Auf 35 Studierende begrenzte Teilnehmerzahl, Anmeldung erforderlich!

Pädagogik schreibt sich selber häufig das Ziel zu, Menschen zu einer eigenständigen, 'autonomen' Lebensführung zu erziehen (und zu bilden). Sie tut dies allerdings nicht im luftleeren Raum, sondern in gesellschaftlichen Verhältnissen, die dies ermöglichen oder verhindern können – und meistens beides tun. Die Sozialtheorie Pierre Bourdieus' ist gegenwärtig einer der einflussreichsten Großentwürfe der Soziologie. Sie erhebt den Anspruch, soziale Verhältnisse nicht einfach (theoretisch) vorauszusetzen, sondern sie immer über Empirie zu rekonstruieren und dadurch realitätsangemessen diskutieren zu können. Die Bourdieu'sche Theorie bietet daher großes Potential, auf Basis quantitativer und qualitativer Studien zum Verständnis der Probleme und Möglichkeiten des pädagogischen Feldes beizutragen. Sie erlaubt es, gesellschaftliche "Strukturen" (Ressourcenverteilung, Positionen, Machtverhältnisse etc.) mit den Bedürfnissen, Aspirationen, Einstellungen und Praktiken der Einzelnen (oder auch von Gruppen) in Beziehung zu setzen. Dadurch wird deutlich, dass Pädagogik keine unschuldige Akteurin im gesellschaftlichen 'Spiel' ist, sondern selbst zu Verhältnissen beiträgt, die für bestimmte Akteure die Möglichkeiten begrenzen, das zu tun und zu sein, was sie wollen – sowohl im Sinne der gesellschaftlich vorgegebenen Chancen, als auch im Sinne der Dispositionen der Einzelnen, d.h. ihrer Fähigkeiten, Vorlieben, Wünsche etc.

Im Seminar werden wir zentrale Konzepte der Theorie Bourdieus' erarbeiten und diskutieren, etwa Milieu, Habitus/Feld, die Kapitalsorten, symbolische Gewalt und weitere. Mithilfe dieser Konzepte werden empiriebasiert pädagogisch relevante Themen aufgearbeitet, die von den Teilnehmer*innen mitbestimmt werden können. Beispiele für solche Themen sind:

  • der Diskurs über die "Unterschicht"
  • Scham als zentraler Reproduktionsmechanismus sozialer Ungleichheit
  • ist die Schule Motor oder lediglich Transformationsriemen der Klassengesellschaft?
  • die Sozialraumdebatte in der Sozialen Arbeit
  • (Kinder)Armut

Kurs im HIS-LSF

Semester: ST 2022