Die Utopia des Sir Thomas More, Lordkanzler Heinrichs VIII. von England, erscheint erstmals 1516 und ist der wichtigste Impuls für die frühneuzeitliche utopische Literatur. In dieser als Dialog angelegten Schrift wird über ein Gemeinwesen auf der imaginären Insel mit Namen Utopia berichtet. Diesem liegt ein Staats- und Gesellschaftsentwurf zugrunde, der sich in vielen Punkten fundamental von den realen Gegebenheiten im Europa des frühen 16. Jh. unterscheidet: Bei den Utopiern, den Bewohnern der Insel, gibt es z.B. kein Privateigentum, dafür aber wohlfahrtsstaatliche Einrichtungen. Die konkrete Beschreibung der Utopia zielt dabei zugleich auf eine kritische philosophische und politiktheoretische Auseinandersetzung mit der Gegenwart, insbesondere mit dem englischen Königreich zur Zeit Heinrichs VIII.
Im Zentrum der Lehrveranstaltung steht die sprachliche, gedankliche und ideengeschichtliche Erschließung der Utopia durch gemeinsame Lektüre. Dabei sollen die Bezüge zur Zeitgeschichte ebenso in den Blick genommen werden wie die literarische Tradition und Rezeption, denn Morus’ Werk hatte großen Einfluss auf spätere utopische Texte wie Francis Bacons Nova Atlantis (1627) oder Ludvig Holbergs Iter subterraneum (1741). Ein wichtiges Ziel ist die Vertiefung der Kenntnisse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur sprachlichen Erschließung der Texte. Da wir uns mit der Utopia zumeist im Lateinischen Original auseinandersetzen werden, sind ausreichende Lateinkenntnisse für die Teilnahme unabdingbar.
- Lehrende/r: Lukas Reddemann