Im Fokus der Politischen Theorie steht seit jeher die Triade aus Verstand, Vernunft und Rationalität – ihr Gegenüber bildet die Triade aus Affekten, Emotionen und Gefühlen. Dieser Gegenüberstellung ist ein hierarchisierendes Ordnungsprinzip inhärent, welches konstitutiv für das binäre Denken der westlichen Moderne ist: Die erste – männlich konnotierte – Triade dominiert die zweite – weiblich konnotierte. Letztere wird damit abgewertet und unsichtbar gemacht, verbleibt aber dennoch konstitutiv für erstere. Affekte, Emotionen und Gefühle als das Jenseits des Politischen werden somit im Main- und Malestream der Politischen Theorie oftmals mit Hysterie, Irrationalität, Unvernunft oder Wahnsinn stilisiert und damit als verkörpert, privatisiert, alltäglich und vergeschlechtlicht gefasst.

 

Welche Implikationen jedoch die Konzeptualisierung des Politischen entlang von Affekten, Emotionen und Gefühlen durch den affective turn (Clough & Halley 2007) hat, werden wir im Seminar gemeinsam erarbeiten. Dazu wird es einen überblicksartigen Einstieg in die Affect Theory und ihre Früchte für Feministische Politische Theoriebildung geben. Im Fokus stehen dabei die unterschiedlichen Strömungen der Affect Theory sowie ihrer jeweiligen konzeptuellen Ausdeutung der Begrifflichkeiten Affekt, Emotionen und Gefühl. Zentrale Denker*innen, die wir lesen werden, sind unter anderem Sara Ahmed, Brigitte Bargetz, Lauren Berlant, Ann Cvetkovich, Birgit Sauer oder Eve Kosofsky Sedgwick.

 

Die Teilnahmevoraussetzung für diesen Lektürekurs umfasst eine hohe Bereitschaft, umfangreiche und anspruchsvolle Literatur selbstständig zu lesen und zu erarbeiten. Es wird empfohlen, bereits die Einführungsvorlesung Politische Theorie (oder vergleichbar) abgeschlossen zu haben, und/oder Kenntnisse Feministischer Theorie bzw. der Geschlechterforschung mitzubringen.

 

Als Studienleistung ist das regelmäßige Erstellen und Einreichen von Leseprotokollen vorgesehen. Die Prüfungsleistung umfasst die Abgabe einer Hausarbeit zu einem abgesprochenen Seminarthema (inkl. Vorab-Einreichung eines Kurz-Exposés). Alles Weitere wird in der ersten Sitzung am Donnerstag, 06.04.2023 besprochen. Sollten Sie zu dieser Sitzung verhindert sein, melden Sie sich bitte unter henrike.bloemen@uni-muenster.de.

 

 

Einführende Literatur:

Gregg, Melissa; Seigworth, Gregory J. (2010): The Affect Theory Reader. Durham & London.

Kurs im HIS-LSF

Semester: ST 2023