Was zeichnet mündliche Erzählkulturen aus? Und inwiefern beeinflusst Mündlichkeit literarisches Held*innengedenken?

Die Epoche des Mittelalters ist prädestiniert, um die Differenzierung, Etablierung und die Wechselwirkungen zwischen Oralität und Literalität zu veranschaulichen; vollzieht sich doch in ihr ein Medienwandel in Form des Prozesses der Verschriftlichung mündlicher volkssprachlicher Traditionen. Das kollektive Gedächtnis sozialer Gemeinschaften ist im Mittelalter dennoch wesentlich von oralen Traditionen bestimmt.

Ziel des Blockseminars ist die Auseinandersetzung mit mündlichen Kommunikationsformen im kulturellen Kontext der deutschen Literatur des Mittelalters. Im Zentrum des Seminars soll das auf mündlich tradierten Sagenkernen basierende ‚Nibelungenlied‘ – verschriftlicht um 1200 – stehen. Neben Forschungspositionen, die direkt am Werk selbst ansetzen – zum Beispiel Debatten um die Entstehung des ‚Nibelungenliedes‘ –, sollen im Seminar auch Konzepte der memoria zwischen kommunikativem und kulturellem Gedächtnis, Entwürfe von Held*innenbiographien und ihr Potential für Schullektüren, die vielfältigen Bearbeitungen des Nibelungenstoffs bis in die Gegenwart, die Behandlung des Werks in Schulbüchern sowie didaktisches Material zum ‚Nibelungenlied‘ zum (Diskussions-)Thema werden.

Für das Seminar ist bitte anzuschaffen:

Das Nibelungenlied. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Nach der Handschrift B hrsg. von Ursula Schulze. Ins Neuhochdeutsche übers. und komm. von Siegfried Grosse. Stuttgart: Reclam 2015 (= Reclams Universal-Bibliothek, 18914).

Das Blockseminar wird von einem Learnweb-Kurs begleitet und integriert auch Elemente des Digitalen Selbststudiums. Lektüren des ‚Nibelungenliedes‘ erfolgen gemeinsam im Semester. Kenntnisse des Mittelhochdeutschen werden nicht vorausgesetzt.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WT 2022/23