Die Ereignisse rund um den ʻArabischen Frühlingʼ haben die Aufmerksamkeit in Forschung und Öffentlichkeit verstärkt auf das Verhältnis von Kunst und Literatur zu Politik und Gesellschaft gelenkt. Dabei rückten vor allem Formen und Medien jenseits der etablierten ‚Hochkultur‘ in den Mittelpunkt. Insbesondere junge Kulturschaffende beteiligten sich aktiv am politischen Widerstand, und niedrigschwellige Kunstformen im öffentlichen Raum sowie im Internet gewannen an Bedeutung, darunter Streetart und (autofiktionale) Blogs, aber auch andere künstlerische Formen mit oft dokumentarischem oder populärkulturellem Charakter. Das Ziel, durch Literatur und Kunst die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse nicht nur abzubilden oder zu kommentieren, sondern auf sie einzuwirken und sie zu verändern, ist jedoch nicht neu; es zieht sich durch die gesamte Geschichte der modernen arabischen Literatur und Kultur. Allerdings unterscheiden sich die Vorstellungen davon, wie dies geschehen könnte und sollte, je nach Zeitraum, intellektuellem Milieu und ideologischer Orientierung teils erheblich.

 

Im Seminar werden wir uns einerseits mit theoretisch-methodischen Zugängen zu Aspekten von Literatur und Kunst als ästhetische Intervention und soziale Praxis beschäftigen. Auf der anderen Seite werden wir ausgewählte Beispiele literarischer, künstlerischer und populärkultureller Formen diskutieren, die sich mit Themen wie (post-)koloniale Verhältnisse, Krieg, politische Repression, wirtschaftliche Ungleichheit, gender-Fragen, Mehrsprachigkeit, Exil und Diaspora auseinandersetzen. Wie, mit welchen Zielen und aufgrund welcher Grundannahmen werden diese Themen verhandelt? Mit welchen Fragestellungen und Methoden können wir uns ihnen nähern? Durch die Diskussion exemplarischer Werke aus unterschiedlichen Regionen der arabischen Welt, vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart, bietet das Seminar zugleich einen Überblick über die moderne arabische Literatur und Kultur und vermittelt literatur- und kulturwissenschaftliche Methodik.

 

Literatur zur Einführung: Arabistik. Eine literatur- und kulturwissenschaftliche Einführung, hg. v. Yvonne Albers u. a. (2021); Angelika Neuwirth, Andreas Pflitsch, Barbara Winckler (Hg.): Arabische Literatur, postmodern (2004); Modern Arabic Literature, hg. v. M. M. Badawi, Cambridge 1992 (CHAL); Roger Allen: The Arabic Novel. An Historical and Critical Introduction, Syracuse 1995; Understanding Near Eastern Literatures. A Spectrum of Interdisciplinary Approaches, hg. v. Verena Klemm, Beatrice Gruendler, Wiesbaden 2000; Friederike Pannewick, Georges Khalil (Hg.): Commitment and Beyond: Reflections on/of the Political in Arabic Literature since the 1940s (2015).

 

 

Wichtig: Sollten Sie in den ersten Wochen (bis max. 25.04.) nicht in Präsenz am Seminar teilnehmen können, melden Sie sich bitte bis spätestens 01.04. bei mir, damit ich eine digitale Zuschaltung einrichten kann.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2022