WUT! ist neben Ekel, Freude, Furcht, Trauer und Überraschung eine der sechs menschlichen Basisemotionen. Emotionen sind psychische Kräfte, die unsere Wahrnehmung, unser Denken und Handeln mitbestimmen, damit wir in der Lage sind, mit Situationen umzugehen.
Wut wird oft durch Kränkung oder Frustration ausgelöst und zeigt sich bei mangelnder Impulskontrolle in aggressivem, schädigendem Verhalten. Daher wird diese Emotion gesellschaftlich meist als dysfunktional und problematisch angesehen. Wut kann aber auch wichtige Funktionen erfüllen: Wut aktiviert zum Schutz der eigenen Grenzen oder mobilisiert, um soziale Ungerechtigkeit (gemeinsam) anzugehen.
Wir wollen im Seminar das ambivalente Verhältnis von Wut und der öffentlichen Kommunikation in einer digitalisierten Netzwerkgesellschaft untersuchen. Es gibt dabei eine ganze Reihe an psychologischen, sozial- und geisteswissenschaftlichen theoretischen Ansätzen, die zur Untersuchung unterschiedlichster Phänomene fruchtbar gemacht werden können. Das Spektrum interessanter Untersuchungsgegenstände ist groß, z. B.:
- Kollektive Wut, die sich z. B. in Internet-Aktivismus, Rage Memes oder Shitstorms äußert
- Ursachen und Wirkungen von Wut-Kampagnen (z. B. von und gegen öffentliche Personen)
- Emotion in politischer Rhetorik (Wut versus Logik?)
- Umgang mit wütenden Botschaften: Regulierung und Selbstregulierung (z. B. die Erkennung von und rechtliche Verantwortung für Hassrede, der Einsatz und die Ausgestaltung von Community-Management in Foren, sozialen Netzwerken, etc.)
Ebenso vielfältig sind die empirischen Methoden, die zur Erforschung der Phänomene zum Einsatz kommen können: Qualitative Interview- oder Inhaltsanalyseformen sind genauso denkbar wie quantitative Befragungs- und Inhaltsanalyseformen, auch in experimentellen Designs. Es ist geplant, dass die Teilnehmenden sich in Forschungsgruppen zusammenfinden, die thematische und methodische Interessen eint – und wir das Thema dadurch aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchten können. Themen- und Methodenwahl stehen frei.
Leistungsanforderungen
Regelmäßige Lektüre und Zwischenpräsentationen sowie als Prüfungsleistung aktive Mitarbeit an allen Schritten des Forschungsprozesses im Rahmen einer AG sowie (gemeinsamer) schriftlicher Forschungsbericht.
Zur Inspiration, Literatur aus möglichen Forschungsfeldern:
- Austin, L., Overton, H., McKeever, B. W., & Bortree, D. (2020). Examining the rage donation trend: Applying the anger activism model to explore communication and donation behaviors. Public Relations Review, 46(5), 101981.
- Carstarphen, M. G. (2017). Voicing madness: Towards a rhetoric of rage. Rhetoric Review, 36(4), 258-263.
- Al-Rawi, A., & Rahman, A. (2020). Manufacturing rage: The Russian Internet Research Agency’s political astroturfing on social media. First Monday, 25(9). https://firstmonday.org/ojs/index.php/fm/article/download/10801/9723
- Und noch ein kürzeres Stück aus der populärwissenschaftlichen Psychologie: https://www.geo.de/magazine/geo-kompakt/15270-rtkl-psychologie-heilsamer-zorn-ueber-die-wut-und-ihre-positiven
- Lehrende/r: Nina Springer