023). Fakten statt Fakes: Wie Medien und Organisationen wieder glaubwürdig werden. Wiesbaden: Springer Fachmedien. S. 159-179
Reuters Digital News Report 2023 unter https://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/digital-news-report/2023
- Lehrende/r: Chiara Sophia Oldach
- Lehrende/r: Nina Springer
- Lehrende/r: Bernadette Uth
- Lehrende/r: Lea von den Driesch